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Wiedersehen in Barsaloi

Wiedersehen in Barsaloi

Titel: Wiedersehen in Barsaloi
Autoren: Corinne Hofmann
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wir Glück mit dem Wetter hätten. Sobald die Regenzeit beginne, würden sich der Schlamm und die Kloake zu einem knöcheltiefen Morast verbinden und der Gestank sei nicht mehr auszuhalten. Hühner picken in den feuchten, verschmutzten Rinnen. Diese Eier möchte ich nicht essen, geht es mir kurz durch den Kopf. Überall ertönt hinter irgendwelchen Bretterwänden Musik.
    Die Menschen mustern uns misstrauisch mit verschlossenen Gesichtern. Nur die Kinder sind neugierig und eine fröhliche Schar schließt sich uns an. Zu meinem Erstaunen tragen einige hübsche blaue Kleidchen. Dies sei ihre Schuluniform, erfahren wir, denn sie haben hier sogar eine Schule gebaut. Andere Kinder stecken in zerfetzten T-Shirts und stehen barfuß in Staub und Dreck. Viele sind schmutzig und mit Pusteln oder Flecken übersät. Doch sie strahlen uns an und rufen: »Hello, Mzungu, how are you?« Manchen schüttle ich die kleine Hand und frage nach ihren Namen, worauf sie jedoch recht schüchtern reagieren.
    Wir stapfen an neu erbauten Toiletten vorbei und gelangen zu einer Wasserzapfstelle. Hier wird das Wasser gefiltert und ist deshalb fast bakterienfrei. Jeder kann sich sauberes Trinkwasser aus dem Hahn abfüllen. Seit es diese öffentliche Wasserstelle gebe, seien vor allem die Durchfallerkrankungen deutlich zurückgegangen. Angrenzend an einen großen, leeren Platz befindet sich das Hospital von AMREF. In der Eingangshalle warten Kranke auf ihre Behandlung.
    Wir werden in die obere Etage geführt und verschiedenen Hilfskräften vorgestellt. Hier arbeitet in erster Linie einheimisches Personal. Ein älterer hagerer Mann übernimmt das Gespräch und schildert den schwierigen Aufbau dieser Station. Auch für Hilfsorganisationen sei es nicht einfach, in den Slums Fuß zu fassen. Die Menschen seien misstrauisch, da sie häufig durch leere Versprechungen enttäuscht wurden. Mittlerweile jedoch sei das Hospital gut besucht und immer mehr Frauen würden sich sogar für Geburten anmelden, was ein riesiger Fortschritt sei. AMREF bilde auch einheimische Pflegekräfte aus, die aus dieser Gegend stammen, womit wiederum vielen geholfen wird. Beeindruckt von dem, was wir erfahren, und voller Bewunderung für die Menschen, die sich hier für die Schwachen und Armen engagieren, verlassen wir nach einer Stunde das Gebäude.
    Draußen treffen wir auf eine Gruppe von Jugendlichen, die nach der Schule für AMREF arbeiten. Sie erzählen uns, dass sie für eine Art Meldedienst zuständig sind. Sie streifen durch die Gegend, die sie wie ihre Hosentasche kennen, und beobachten, wo etwas passiert. Gibt es Schwerverletzte, melden sie es sofort dem Krankenhaus, damit rechtzeitig Hilfe kommt. Normalerweise nämlich zählt hier ein Menschenleben nicht viel.
    Auf dem Rückweg zum Auto sehe ich eine Schweinemama mit ihren Jungen, die sich durch den Abfall einer nahe gelegenen Müllhalde wühlen. Zwei Meter neben mir pinkelt ein Mann an die Bretter. Einige Meter weiter hat sich eine alte Frau unter einen Unterstand gesetzt und brät auf offenem Feuer in einer Pfanne Fisch. Etwa fünfzig ungebratene Fische liegen in Reih und Glied auf einem Bretterstand, der von Tausenden von Fliegen umschwirrt wird. So viele Fliegen habe ich selbst in der schlimmsten Manyattazeit nicht erlebt. Der schwarze Fliegenschwarm überdeckt die Fische fast gänzlich. Mich würgt es bei der Vorstellung, dass diese Fische zum Essen angeboten werden, und dies bei etwa 35 Grad! Es stinkt fürchterlich. Die alte, fast zahnlose Frau lacht, als sie offensichtlich mein Entsetzen wahrnimmt, und wedelt mit dem Karton weiter, damit das Feuer seine Hitze behält. Ein paar Schritte weiter verkauft ein Mann fünf Maiskolben, die er zuvor gegrillt hat. Ich bin schockiert, aber gleichzeitig auch fasziniert zu sehen, welche Energie diese Menschen aufbringen, um zu überleben. Es wird nicht gejammert, sondern jeder versucht, irgendwie zu handeln.
    Wieder bei den Bahngleisen angelangt, entschließe ich mich, hier bei einer der Frauen eine Reisetasche zu kaufen. Freudig zeigt sie mir ihre Auswahl. Natürlich sind alle staubig, da sie den ganzen Tag an den Holzgestellen hängen. Während ich mir überlege, welche ich nehmen soll, braust ein Güterzug heran. Die Menschen verlassen gemächlich die Schienen. Ich drücke mich so gut es geht an den Stand. Die Druckluft wirbelt den Staub ins Gesicht und auf die Waren. Nach einigen Sekunden ist der Spuk vorbei und die Frauen schütteln die Kleider am Stand sauber. Mein
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