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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt?
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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definierte den Menschen als rationales Tier. Aber Widersprüche wie diese zeigen, dass wir das nicht sind. Alle Menschen leben mit den Konflikten zwischen dem, was sie sich wünschen, und ihrer tatsächlichen Lebensweise. Während eines großen Teils der Menschheitsgeschichte konnten wir diesen Widerspruch nicht erklären; gelöst wurde er erst durch Freud, der das Unbewusste entdeckte. Wenn Menschen vor Freud nach Antworten über das suchten, was sie wussten und fühlten, waren sie auf ihre bewusste Wahrnehmung angewiesen. Wenn wir unvereinbare Gedanken, Gefühle und Motive erklären wollten, konnten wir einzig auf das zurückgreifen, was uns bewusst zugänglich war. Wir wussten, was wir wussten, und fühlten, was wir fühlten. Freuds elegante Erklärung postulierte einen begrifflichen Raum, der sich uns nicht offenbart und in dem Irrationalität herrscht. Dieser Aspekt des Geistes unterliegt nicht den Einschränkungen der Rationalität wie etwa logischen Schlüssen, Ursache und Wirkung oder einem linearen Zeitablauf. Das Unbewusste ist die Erklärung dafür, warum angeblich rationale Menschen ein irrationales Leben führen.
    Kritiker erheben vielleicht Einwände gegen Freuds Vorstellungen davon, was alles im Unbewussten liegt – sexuelle und aggressive Triebe, Abwehrmechanismen, Konflikte, Phantasien, Affekte und Überzeugungen –, aber dass es existiert, leugnet niemand. Das Unbewusste ist heute ein Gemeinplatz. Wie sonst können wir erklären, dass wir durchs Leben stolpern, uns mit unseren Motiven unsicher sind und uns selbst nicht durchschauen? Ich frage mich, was nach Ansicht eines Behavioristen mitspielt, wenn er gerade dabei ist, sich zum dritten Mal von einer kurzsichtigen Rothaarigen scheiden zu lassen.
    Das Universum besteht zum größten Teil aus dunkler Materie. Wir können sie nicht sehen, aber sie übt eine gewaltige Gravitation aus. Der bewusste Geist ist ganz ähnlich wie der sichtbare Teil des Universums nur ein kleiner Bruchteil der mentalen Welt. Die größte psychische Schwerkraft geht von der dunklen Materie des Geistes aus, vom Unbewussten. Lassen wir die dunkle Materie des Universums außer Acht, tauchen Anomalien auf. Ignorieren wir die dunkle Materie des Geistes, ist unsere Irrationalität nicht zu erklären.

Alan Alda
»Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde … als Eure Schulweisheit sich träumen lässt.«    
    Schauspieler, Autor, Regisseur; Moderator der PBS -Sendung The Human Spark ; Autor von Things I Overheard While Talking to Myself
    Dies hört sich nicht nach einer Erklärung an, aber ich nehme es dafür. Für mich erklärt Hamlets Ermahnung die Verwirrung und Unsicherheit des Universums (und in letzter Zeit des Multiversums). Sie stürzt auf uns ein, wenn unsere Schulweisheit zu Anomalien führt – was immer geschieht. Sie beantwortet die unausgesprochene Frage »Warum, zum Teufel?« Mit jeder Tür, die wir zur Natur aufstoßen, rücken hundert neue Türen in den Blick, und jede davon hat ihr eigenes, undurchschaubares Kombinationsschloss. Es ist sowohl eine Erklärung als auch eine Herausforderung, denn es gibt immer noch mehr, was man wissen kann.
    Mir gefällt es, wie das alles endlos in sich selbst zurückläuft. Jedes Mal, wenn wir zwischen Himmel und Erde etwas Neues entdecken, wird es zu einem Teil unserer Schulweisheit, die irgendwann wiederum durch neue neue Dinge in Frage gestellt wird.
    Wie alle Erklärungen, so hat natürlich auch diese ihre Grenzen. Hamlet spricht sie aus, weil er Horatio drängen will, die Möglichkeit anzuerkennen, dass es Gespenster gibt. Ebenso könnte man sie nutzen, um den Glauben an UFO s, Astrologie oder sogar Gott zu stärken – als würde man sagen, die Existenz von irgendetwas sei schon dadurch bewiesen, dass man sie nicht widerlegen kann.
    Dennoch können wir mit der Formulierung weit kommen. Nicht als Taxi zum Ende des Denkens, sondern als Passierschein für die Erkundung. Am besten stellt man sich Hamlets Worte als
Sperrgetriebe
vor – ein Wort von irdischer Schönheit in Klang und Bedeutung: Mach weiter, aber behalte das, was funktioniert. Wir brauchen Einstein für GPS , aber zum Mond kommen wir immer noch mit Newton.

Rebecca Newberger Goldstein
Eine ungelöste (und deshalb unschöne) Reaktion auf die
Edge
-Frage
    Philosophin und Romanautorin; Franke Visiting Fellow, Whitney Humanities Center, Yale; Autorin von 36  Argumente für die Existenz Gottes: Roman (auch erschienen als Die seltsame Logik der Liebe
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