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Wiedersehen in Barsaloi

Wiedersehen in Barsaloi

Titel: Wiedersehen in Barsaloi
Autoren: Corinne Hofmann
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Gott, und so stehen sie den ganzen Tag ein Leben lang! Einmal mehr wird mir bewusst, wie privilegiert wir in der Schweiz leben. Ich bezahle die ausgesuchte Tasche und langsam begeben wir uns zum Auto. Der Wagen quetscht sich wieder durch die engen Gässchen. Von überall ertönen Musik und Stimmengewirr. Viele Augenpaare verfolgen das Fahrzeug. Ganz wohl kann einem dabei einfach nicht sein.
    Auf der Rückfahrt vergleiche ich in Gedanken dieses Dasein mit dem Leben meiner Familie in Barsaloi. Dort kennen sie zwar auch keinen Wohlstand in unserem Sinne, aber sie haben ein weites Land um sich und einen hohen Himmel über sich. Ihre Lebensweise ist einfach und karg, jedoch alles andere als armselig. Hier in den Slums dagegen leben wirklich die Ärmsten der Armen. Die meisten kamen ursprünglich aus einer ländlichen Umgebung in der Hoffnung, das Überleben in der Stadt sei einfacher. Doch wer hier im Slum gelandet ist, schafft es wohl kaum mehr hinaus.
    Zurück bei Klaus und Irene, habe ich das dringende Bedürfnis, lange und ausgiebig zu duschen. Trotzdem bringe ich die Bilder aus dem Kibera-Slum auch Stunden später nicht aus meinem Kopf. Abends will ich auch nicht in eines der teureren Restaurants gehen, in denen ein Essen so viel kostet wie unzählige Menschen im ganzen Monat verdienen. So zeigen mir Klaus und seine Freundin ein einfaches Somali-Restaurant, das fast ausschließlich von Einheimischen besucht wird. Mir gefällt es sofort und so wird es doch noch ein gemütlicher, ruhiger Abend, wenngleich auf Grund der Eindrücke des Tages nicht so heiter wie sonst.

Mzungu Massai
    Tags darauf fahren wir zur berüchtigten River Road, um noch einmal das Iqbal aufzusuchen, jenes einfache Hotel, in dem ich mich meistens einquartiert hatte, wenn ich in Nairobi war. Hier wurde ich immer mit einem fröhlichen »Mzungu Massai« begrüßt, das mich Jahre später zum Titel meines ersten Buches inspirierte. Dass am Leben dieses »weißen Massai« einmal Millionen von Menschen Anteil nehmen würden, hätte ich mir damals jedoch selbst in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Auf dem Weg zum Iqbal kommen wir an dem mir so sehr verhassten Nyayo-Gebäude vorbei. Wie viele Male musste ich hierher und stundenlang verzweifelt warten, hoffen und beten. Wofür ich immer wieder irgendeinen Stempel benötigte, habe ich fast schon vergessen. Ich weiß nur, dass die Bürokraten in diesem Gebäude mich unendlich viel Energie und Nerven kosteten.
    Wir finden eine Parklücke und ein Junge bietet sich an, auf unseren Wagen aufzupassen. Als Erstes schlendern wir am berühmten Stanley-Hotel vorbei. Waren dort früher fast ausschließlich Weiße auf der Terrasse zu sehen, so sind die Gäste heute gemischt, wobei die Kenianer in der Mehrheit sind. Ich lasse mich durch die Menschenmassen treiben und die Eindrücke auf mich wirken. Der Zeitungsstand steht noch an derselben Ecke wie damals, nur ist das Sortiment um das Fünffache angewachsen. Wir laufen einige Querstraßen entlang, bis ich das Odeon-Cinema entdecke und weiß, dass das Iqbal Lodging nur noch wenige Schritte entfernt sein kann. Sogar die Telefonzelle, so manches Mal genutzt, um mit der Schweiz in Verbindung zu treten, ist noch da. Nur steht heute keine Warteschlange davor, da auch hier in Nairobi die meisten Menschen mittlerweile Handys an ihre Ohren drücken.
    Vergeblich suche ich den Eingang zum damals an das Hotel angegliederten Restaurant, so wie ich es in Erinnerung hatte. Dort, wo früher die Kasse und die Rezeption waren, kann ich lediglich eine Schnellimbissecke erkennen. Der große Essraum, in dem sich Rucksack-Touristen aus der ganzen Welt getroffen haben, existiert nicht mehr. Damit ist der Charme, der diesen Treffpunkt auszeichnete, verloren gegangen.
    Meine Neugier ist schnell befriedigt und wir gehen weiter. Auf den Straßen herrscht hektischer Lärm. Überall hupen Matatus, jeder feilscht um Kundschaft. Aus den verschiedenen Bars oder Läden tönt Musik. An den Hauswänden sind überall Neonreklametafeln in den grellsten Farben angebracht. Ab und an stellt sich eine zerlumpte oder kranke Person mit hohlen Händen bettelnd vor mich hin. Nairobi ist hier besonders schrill, grell, hektisch und laut. Ich erinnere mich, wie ich mich mit meinem kleinen Baby am Rücken und mit schwer beladenen Reisetaschen durch diese Gegend schleppte. Jetzt scheint mir das alles nicht mehr vorstellbar.
    Klaus macht den Vorschlag, noch einen Massai-Markt zu besuchen. Hellauf
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