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Wie Krähen im Nebel

Wie Krähen im Nebel

Titel: Wie Krähen im Nebel
Autoren: Felicitas Mayall
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Commissario fragen, der hat mit ihm Italienisch geredet, aber das habe ich nicht verstanden!»
    «Danke. Könntest du mir einen Gefallen tun, Peter?»
    «Ich bin müde, Laura.»
    «Ich auch.»
    «Also was?»
    «Würdest du bitte Clara und Anita in einem Hotel unterbringen. Ich sage ihnen vorher noch, dass ihre Flugtickets bereitliegen und sie übermorgen weiterreisen können. Das Hotel zahle ich!»
    «Was? Das machst du? Obwohl die mit Sicherheit gefälschte Papiere haben?»
    «Ja, das mache ich. Und es ist mir scheißegal, ob sie gefälschte Papiere haben!»
     
    Eine Stunde später saß Angelo Guerrini in Lauras Küche und sah ihr zu, wie sie Bier in zwei gläserne Krüge goss. Die tief hängende Lampe beleuchtete einen Strauß gelber Tulpenund Mimosen, der schon ein bisschen verwelkt aussah. Es war warm und gemütlich, trotzdem kam er sich wie ein Eindringling vor.
    Auf Zehenspitzen waren sie die vielen Treppenstufen heraufgeschlichen, und er meinte zu spüren, wie Laura stets die Luft anhielt, sobald sie ein Geräusch hörte. Sie wollte auf gar keinen Fall, dass er ihren Kindern begegnete – das hatte sie ihm im Taxi erklärt.
    «Hast du denn nie Besuch von Kollegen oder Freunden?», hatte er zurückgefragt.
    «Doch, aber du bist kein Kollege oder Freund!»
    «Aber wir könnten doch so tun, als wäre ich einer!»
    «Dann musst du im Wohnzimmer schlafen, aber ich will nicht, dass du im Wohnzimmer schläfst!»
    «Nicht mal, nachdem du heute die mieseste Sorte von Männern erlebt hast?»
    «Nein, nicht mal jetzt!»
    Dann hatten sie miteinander gelacht, leise, und er hatte gedacht, dass sie einander vertraut und gleichzeitig fremd waren. Dachte es noch immer, mit dem Glaskrug in der Hand voll bayerischen Biers, das sie nur tranken, um nach diesem irrwitzigen Tag schlafen zu können. Und trotzdem fühlte er sich wie ein Eindringling, denn er war nur zufällig hier – nicht eingeladen, nicht wirklich erwünscht. Er sagte sich, dass es nur an Lauras Kindern lag, war sich aber nicht sicher, fürchtete sich plötzlich vor seiner inneren Wüste, die er so gut kannte.
    Später lagen sie dicht nebeneinander in Lauras Bett, und er konnte nicht schlafen, spürte ihren Kopf an seiner Schulter, wie sie sich allmählich entspannte. Er dachte an Weihnachten mit seinem Vater und der Familie seines Vetters, dachte daran, wie verschieden ihre Leben waren – seines und das von Laura.
    Draußen kreischten die Räder einer Straßenbahn auf den Schienen, fuhr ein Krankenwagen mit Martinshorn vorbei. Laura erwachte kurz, schlang die Arme um ihn und schlief schon wieder.
    Er würde am Morgen mit dem ersten Zug nach Florenz zurückfahren. Noch hatten sie Venedig   …
     
    Irgendwie schaffte Laura es am nächsten Morgen aufzustehen, mit ihren Kindern zu frühstücken und so zu tun, als schliefe kein Mann in ihrem Bett gleich nebenan. Ihr fiel ein Stein vom Herzen, als die beiden um halb acht die Wohnung verließen. Sie brachte Angelo Tee ans Bett, empfand es aber beinahe als Schock, ihn in ihrem Bett liegen zu sehen. Betrachtete ihn, bis er die Augen aufschlug und sagte: «Du kannst ruhig herkommen! Ich bin schon seit einer halben Stunde wach!»
    Da setzte sie sich neben ihn, sah ihm zu, wie er den Tee schlürfte, ließ ihre Finger über seine nackte Schulter und seinen Arm gleiten, begehrte ihn und kam sich gleichzeitig wieder feige vor, wie eine Verräterin. Dabei war er der Letzte, den sie verraten wollte.
    Als er seinen Tee getrunken hatte, schob er sie sanft zur Seite und hob seine Kleider auf, um ins Bad zu gehen.
    «Angelo   …», begann Laura, doch er unterbrach sie.
    «Ich kann dich hier nicht lieben!», sagte er. «Du willst es ja auch nicht wirklich. Es ist der falsche Ort, Laura!»
     
    Als sein Zug nach Florenz abgefahren war, fürchtete sie sich vor den zwölf langen Tagen bis zu ihrem Wiedersehen in Venedig. Schlimmer noch, Venedig erschien ihr wie eine Illusion – weshalb sollte ihre Beziehung in Venedig anderssein als hier, weniger kompliziert? Aber dann schlugen zum Glück all die wichtigen Dinge des Lebens über ihr zusammen, und sie fand kaum Zeit sich zu fürchten. Gemeinsam mit Baumann brachte sie Clara und Anita dazu, ein Aussageprotokoll zu unterschreiben, und begleitete die beiden zum Flughafen. Als die beiden Frauen sicher in der Luft waren, umarmte sie ihren Kollegen. Als er sie fragend ansah, meinte sie trocken: «Das war ein Sieg gegen das System, verstehst du? Manchmal sind solche Siege wichtig!»
    Nach
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