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Wiedersehen in Barsaloi

Wiedersehen in Barsaloi

Titel: Wiedersehen in Barsaloi
Autoren: Corinne Hofmann
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Das ist schon immer so gewesen und wird sicher auch noch lange so bleiben.«
    Wir wollten von ihm wissen, ob denn in der Schule keine Aufklärung betrieben würde. »Ja«, erwiderte er, »aber es nützt nichts. Selbst wenn ein Mann ein unbeschnittenes Mädchen heiraten möchte, wird es ihr eigener Vater kaum zulassen, das kommt ganz selten vor.« Als ich ihn direkt fragte, was er denn mit seinen Mädchen machen werde, merkte ich, dass er sich bei diesem Gespräch nicht wohl fühlte. Auch Stefania, seine Frau, wurde beschnitten, obwohl sie gebildet ist. James erklärte: »Wenn meine Mädchen einen Ehemann finden, der nicht auf einer Beschneidung besteht, dann geht das für mich in Ordnung, aber es wird schwer sein, einen solchen zu finden.«
    Bis zum Ende unserer Unterhaltung war nicht klar herauszuhören, wer bei seiner Ehefrau auf der Verstümmelung bestanden hat: James oder ihr Vater. Doch mussten wir respektieren, dass ihm das Thema nicht behagte. Es war ihm wohl auch zu intim.
    Ich erinnere mich an Lketingas Reaktion, als ich ihm damals erklärte, was diese »Operation« bei den Mädchen anrichten kann. Er war völlig irritiert und konnte kaum glauben, was ich ihm erzählte. Selbst er fragte sich danach, warum dann so etwas verlangt und durchgeführt wird. Doch leider haben Einzelne wohl keine Möglichkeit, sich gegen diesen uralten Brauch zu stellen. Ich bin sicher, dass seine neue Frau ebenfalls beschnitten wurde.
    Betroffen über das Gehörte, gehen wir langsam zum Ausgang. Wir bedanken uns herzlich für den Rundgang und verabschieden uns. Bevor ich ins Auto steige, drehe ich mich noch einmal um und kann es irgendwie nicht fassen, dass mein »schweizerisches« Mädchen hier vor fünfzehn Jahren das Licht der Welt erblickte. Es kommt mir fast unwirklich vor.
    Morgen wird das Filmteam hier sein und Nina bekommt ihr Filmkind. Werden sie ihr auch den Mund zuhalten, damit man ihr Schreien nicht hört?

Rückreise nach Nairobi
    Wir verlassen Wamba und fahren weiter in Richtung Isiolo. Nach einigen Kilometern überqueren wir auf einer abenteuerlichen Brücke ohne Seitengeländer einen reißenden Fluss. Hier sieht man, was der Regen in den Bergen ausgelöst hat. Rotbraunes Wasser, so weit das Auge reicht, dazwischen vereinzelte Daumpalmen. Von den hier normalerweise lebenden Krokodilen ist nichts zu sehen. Der Himmel ist grau und verhangen. Bald wird es wieder regnen. Allmählich wird die Straße etwas besser, schließlich fahren wir der »Zivilisation« entgegen.
    Nach etwa zwei Stunden erreichen wir ein Dörfchen, das aus ein paar Bretterbuden, Shops und zwei oder drei Lokalen besteht. Eine gute Gelegenheit, eine kleine Teepause einzulegen. Als Weiße werden wir sofort in einen eigenen Bereich geführt. In einem Hinterhofzimmer sitzen wir auf verschlissenen Sofas, auf denen weiße Spitzendecken drapiert sind. Die ansonsten kargen Wände sind mit kunstvollen Tiermotiven bemalt. Alles ist mit einfachsten Mitteln etwas »vornehmer« gestaltet. Der bestellte Chai schmeckt gut, wenn auch nicht so wie der in Mamas Manyatta. Nachdem wir uns mit Keksen gestärkt haben, geht die Fahrt weiter.
    Immer häufiger kommen uns nun Safaribusse entgegen, die durch die regenverhangene Gegend schaukeln. Ab und an erkenne ich Holzschilder mit den exotischen Namen bekannter Touristen-Lodges.
    Nachdem wir das Samburugebiet verlassen haben, ändert sich die Vegetation und das Aussehen der Menschen. Hier wird viel mehr Landwirtschaft betrieben. Die Frauen tragen Körbe mit Gemüse und Früchten auf ihren Köpfen. Von den farbenfrohen Kangas der Samburu ist nichts mehr zu sehen, denn die meisten sind eher europäisch gekleidet.
    Am späten Nachmittag erreichen wir Isiolo und entscheiden uns, hier zu übernachten. Im Dunkeln auf den maroden Straßen weiterzufahren wäre enorm anstrengend und außerdem gefährlich. Isiolo ist eine eher hässliche und schmutzige Kleinstadt. Mir fällt auf, dass im Gegensatz zu früher viel mehr Muslime hier leben. Unser Fahrer erklärt, dass die Stadt praktisch zweigeteilt ist. In der einen Hälfte leben Christen, in der anderen Muslime, meist somalischer Abstammung.
    Wir beziehen ein »gehobenes« einheimisches Lodging und treffen uns etwas später zum gemeinsamen Abendessen. Da wir nach dem Essen keine Lust verspüren, durch die düsteren und schmutzigen Straßen zu spazieren, genießen wir auf einer Art Dachterrasse des Hotels die Abendluft. Das Hotel scheint ein Treffpunkt der Wohlhabenden und
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