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Wiedersehen in Barsaloi

Wiedersehen in Barsaloi

Titel: Wiedersehen in Barsaloi
Autoren: Corinne Hofmann
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breit ist kein anderes Flugzeug zu sehen. Wir sind zwanzig Schritte neben dem Hangar. Vorschrift ist zwar Vorschrift, aber dennoch kann das hier wohl nicht Gefängnis für mehrere Jahre bedeuten! Die beiden Frauen versuchen Ruhe zu bewahren und reden auf den Sicherheitschef ein. Auch der Polizist, der uns seine Einwilligung gab, wird verhört, aber für nicht zuständig erklärt. Mittlerweile stehen wir mindestens eine halbe Stunde in brütender Hitze auf dem Asphaltplatz und die Argumente sind uns ausgegangen. Wir wissen einfach nicht, was er will. Geld kassieren oder seine Macht demonstrieren? Offensichtlich ist er gekränkt und wütend. Andere Männer gesellen sich neugierig hinzu und es wird wieder diskutiert. Alle starren uns an und wir kommen uns langsam wie Schwerverbrecher vor. Es ist der reinste Hohn. Wir wollen etwas dokumentieren, um in Zukunft wirksamer helfen zu können, und ein übergangener Chefbeamter überlegt, ob er uns verhaften lassen soll.
    Plötzlich hat eine der AMREF-Frauen eine Idee. Sie erklärt, sie sei mit einem Botschafter in der Stadt zum Lunch verabredet und könne diesen Termin nun nicht mehr wahrnehmen. Sie müsse diesen Herren unbedingt informieren, da es sich immerhin um einen Botschafter handelt. Tatsächlich darf sie telefonieren, ruft aber stattdessen ihren Chef an. Ein ranghoher Mann muss her! Kurz darauf steht er vor uns und fragt verwundert, welche Probleme hier entstanden seien. Der Sicherheitschef schildert aufgebracht unser »Vergehen«. Wieder wird diskutiert, doch sehr bald ändert sich der Ton und ganz unvermittelt können wir gehen – einfach so. Wir wissen nicht, was ausschlaggebend war und fragen auch nicht nach. Hauptsache, uns bleibt ein afrikanisches Gefängnis erspart!
    Nach diesem Schrecken verlassen wir schnellstmöglich das Gebäude und suchen als Erstes ein Restaurant auf, um unseren Durst zu löschen. Natürlich liefert dieses Ereignis den Gesprächsstoff für den Rest des Tages.

Im Kibera-Slum
    Am nächsten Morgen begeben wir uns wie verabredet ins AMREF-Büro. Alles steht bereit und wir brechen sofort auf. Schon bald nähern wir uns dem durch die Wellblechdächer von weitem erkennbaren Slumgebiet. Wir erfahren von unserer Begleiterin, dass dies der größte der zahlreichen Slums in Nairobi ist. Sechzig Prozent der Bevölkerung von Nairobi lebt in solchen Verhältnissen. Allein hier in Kibera leben ungefähr 700.000 Menschen auf engstem Raum. Die Aids-Rate ist erschreckend hoch und Krankheiten wie Tuberkulose breiten sich enorm schnell aus, da besonders die hygienische Situation katastrophal ist. 400 Menschen teilen sich eine einzige Toilette! AMREF habe eine beträchtliche Anzahl von öffentlichen sanitären Anlagen bauen lassen, deren Benützung eine geringe Gebühr koste, die für die Reinigung verwendet werde. Dadurch sei nun schon einiges besser geworden. Vorher habe man ohne Kopfschutz nicht durch diese Gegend laufen können, da alle Menschen ihre Notdurft in Plastikbeutel erledigten und diese einfach aus den beengten Räumen nach draußen warfen. »Flying toilets« würden diese durch die Luft segelnden Kotbeutel hier genannt. Klaus und ich schauen uns entsetzt und angeekelt an.
    Wir rollen langsam einen engen Weg entlang. Links und rechts stehen aus Brettern zusammengenagelte Verkaufsstände. Ich sehe Kleider, Taschen, Haushaltsartikel, nagelneue Radios in rauen Mengen. Jeder scheint hier etwas verhökern zu wollen. Dicht gedrängt quetscht sich ein unaufhörlicher Strom von Menschen an unserem Auto vorbei. Irgendwie fühle ich mich unwohl, als Weiße mit dem Wagen durch dieses Revier zu drängeln. Doch der Fahrer beruhigt mich: »Unser Wagen ist gekennzeichnet und so wissen die Bewohner, dass es sich um Leute handelt, die sich für das Hilfswerk interessieren und eventuell Unterstützung leisten werden.«
    Er hält an und wir steigen aus. Ein Junge aus der Menge mit einigen Zahnlücken bekommt den Auftrag, auf den Wagen aufzupassen. Dafür verdient er sich ein paar Schillinge. Einen Moment lang würgt mich der penetrante Gestank. Es ist drückend heiß. Männer, Frauen, Kinder und Müllberge, wohin ich schaue. Die ganze »Stadt« besteht aus Bretterbuden und Wellblech. Wir springen über Abfall und überqueren eine Bahnlinie, die in nur etwa zwei Metern Abstand an den Holzständen vorbeiläuft. Momentan tummeln sich Kinder und dürre Ziegen auf den Gleisen. Immer wieder steigen wir über stinkende Abwasserrinnen. Unsere Begleiterin erklärt, dass
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