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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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nicht aufklären.
    Als ihr sein Blick im Spiegel begegnete, zwang sie sich zu einem Lächeln. Und wenn ihr das Gesicht zerbrach, sie würde sich nicht anmerken lassen, wie verstört sie war. Wenigstens diesen Triumph wollte sie ihm nicht gönnen. Hastig senkte sie den Kopf.
    Er richtete sich auf und grinste spöttisch. Wie immer entging ihm nichts. »Wegen der albernen Frisur musst du doch nicht gleich heulen«, tadelte er mild. »Sei froh, dass mein Geschmack so wenig Aufwand erfordert.« Er pflückte ein Kosmetiktuch aus der Box und hielt es ihr hin. »Und jetzt wisch dir die Augen, bevor das Make-up noch verläuft. Du bist ohnehin spät dran und ich habe keine Lust, noch länger zu warten.«
    Constanze schluckte krampfhaft, ehe sie das Tuch entgegennahm und sich die Augenwinkel abtupfte.
    Als sie wenig später an Michaels Arm in den festlich geschmückten Ballsaal schwebte, ließ nichts mehr auf die demütigende Szene im Ankleidezimmer schließen. Ihr Lächeln, bis zum Erbrechen perfektioniert, strahlte heller als ein Sonnenaufgang. Keiner der umstehenden Gäste ahnte, welche Fassade dieses gehaltlose Lippenverziehen in Wahrheit war.
    Michael führte sie am Ellbogen, während er mit großer Geste die Gratulationen zum Erfolg der Stiftung entgegennahm. Nur Constanze wusste, dass die wohltätige Organisation genauso unecht war wie ihr inszeniert glückliches Eheleben. Hinter den gestifteten Beträgen verbargen sich gut getarnt Gelder für Waffengeschäfte, die ihr Mann unter dem Schutzmantel seines Bekanntheitsgrades tätigte. Niemand außer ihr kannte den wahren Grund seines feudalen Reichtums. Michael hatte in den letzten Jahren Millionen mit diesem schmutzigen Handel verdient. Dagegen nahmen sich die sechsstelligen Einnahmen aus seinem legal betriebenen Immobiliengeschäft wie Peanuts aus.
    Die Idee mit der Stiftung war sein neuester Clou. Waffengelder quasi steuerfrei. Auch heute Abend waren einige der mächtigen Kunden anwesend. Neue Geschäfte warteten auf ihren Abschluss. Wie zur Bestätigung bemerkte Constanze einen grauhaarigen Russen, der direkt auf sie zusteuerte. Eigentlich wirkte dieser Mann wie der Inbegriff eines netten Onkels, doch der harmlose Eindruck täuschte.
    Sie kannte ihn aus früheren Treffen. Ohne mit der Wimper zu zucken, hatte er seine halbe Familie ausradiert – nur der Konkurrenz wegen. Sentimentalität konnte der Russe sich nicht leisten, denn genau wie Michael gehörte er dem erlesenen Kreis der Waffenhändler an. Er stellte das wichtigste Bindeglied zum Handel in den Nahen Osten dar.
    »Der Deal läuft in zwei Wochen«, eröffnete ihr Ehemann ohne Vorgeplänkel die Konversation.
    »Sachmarov wittern gutes Geschäft.« Der Russe zündete sich eine Zigarre an. »Er langsam wird zu – wie sagt man – Problem?«
    Michael furchte die Stirn. »Ein Bauer, der seinen Platz in der Rangordnung vergisst?«
    Der Russe nickte langsam. »Lieferant behaupten, er noch hätten andere Angebot.«
    »Es wird sich zeigen, ob Sachmarov wirklich dumm genug ist, sich mit uns anzulegen«, erwiderte Michael in gelangweiltem Tonfall und nickte dabei der Frau des Bürgermeisters freundlich zu. »Wenn er Ihnen noch einmal dazwischenfunkt, muss ich ihm wohl mal den Magier vorbeischicken.« Beide Männer lachten gemein.
    Constanze durchlief ein kaltes Kribbeln. Der Magier. Was das hieß, konnte sie sich denken. Dieser Sachmarov würde Besuch vom Tod höchstpersönlich bekommen. Sie war lang genug Michaels Frau, um zu wissen, wer der Magier war. Ein Killer, ein Todesengel. Unsichtbarer und anonymer als ein Schatten. Es war erschreckend, wie gleichgültig in Michaels Kreisen über Mord gesprochen wurde.
    »Herr von Richtstetten. Bitte entschulden Sie die Störung.«
    Constanze blickte auf. Andrea Kressfeld, Michaels Sekretärin, trat vorsichtig in die kleine Runde. Wie immer, wenn sie ihren Chef ansah, glomm ein anbetungsvoller Funke in ihren Augen.
    »Was gibt’s denn, Frau Kressfeld?« Er blickte die junge Frau ungeduldig an.
    »Herr Maurer lässt ausrichten, dass sich Ihre Ansprache um einige Minuten verzögert. Es gab Schwierigkeiten mit der Tontechnik.«
    »Sagen Sie ihm, er soll mir noch mal Bescheid geben, wenn er seinen Job richtig gemacht hat.«
    »Natürlich. Sofort.« Bei Michaels herrischer Miene schlich die Blondine eingeschüchtert davon.
    Als ihr Mann sich wieder seinem Gesprächspartner zuwandte, nutzte Constanze die Gelegenheit, die Toilette aufzusuchen. Dort angekommen betrachtete sie ihr
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