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Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam

Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam

Titel: Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam
Autoren: HanneLore Hallek
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Was war das noch für ein Satz auf der Hausordnung im Flur? Peregrinas und Peregrinos, seid bescheiden und dankbar für alles, was ihr bekommt und vorfindet...

Fieber
Trinidad de Arre — Pamplona — Cizur Menor > 10 km

    Ich bin zu Hause ein schlimmer Morgenmuffel, aber hier muss ich langmütig sein: Schon bevor um 6.30 Uhr jäh die Deckenlampen aufleuchten, blitzen Taschenlampen, wird geräumt, geraschelt und gepackt. Die Ersten gehen schon im Dunkeln los! Ich bin noch müde, fühle mich erkältet, habe Kopfschmerzen und will nie wieder oben schlafen. Nacheinander fielen in der Nacht Kissen, Brille und Decke herunter, ein Wunder, dass ich noch hier oben liege!
    Gequält und widerwillig rappele ich mich auf. Ohne Rückenschmerzen, n a wenigstens etwas Gutes, meine kleine Schlafmatte ist ein wahrer Segen. Verschlafen hänge ich meinen Schlafsack zum Lüften nach draußen, ziehe die immer gleiche Hose an, in deren verschließbaren Taschen ich mein Geld sicher glaube, hole das T-Shirt von der Leine, setze Teewasser auf, schleiche zur Katzenwäsche ins Bad, creme und massiere die Füße, koche Tee, esse, was noch da ist.
    Auch Maja geht es nicht gut, heute werden wir nicht weit laufen können. Schade, ich hatte mich sehr auf Pamplona gefreut, und nun dieser Brummschädel. Jetzt möchte ich nur irgendwohin, wo ich ruhig liegen kann. In diese ,gute Herberge mit bequemen Betten und einem Garten‘, 10 Kilometer von hier entfernt, zum Beispiel. Die Beschreibung von Cizur Menor im Reiseführer ist sympathisch und die ‚bequemen Betten’ geben den Ausschlag, das wird unser heutiges Ziel.
    Gut, dass ich nur so wenig Dinge bei mir habe, das Packen ist einfach. Die zusammengerollte Schlafmatte kommt neben den Schlafsack ganz unten in den Rucksack, alles andere wird drumherum verstaut. Fertig. Aber es geht noch nicht los, Maja braucht morgens lange. Ich muss draußen warten, zwischen Aufbrechenden. Der Himmel ist grau, es ist kühl, aber trocken, die frische Luft tut mir gut, und doch bin ich genervt. Muss ich mich anpassen? Ich würde viel lieber gleich losgehen. Aber was bleibt mir anderes übrig — ich muss Majas Bedürfnisse akzeptieren. Vielleicht gewöhne ich mich daran, ich brauche wohl mehr Geduld, und überdies bin ich heute wohl besonders empfindlich. Also werde ich das Alleinsein genießen...
    Doch irgendwann machen auch wir uns auf den Weg und ich werde belohnt: Die Pastelería hat schon geöffnet, und Café und Gebäck verbessern meine Laune umgehend.
    Arre ist eine der Vorstädte Pamplonas, wir brauchen nur geradeaus zu gehen, weitere Vorstädte zu passieren, gelegentlich einen Palast oder einen besonders schönen Garten zu bestaunen und kommen auf dieser gut markierten Straße in Samstagmorgenruhe direkt zur Stadt.
    Doch vorher müssen wir in einen Supermarkt, ich brauche Teebeutel und will meiner Erkältung mit Zitronen den Garaus machen. Zudem müssen wir vorsorgen, in Cizur Menor und Umgebung soll man sonntags morgens nichts zu essen bekommen. Also müssen auch Obst, Joghurt, Kuchen, Möhren, Brot und Saft in den Rucksack, der das alles kaum fasst.
    Schon wenige Minuten später thront Pamplonas Altstadt mit ihrer wuchtigen Befestigung auf einem Bergplateau vor uns, die erste historische Großstadt unserer Reise. Alt ist sie, schon vor Christi Geburt von den Römern gegründet. Immer umkämpft, zerstört, besetzt und wieder aufgebaut. Die Mauren waren hier und Karl der Große. Sie war auch mal Sitz der Könige von Navarra und Bischofssitz. Ernest Hemingway hat ihr in der Literatur ein Denkmal gesetzt. Mit seiner Beschreibung ihrer ‚Fiesta San Fermín’, bei der zu Ehren des Schutzpatrons der Stadt jedes Jahr im Juli Stiere durch die Stadt getrieben werden und die Bewohner tagelang durch Tanz und Rausch taumeln.
    Nur noch einen Kilometer durch Gartenvorstadt, in der es gottlob Büsche gibt, hinter die wir uns verstohlen hocken können, um zu pinkeln, dann sind wir am Río Arga, der die Altstadt in einer Schleife umfasst. Hier ist die Ruhe zu Ende: Horden von Joggern und Walkern kreuzen unseren Weg zur Magdalenenbrücke, vor der ein mittelalterliches Pilgerkreuz mit dem Bildnis des Heiligen Jakobus steht. — Ach ja, das gemahnt mich, auf einer Pilgerwanderung zu sein. Mit spirituellem Antrieb. Wie schnell das bei all den materiellen Problemchen in den Hintergrund gerät! Von jetzt an will ich an jedem Pilgerkreuz innehalten, um ein Gebet zu sprechen; hier im Trubel beginne ich damit.
    Auf der anderen
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