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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
Autoren: dtv
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sagt, es mache die Menüplanung ausgesprochen schwierig.«
    Wir lachten beide, und die Spannung verflog. Margot trat auf mich zu.
    »Weißt du, Tom, ich kann es gar nicht fassen, dass du wieder da bist. Wir hatten schon gedacht, dass niemand, den wir gern haben, es überstehen würde. Harry, Julian, Oliver … Selbst die, von denen man dachte, dass ihnen niemals etwas Dramatisches zustoßen könnte, so wie die Everson-Brüder oder Tippy Hibbert. All diese schrecklichen, schrecklichenTelegramme. Aber jetzt bist du hier. Ich kann es wirklich kaum glauben.«
    Nun stand sie vor mir und drückte ihre Wange an meine, die vertraute Begrüßung, die mich immer aus der Fassung gebracht hatte, obwohl sie es bei kleinen Jungen und ältlichen Colonel genauso machte.
    »Und was ist mit mir, Tom? Habe ich mich verändert?«
    »Natürlich nicht.« Ich hatte meine Lektion gelernt und war mir auch wirklich nicht sicher. So vieles an ihr war genau so, wie ich es in Erinnerung hatte. Ihre Gesichtszüge waren noch immer erlesen, ihre Haut makellos, das Blau ihrer Augen leuchtend wie eh und je. Wann immer ich Margot länger nicht gesehen hatte, erlebte ich, wie meine Vorstellung mit der Wirklichkeit kollidierte und mir plötzlich blass und mangelhaft erschien. Nichts konnte mich je auf die wirkliche Margot vorbereiten.
    Und doch hatte sie sich verändert. Nicht äußerlich, es war eher ihre Haltung, die Ungezwungenheit, mit der sie sich bewegte, als wäre etwas verschwunden, das sie früher eingeengt und zurückgehalten hatte. Was immer es gewesen sein mochte, der Unterschied war irritierend. Er erinnerte mich daran, dass sich die Welt in den vergangenen fünf Jahren ohne mich weitergedreht hatte. Ein leiser Schreck durchfuhr mich bei diesem Gedanken – der Schock des Schwimmers, der nach dem Boden tastet und nur tiefes Wasser unter sich findet.
    »Schau doch nicht so finster, Tom.« Margot beobachtete mich noch immer, ein Lächeln auf den Lippen. »Das ist nicht gerade schmeichelhaft. Du könntest wenigstens so tun, als ob du dich freust, mich zu sehen.«
    »Oh, aber …« Ich riss mich zusammen. »Und wie ich mich freue, Margot. Ganz ehrlich. Es ist wunderbar, dich zu sehen. Aber auch seltsam. Ich kann kaum glauben, dass ich wieder in Hannesford bin.«
    Sie nickte und trat näher, um meine Krawatte zurechtzurücken. »Natürlich. Alles ist ein bisschen seltsam, nicht wahr? Wir alle waren so damit beschäftigt, das Ende des Krieges herbeizusehnen, dass wir keinen Gedanken an die Zeit danach verschwendet haben.«
    Sie trat zurück, um ihr Werk zu bewundern.
    »Das mit Julian tut mir leid.«
    Da. Ich hatte das, was gesagt werden musste, ausgesprochen.
    Sie nickte und trat wieder vor, machte sich erneut an meiner Krawatte zu schaffen.
    »Ja. Es war furchtbar für ihn. Er war der Letzte, dem das hätte zustoßen dürfen. So hilflos zu werden. Es wäre besser gewesen, wenn er sofort gestorben wäre. Das ganze Gerede vom Sterben für König und Vaterland. Aber das Sterben ist nicht immer das Schlimmste, oder? Das letzte Jahr war schrecklich für ihn.«
    »Und für dich.« Ich sagte es so sanft wie möglich, doch sie schüttelte den Kopf.
    »Nicht so schlimm wie für ihn, glaube ich. Und jetzt kommst du mit und begrüßt die anderen. Mama hat leider ein paar furchtbare Langweiler eingeladen …«
    Ich hatte Julian Trevelyan nie gemocht. Zuerst war er nur einer der vielen neuen Bekannten, die ich in Hannesford traf, da fiel es mir nicht so auf. Doch im Laufe der Zeit gewann ich ein klareres Bild von Harry Stansburys Freunden. Oliver Eastwell beispielsweise war derb und herzlich und geistig nicht der Schnellste. Freddie Masters war der Witzbold. Tippy Hibbert war der geborene Landjunker, wie aus einem Roman von Thackeray.
    An Julian hingegen entdeckte ich einen Hochmut, den auch gute Manieren nicht gänzlich verdecken konnten, und manchmal erschienen mir seine Neckereien grausam. Er tratauf, als stünden ihm von Rechts wegen nur die besten Dinge im Leben zu und als wäre Margot, sogar Margot, nur eines dieser Dinge.
    Er galt jedoch als gut aussehend, was nicht ganz unverständlich war. Er war kräftig gebaut und verfügte über eine ruppige, kantige Attraktivität. Ich sah ihn selten tanzen, folgte aber dann und wann seinem Blick, wenn die Musik spielte, und bemerkte, wie er die eine oder andere Dame beobachtete. Ein ziemlich hungriger Blick, dachte ich bei mir. Julian Trevelyan hegte zweifellos gewisse Leidenschaften, und es hätte ihm nicht
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