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Wie Fackeln im Sturm

Wie Fackeln im Sturm

Titel: Wie Fackeln im Sturm
Autoren: Lynsay Sands
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Schließlich sprach ich mit ihrem Vater, und wir kamen überein, dass ich sie zwei Wochen nach ihrem sechzehnten Geburtstag zur Frau nehmen würde. Genauso trug es sich später zu.“ Seine Hand glitt von Willas Kinn. „Dann zerstörte ich sie mit meiner Eifersucht“, fügte er verbittert hinzu.
    Willa verspürte einen Stich im Herzen, als sie den Schmerz und die tief empfundene Reue dieses Mannes wahrnahm. Sie wusste, dass er seit nunmehr zwanzig Jahren an schweren Schuldgefühlen litt. „Ich denke, dass nicht du allein für dieses ehrlose Benehmen verantwortlich bist. Wie es scheint, hat dich jemand dazu angestiftet.“
    „Mag sein, aber das ist keine Entschuldigung“, erwiderte er. Bei seinen nächsten Worten merkte Willa, dass ihr Vater sie falsch verstanden hatte. „Ich kann nicht begreifen, was ihre Zofe sich davon versprochen hat. Warum hat sie uns an diesem Tag beide belogen? Nun … vielmehr Juliana und Garrod“, verbesserte er sich.
    Willa biss sich auf die Unterlippe und überlegte, wie sie ihrem Vater erklären sollte, dass sie gar nicht die Zofe gemeint hatte. Da hellte sich die Miene ihres Vaters plötzlich auf. „Garrod! Ich kann es kaum abwarten, ihm mitzuteilen, dass ich dich wieder gefunden habe. Er wird sich gewiss sehr freuen.“
    „Das glaube ich nicht“, entgegnete Willa.
    „O doch, gewiss“, versicherte ihr Tristan D’Orland gutgläubig. „An dem Tag, als deine Mutter starb, waren meine Gedanken nur bei meiner verstorbenen Juliana. Doch je näher wir meiner Burg kamen, desto stärker wurde mein Wunsch, mein totes Kind neben seiner Mutter zu bestatten. Und plötzlich stutzte ich, weil mir einfiel, dass man mir auf Hillcrest nicht den Leichnam meines Kindes ausgehändigt hatte. Mit einem Mal beschlich mich das Gefühl, dass du gar nicht tot warst, wie Lord Richard behauptet hatte. Als ich darüber mit Garrod sprach, erklärte er sich bereit, für mich herauszufinden, ob mein Verdacht berechtigt war. Mehrere Wochen hielt er sich in der Nähe von Claymorgan auf, befragte Leute und versuchte herauszubekommen, ob ein gerade geborenes Kind irgendwo versteckt gehalten wurde. Doch alles, was er erfuhr, deutete darauf hin, dass du in der Tat gestorben warst. Er kehrte enttäuscht zurück. Ich glaube, er hatte sich gewünscht, dich in seinen Armen nach D’Orland Castle zu bringen. Er war tief betrübt, dich für immer verloren zu haben.“
    Willa wandte sich von ihm ab; es widerstrebte ihr, ihren Vater mit der harschen Wahrheit vertraut zu machen. „Was Garrod anbelangt …“
    „Ist das nicht eine rührende Szene?“ ließ sich eine gehässige Stimme von der Tür vernehmen.
    Bei diesem missgünstigen Tonfall wirbelte Willa erschrocken herum und sah sich einem hoch gewachsenen rothaarigen Mann gegenüber, der ein überaus abstoßendes Gesicht hatte. Ihr Vater bestätigte sie in ihrer Vermutung, als er freudig ausrief: „Da bist du ja, Garrod. Wir haben soeben von dir gesprochen.“
    „Das kann ich mir denken. Ich bin mir sicher, die kleine Willa konnte es kaum abwarten, dich aufzusuchen, um dir ihre Lügengeschichten aufzutischen.“ Er verzog den Mund zu einem bösen Lächeln. Dann schloss er die Tür und trat bedrohlich in die Mitte des Raums. „In all den Jahren hast du dich als Stachel in meinem Fleisch erwiesen, Willa“, setzte er mit unheilvollem Ton hinzu und musterte sie mit kalten Augen. „Ja, du bist wahrhaftig genauso schön wie Juliana. Kein Zweifel, dass sie deine Mutter war. Natürlich ist es ebenso augenfällig, wer dein Vater ist.“
    Willa trat vorsichtig näher an ihren Vater heran. Sie behielt Garrod im Auge – jenen Mann, den sie für all die Mordanschläge verantwortlich machte –, als sei er eine giftige Schlange.
    „Ich hatte wahrlich gehofft, dich noch vor deiner Ankunft hier zu töten, denn dann hätte ich es mir ersparen können, meinen eigenen Onkel zu ermorden“, verkündete er und zuckte schließlich die Schultern. „Vielleicht ist es aber auch besser so. Onkel Tristan lässt sich mit dem Ableben sehr viel Zeit. Ich hätte ja gerne ein wenig nachgeholfen, aber dazu hat er mir nie Gelegenheit gegeben. Wenn er gerade nicht in den Kampf zog, pflegte er sich hier am Hof aufzuhalten, während ich den Geschäften auf der Burg nachging. Diese Umstände machten einen glaubhaften Unfall sehr schwierig. Daher tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass er alsbald sein Leben in der Schlacht aushauchen würde. Wenn man den Berichten glauben darf, so ließ er kein
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