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Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Titel: Wie keiner sonst / ebook (German Edition)
Autoren: Jonas T. Bengtsson
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du, es wird jemand kommen? Schließlich ist heute Silvester.«
    »Natürlich kommt jemand. Alle wollen sagen: ›Ich war der Erste, ich habe die Bilder zuerst gesehen.‹ Sie wollen ein Teil der Geschichte sein. Wie damals, als Kennedy erschossen wurde und alle zusahen.«
    Er zündet sich eine Zigarette an und hält die Hand unter die Glut, um nicht auf den Boden zu aschen.
    »Ich hoffe, es wird jemand kommen. Und selbst wenn nicht … Wenn du einen Berg besteigst, ist es ja auch nicht so wichtig, wer dir dabei zusieht.« Er klingt, als wolle er sich selbst überzeugen.
    Zuerst warte ich auf den Bus, aber ich habe viel Zeit und beschließe, zu Fuß zu gehen.
    Ich trage einen schwarzen Anzug, den ich in einem türkischen Laden in der Nähe der Wohnung gekauft habe. Er hat weniger als eine gute Jeans gekostet. Darunter trage ich ein weißes Hemd, darüber den Wintermantel. Meine neuen Lederschuhe knarren.
    Es ist ein klarer Tag, leichter Frost liegt in der Luft. Ich rieche Rauch und höre Knaller, die Kinder als Vorboten anzünden.
    Mona wartet unter der Markise eines Gemüsehändlers auf mich. Sie trägt ein schwarzes Samtkleid und rote, hochhackige Schuhe. Sie nimmt meinen Arm. »Wenn ich falle, musst du mich halten.« Ein paar Straßen weiter gehen wir durch ein Tor in einen Hinterhof mit einer Fahrradwerkstatt.
    Ich soll ihren Arm weiter festhalten, als wir die schmale Treppe hinaufgehen, sie vertraut den Absätzen nicht. Ihr Parfüm riecht nach Veilchen. Sie stößt mich mit dem Ellbogen und entschuldigt sich, sie streift mich mit einer Brust und entschuldigt sich nicht.
    Mona klopft an eine Tür, von der grüne Farbe blättert. Eine schwarzhaarige Frau mit Schleifen im Haar öffnet.
    »Hallo, Süße«, sagt sie und umarmt sie fest, dann erblickt sie mich. »Ist das der Maler, von dem du erzählt hast?« Sie küsst mich auf beide Wangen, dann wendet sie sich wieder Mona zu und macht ein ernstes Gesicht.
    »Thomas ist da. Irgendeiner muss ihn eingeladen haben, ich kann ihn schlecht rauswerfen.« Mona nickt nur.
    »Du bist aber schick«, sagt die Frau zu mir, und ich glaube, sie würde mir am liebsten in die Wange kneifen.
    Als wir das Wohnzimmer betreten, verstehe ich, was sie meint. Während die Frauen Kleider tragen und schön geschminkt sind, tragen die meisten Männer Wollpullover, ausgeleierte Strickjacken und verwaschene Hemden.
    Viele kommen zu uns, begrüßen Mona mit einem Kuss und mich mit einem Händedruck.
    Die Wohnung ist ein Dachgeschoss mit schrägen Wänden, die freigelegten Bodendielen sind voller Farbkleckse. Ich versuche, die Farben zu identifizieren, aber Mona nimmt meinen Arm, und wir setzen uns an einen langen Tisch.
    Wir essen kaltes Fleisch, Käse und ein paar warme Gerichte, die die Gäste mitgebracht haben. Es gibt keine Heizung in der Wohnung, erfahre ich von einer Frau. Sie hat eine große Lücke zwischen den Schneidezähnen und sagt, dass sie Gedichte schreibe. Keine, die veröffentlicht werden, denn sie schreibt sie auf die Rückseite von Postkarten und hinterlässt sie auf Parkbänken.
    Neue Weinflaschen landen auf dem Tisch. Gegenüber von mir sitzt Thomas, ich bin mir sicher, dass er Monas Exfreund ist. Sie weicht seinem Blick aus, und je mehr er trinkt, desto intensiver starrt er sie an.
    Er lächelt und füllt mein Glas, fragt, wie lange ich schon in Berlin sei und ob ich schon die schwarze Galerie gesehen habe. Ich sage Ja, und er lächelt noch breiter.
    Er ist bei seinem sechsten Glas, ich bei meinem zweiten, als er fragt, ob ich glaube, dass ich eine Sonderbehandlung bekomme.
    »Sonderbehandlung?«
    »Ja, so etwas gibt es.«
    Ich schaue ihn verständnislos an.
    »Weil du Türke bist. Ich habe nichts gegen Türken, aber …«
    »Ich habe nie behauptet, dass ich Türke sei.«
    Er hält ein, viele Worte gehen ihm durch den Kopf. Er trinkt einen Schluck Rotwein und will noch mehr sagen, als jemand mit dem Messer gegen ein Weinglas klopft. Am Tischende ist ein Mann aufgestanden. Er trägt einen Gürtel. Sein helles Haar steht in die Höhe, als wäre er gerade in einen Sturm geraten.
    »Du hast zu viel getrunken«, ruft einer. »Setz dich wieder.«
    Der Mann bleibt stehen, klopft noch einmal gegen sein Glas und macht klar, dass er sich nicht setzen wird, bevor er reden darf.
    »Ich hoffe, dass in ein paar Stunden alles zusammenbricht«, sagt er und zeigt uns zwei gekreuzte Finger. »Die können ihre Computer und Fernseher behalten, und ihre Mikrowellen und Handys.« Er stößt sein
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