Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Fackeln im Sturm

Wie Fackeln im Sturm

Titel: Wie Fackeln im Sturm
Autoren: Lynsay Sands
Vom Netzwerk:
dich in deinem Gram selbst gerichtet.“ Er nickte. „Ja. So müsste es gehen. Immerhin habe ich schon vorgesorgt, indem ich dem König zuraunte, du seiest nicht mehr ganz richtig im Kopf. Und jetzt …“ Er hob sein Schwert. „Ich werde dir ein kurzes Ende bereiten, da ich dir einmal zugetan war, Onkel.“
    Was sich nun abspielte, geschah in Bruchteilen von Sekunden, und Willa wusste nicht recht, ob sie ihrer Wahrnehmung noch trauen durfte. Lord D’Orland warf sich schützend vor seine Tochter, als Garrod einen Satz nach vorn machte. Willa sah, dass ihr Vater sich auf den drohenden Hieb einstellte, bückte sich rasch und griff nach dem am Boden liegenden Schwert. Es gelang ihr, sich gerade noch rechtzeitig aufzurichten und die Klinge hochzureißen, um Garrods Schlag abzuwehren. Aber Garrod war kräftig. Willa schrie vor Schmerzen auf, als ihre Arme von dem heftigen Hieb vibrierten. Sie spürte, dass sie nicht mehr länger standhalten konnte, und daher neigten die gekreuzten Klingen sich bedrohlich ihrem Gesicht zu. Dann packte ihr Vater sie von hinten, ergriff den Schwertknauf und stärkte ihre Verteidigung. Einen Moment lang verharrten die drei in ihrem Kampf, als die Tür mit einem lauten Krachen aufflog. Ein wütender Aufschrei hallte von den Wänden wider.
    Willa fühlte, wie die Erleichterung sich in ihrem Leib breit machte, als sie über Garrods Schulter spähte und ihren Gemahl auf sich zukommen sah. Er wirkte furchtbar zornig, und einen kurzen Moment lang hatte Willa Mitleid mit Garrod. Im nächsten Augenblick riss Garrod sein Schwert fort und stellte sich dem herannahenden Hugh in den Weg. Er wollte gerade die Klinge heben, doch er war zu langsam. Hugh schlug ihn mit einem einzigen, harten Streich zu Boden, bevor Garrod überhaupt zu einem Hieb ausholen konnte.
    Finster starrte ihr Gemahl auf den Mann, dessen Blut den mit Binsen bedeckten Boden färbte, und richtete den Blick dann auf Willa und ihren Vater.
    Willa war heilfroh, ihren Gemahl zu sehen. Auch wenn er ihr seine Liebe nicht gestanden hatte. Sie ließ das Schwert fallen, entschlüpfte den Armen ihres Vaters und warf sich Hugh an den Hals.
    „Hugh!“ rief sie überglücklich. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und bedeckte sein starres Gesicht mit Küssen. Als er auch weiterhin regungslos stehen blieb, trat sie einen Schritt zurück und stellte fest, dass er ihren Vater argwöhnisch beäugte. „Was ist los? Oh“, sagte sie sogleich. „Hugh, dies ist mein Vater. Er hatte keine Ahnung, was Garrod im Schilde führte. Er hat meinen Tod nie gewünscht. Vater, dies ist mein Gemahl, Hugh Dulonget, der fünfte Earl of Hillcrest.“
    Sie strahlte den älteren Mann an, als er die Waffe senkte, mit der sie sich Augenblicke zuvor gegen Garrod zur Wehr gesetzt hatten. Dann legte sie den Kopf schief und schaute ihren Vater fragend an. Lord D’Orland blickte leicht verwirrt zu ihr herüber.
    „Du hast mir das Leben gerettet“, sagte er ehrfurchte voll.
    Willa errötete und schüttelte den Kopf. „Nein, mein Gemahl hat uns beide gerettet.“
    „Wohl wahr, aber zuerst hast du mich gerettet“, erwiderte ihr Vater.
    „Nun, ich habe es versucht, aber er war sehr stark.“ Mit gerunzelter Stirn wandte sie sich Hugh zu. „Ich glaube, Lucan hat sich bei den Schwertübungen zurückgehalten. Ich war nicht in der Lage, Garrods Schlag abzuwehren. Vater musste eingreifen, um unser beider Leben zu retten.“
    „Nein, du hast mich gerettet“, beharrte ihr Vater.
    „Du hast mich auch gerettet“, entgegnete Willa. „Und Hugh ist uns im richtigen Augenblick zu Hilfe geeilt.“
    „Aber zuerst hast du mich gerettet“, wiederholte Lord D’Orland.
    „Aber am Ende hat Hugh uns alle gerettet.“
    „Beim Allmächtigen! Hört auf der Stelle auf, euch zu streiten, wer hier wen gerettet hat, und haltet den Mund!“
    Willa versteifte sich bei dieser Zurechtweisung und bedachte den ungehobelten Mann, der sich soeben eingemischt hatte, mit einem finsteren Blick. Er stand auf der Türschwelle und hatte eine Menge Schaulustige um sich geschart, die einen Blick von den Vorgängen erhaschen wollten. Der Unbekannte war auffallend edel gekleidet, und Willa glaubte, noch nie in ihrem Leben so kostbare Stoffe gesehen zu haben. Ihr war sogleich bewusst, dass dieser Mann eine besondere Stellung bei Hofe innehatte. Doch sie kam zu dem Schluss, dass sein rüdes Benehmen sich nicht für diese Stellung geziemte. Sie wandte sich Hugh zu und piekste ihn mit dem Finger in den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher