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Wie man Freunde gewinnt

Wie man Freunde gewinnt

Titel: Wie man Freunde gewinnt
Autoren: Dale Carnegie
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seinem Kabinett beizutreten. Das war an sich schon die höchste Ehre, die er jemandem erweisen konnte, dennoch formulierte Wilson seine Einladung so, daß sich McAdoo gleich noch einmal so bedeutend vorkam. «Er (Wilson) erklärte mir, daß er dabei sei, seine Regierung zu bilden, und daß er froh wäre, wenn ich das Finanzministerium übernehmen würde.» Mit diesen Worten schilderte McAdoo jenen Vorgang. «Er hatte eine so wunderbare Art, die Dinge hinzustellen, daß ich das Gefühl bekam, ich erweise ihm einen Gefallen, wenn ich diese Ehre annehme.»
    Leider ging Wilson nicht immer so taktvoll vor, sonst hätte die Geschichte vielleicht einen andern Verlauf genommen.
    Weder der Senat noch die republikanische Partei waren beispielsweise darüber erfreut, daß Wilson Amerikas Beitritt zum Völkerbund befürwortete. Er weigerte sich, prominente Führer der Republikaner wie Elihu Root, Charles Evans Hughes oder Henry Cabot Lodge zur Friedenskonferenz mitzunehmen, sondern ließ sich von unbekannten Männern aus seiner eigenen Partei begleiten. Er überging die Republikaner, anstatt ihnen das Gefühl zu geben, der Beitritt zum Völkerbund sei ebenso ihre Idee wie seine eigene. Er wollte ganz allein die Hand im Spiel haben. Durch diese grobe Verletzung menschlicher Beziehungen zerstörte Wilson seine Karriere, ruinierte seine Gesundheit, verkürzte sein Leben, veranlaßte Amerika, dem Völkerbund fernzubleiben, und lenkte die Weltgeschichte in andere Bahnen.
    Nicht allein Staatsmänner und Diplomaten bedienen sich der Methode, den andern zu veranlassen, daß er unsere Wünsche gern erfüllt. Dale Ferrier zum Beispiel erzählte, wie er seinen
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    kleinen Jungen dazu brachte, willig ein aufgetragenes Ämtchen zu erfüllen.
    «Zu Jeffs Aufgaben gehörte es, die Birnen unter dem Baum aufzulesen, damit man beim Mähen nicht anhalten und sich danach bücken mußte. Er mochte diese Arbeit gar nicht, und sie war entweder überhaupt nicht oder dann so nachlässig ausgeführt, daß man den Mäher dauernd abstellen und Birnen einsammeln mußte, die Jeff übersehen hatte. Doch statt einer Aussprache unter vier Augen schlug ich ihm eines Tages vor:
    ‹Jeff, ich schließe mit dir einen Handel. Für jedes Körbchen voll Birnen, das du aufliest, gebe ich dir einen Dollar. Aber für jede Birne, die du vergißt, nehme ich dir einen Dollar weg. Was hältst du davon?› Wie Sie sich denken können, sammelte er fortan nicht nur sämtliche Birnen ein, sondern ich mußte aufpassen, daß er nicht gleich noch einige vom Baum abriß, um seine Körbchen zu füllen.»
    Ich kannte einen Mann, der häufig von Freunden oder von Leuten, denen er verpflichtet war, gebeten wurde, zu irgendeinem Anlaß eine Rede zu halten, und der diese Bitten sehr oft ablehnen mußte. Er machte das aber so geschickt, daß ihm niemand seine Absage übelnahm. Wie er es machte? Er entschuldigte sich nicht einfach mit zuviel Arbeit oder zuviel von diesem oder jenem. Nachdem er sich für die ehrenvolle Aufforderung bedankt und sein Bedauern darüber ausgedrückt hatte, daß er ihr nicht Folge leisten konnte, schlug er an seiner Stelle einen andern Redner vor. Das heißt, er ließ dem Bittsteller gar nicht erst Zeit, sich über diese Absage zu grämen, sondern er lenkte dessen Gedanken unverzüglich auf einen andern Redner, der in Frage kommen konnte.
    Gunter Schmidt, der unseren Kurs in der Bundesrepublik Deutschland besuchte und einen Selbstbedienungsladen leitete, erzählte, wie eine seiner Angestellten immer wieder vergaß, die richtigen Preisschildchen unter die entsprechenden Artikel ans Regal zu stecken. Dadurch kam es zu Mißverständnissen und
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    Klagen seitens der Kundschaft. Weder Ermahnungen, Verweise, noch Drohungen nützten auf die Dauer. Schließlich ließ Gunter Schmidt die betreffende Angestellte in sein Büro kommen und eröffnete ihr, daß er sie zur Preisüberwacherin für den ganzen Laden befördert habe und sie in Zukunft für die richtige Beschriftung an sämtlichen Regalen verantwortlich sei. Diese neue Verantwortung und der Titel änderten ihre ganze Einstellung, und von Stund an erledigte sie ihre Arbeit gewissenhaft.
    Sie finden das kindisch? Das hielt man seinerzeit auch Napoleon entgegen, als er die Ehrenlegion gründete, haufenweise Kreuze unter seine Soldaten verteilte, achtzehn seiner Generäle zu «Marschällen von Frankreich» ernannte und die Truppen zur «Grande Armée» erhob. Man machte ihm den Vorwurf, Spielzeug an
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