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Wie man die richtige Arbeit für sich findet

Wie man die richtige Arbeit für sich findet

Titel: Wie man die richtige Arbeit für sich findet
Autoren: Roman Krznaric
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findet sein Ziel in der Arbeit für die Verminderung der weltweiten Emission von Treibhausgasen; ein Maler findet sein Ziel vielleicht im Bruch mit überkommenen Gestaltungstechniken oder in der Durchsetzung einer neuen Auffassung vom Inhalt künstlerischer Arbeit. Sollten Sie in sich keine solche klar umrissene Berufung spüren, besteht dennoch kein Grund zur Sorge. Obwohl Berufungen etwas Seltenes sind, kann in Ihrem Leben trotzdem eine entstehen, wenn Sie es richtig angehen.
    Ein klares Lebensziel, einen Lebenszweck zu haben ist der sicherste Weg zu einem befriedigenden Leben. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse in der Geistesgeschichte des Westens. Falls es auf die Frage nach dem Sinn des Lebens überhaupt eine Antwort gibt, wäre das ein Anwärter. Aristoteles erkannte das als einer der ersten Denker ausdrücklich an, als er schrieb, jeder, der dem eigenen Entschluss gemäß zu leben in der Lage ist, sollte sich ein Ziel für ein gutes Leben setzen, »mit Blick worauf er alle seine Handlungen vollführt – denn sein Leben nicht auf irgendein Ziel hin geordnet zu haben, gilt als Zeichen großer Dummheit.«
    Die Vorstellung von einem sinnstiftenden Ziel fand im sechzehnten Jahrhundert in dem protestantischen Begriff der »Bestimmung« einen neuen Ausdruck. Das war der Glaube, ein jeder von uns sollte dem ihm von Gott vorherbestimmten Pfad oder der »Bestimmung« folgen: Ein Bauer sollte sein Getreide anbauen, so gut er es vermochte, und ein Beamter sollte sich seiner Aufgabe hingebungsvoll widmen. Ein tätiges Sein, schrieb der Theologe Johannes Calvin 1536, würde uns von der »brennenden Unrast« heilen, die uns häufig befällt, und verhindern, dass wir unser Leben lang umgetrieben werden. Calvins Auffassungen waren ein Spiegel der rigiden sozialen Ordnung seiner Zeit: Wir sollten zufrieden mit dem Beruf sein, in den wir hineingeboren wurden – Pech für den, der zufällig Fronarbeit leisten musste. Alles Tun diente freilich dem Zweck, Gottes Geboten auf Erden gerecht zu werden.
    Auch der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche betonte die vorteilhaften Wirkungen einer Aufgabe, die uns im Leben Ziel und Zweck setzt: »Hat man sein Warum des Lebens, verträgt man sich fast mit jedem Wie .« Dieser Gedanke des Philosophen fand im zwanzigsten Jahrhundert Eingang in die Psychologie. »Was der Mensch wirklich braucht, ist kein spannungsloser Zustand, sondern vielmehr das Streben und Kämpfen für ein Ziel, das seiner würdig ist«, schrieb der österreichische Psychotherapeut Viktor E. Frankl in den vierziger Jahren. Nichts befähige den Menschen so sehr zur Überwindung von Schwierigkeiten wie das Bewusstsein, »eine Aufgabe im Leben zu haben«.
    An diese lange Geistestradition knüpft heute der Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi an. In seinen Schriften verwendet er auch den Begriff der »Lebensthemen«, die »mit einem letztendlichen Ziel verbunden sind, welches allem, was der Mensch tut, Bedeutung verleiht«. Menschen brauchen so ein Ziel, »das wie ein Magnet ihre gesamte psychische Energie auf sich zieht … [und]… von dem alle geringeren Ziele abhängen.« 54 Aristoteles hätte dem voll und ganz zugestimmt.
    Lassen wir die Theorie für einen Moment beiseite, und betrachten wir die Gegebenheiten eines Arbeitslebens, in dem alles diesem einen letztendlichen Ziel untergeordnet war: den Lebensweg von Marie Curie, die es sich zur Aufgabe gesetzt hatte, die Geheimnisse der Strahlung uranhaltiger Verbindungen zu ergründen.
    Marya Skłodowska – die später unter dem Namen Marie Curie bekannt werden sollte – wurde im Jahr 1867 als Kind einer verarmten polnischen Intellektuellenfamilie in Warschau geboren. Sie war eine begabte Schülerin, die Verwirklichung ihres Traums, in Paris Medizin zu studieren, scheiterte jedoch an fehlenden finanziellen Mitteln. Notgedrungen arbeitete sie fünf Jahre lang als Hauslehrerin im ländlichen Polen. In dieser Zeit sparte sie so viel Geld, wie sie nur konnte, und las bis tief in die Nacht Bücher über Physik, Mathematik und Astronomie. Mit 24 traf sie schließlich 1891 in Paris ein und begann ein Medizinstudium an der Sorbonne, verlegte sich dann aber auf Chemie und Physik und begann im Labor zu experimentieren, eine Leidenschaft, die sie teilweise von ihrem Vater geerbt hatte.
    Es war der Beginn eines ungewöhnlich intensiven Lebens für die wissenschaftliche Forschung, das über vierzig Jahre dauern sollte. Curie arbeitete gewöhnlich zwölf bis vierzehn Stunden am
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