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Wie immer Chefsache

Wie immer Chefsache

Titel: Wie immer Chefsache
Autoren: Martin Ruetter
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fester Stimme hinzu. Na, jetzt klang sie vielleicht ein wenig zu fest. Fast angespannt.
    »Mein Name ist Althoff. Kommen Sie bitte herein!«, sagte sie.
    Das war keine Bitte, das war ein Befehl. Er versuchte ein überzeugend souveränes Lächeln, als er an ihr vorbeiging, merkte aber selber, dass es völlig danebenging. Na, super. Ich will hier Chefredakteur werden, der Boss, und ich lasse mich behandeln wie der Lehrling. In ihm regte sich Widerspruch. Er hatte doch sonst keine Probleme mit der eigenen Autorität. Was glaubte diese Frau, wer er sei? Irgendein kleiner Lokal-Reporter? O. k., nach außen vielleicht, aber innerlich doch nicht! Frau Althoff schloss die Tür hinter ihm, durchquerte den Eingangsbereich und betrat ein Büro. Ihre tadellose Haltung drückte wortlos aus, dass sie vom ihm erwartete, ihr zu folgen, und sie drehte sich nicht mal um, um zu sehen, ob er es auch tat. Gut. Er war hier, und er würde sich vorstellen. Aber er wusste jetzt schon, dass er den Posten nicht haben wollte. Nicht bei dieser Frau Althoff, die vermutlich die Verlagsleiterin war. Oder die Ober-Chefredakteurin. Auf jeden Fall etwas, das er nicht in seiner Nähe haben wollte. Sie strahlte einfach zu viel Sucher-Mentalität aus.
    In ihrem Büro wies Frau Althoff auf einen Stuhl und setzte sich in einen dicken Leder-Chefsessel auf der anderen Seite des Schreibtisches. Da war er: genau der Chefsessel, den er für sich vorgesehen hatte. Und es saß diese Frau drin. Mattes bewegte sich auf den nüchternen Holzstuhl zu, als unter dem Tisch ein nicht mal kniehohes, langhaariges Fellbündel hervorschoss, in sicherer Entfernung vor ihm stehen blieb und schrill kläffte. »Mucki, geh auf deinen Platz!«, versuchte Frau Althoff den Hund zuerst mit halblauter, dann mit strenger Stimme zu übertönen und zeigte dabei energisch auf ein Hundekörbchen an der Wand. Sieh mal an, dachte Mattes. Es gibt jemanden, der nicht macht, was sie will. Fast fühlte er Sympathie für den respektlosen Kläffer in sich aufsteigen, aber dafür war das Gebell dann doch zu schrill. Nach einigen strengen Ermahnungen blaffte Mucki noch einmal kurz auf und verzog sich brummend in einen Hundekorb. Frau Althoff verzog keine Miene. »Er kennt Sie nicht, und bei Fremden ist er zunächst etwas vorsichtig«, erklärte sie und ging sofort zum nächsten Thema über.
    »Ihre Arbeiten bei ›Der rote Teppich‹ kenne ich«, sagte sie. »Was haben Sie außerdem gemacht?«
    Mattes lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und merkte, dass er lässig wurde. Er wollte den Job nicht. Jetzt war es ihm egal. Mal sehen, wie lange Frau Althoff ihre penetrante Art durchziehen würde. Er rasselte nachlässig herunter: »Abi, Journalistenschule, momentan freiberuflicher Journalist für diverse Medien.«
    »Diverse Medien«, wiederholte Frau Althoff ungerührt, und Mattes merkte sofort, dass er sie damit nicht beeindrucken konnte.
    »Mögen Sie Hunde?«, fragte sie schnell.
    »Kommt ganz auf den Hund an. Und vor allem auf den Menschen, der dazugehört.«
    »Wann können Sie anfangen?«
    Die Frage verwirrte ihn. Er bemerkte, dass seine lässige Haltung Haltungsschäden bekam.
    »Sofort. Wieso?«
    »Keine Termine und Verpflichtungen bei den diversen Medien?«
    Ihre Stimme klang einen Hauch provokativ, und Mattes bemerkte zu spät, dass er einen Fehler gemacht hatte. Erfolgreiche Menschen hatten niemals sofort Zeit. Frau Althoff zog eine Schublade auf, nahm einige beschriebene Blätter heraus und legte sie vor ihn auf den Tisch.
    »Das ist ein Vertrag. Lesen Sie ihn bitte durch!«
    Ein Vertrag? Er überflog ihn. Irgendwo musste der Haken sein. Was war hier los? Nein, fiel es ihm plötzlich ein, kein Haken, eine Kamera! Er war bei der ›Versteckten Kamera‹ gelandet, und hinter den Kulissen bogen sich 30 Mitarbeiter eines Fernsehsenders und lachten über seine Blödheit. Und am nächsten Samstag lachte vermutlich die ganze Nation.
    Mattes musterte schnell die Wände des Büros. Gut versteckt waren die Kameras, das musste er zugeben. Tja, er gehörte zu den wenigen Leuten, die schlau genug waren zu merken, wenn sie von der ›Versteckten Kamera‹ reingelegt wurden. Mit ihm konnte man das nicht so einfach machen. Jetzt musste er nur noch entsprechend reagieren. Am besten ganz cool bleiben. Den Spieß umdrehen. »Das Gehalt ist sehr bescheiden«, sagte er und sah Frau Althoff herausfordernd an. Vermutlich hieß sie nicht wirklich Frau Althoff. Wahrscheinlich war sie eine
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