Wie es dem Glück beliebt
Morgen vorgesprochen«, berichtete Mrs Summers fröhlich.
Der Ärger über ihren säumigen Cousin war sogleich vergessen. An seine Stelle trat ungestüme Erregung. Wie albern. Sie hatte doch nur wenige Worte mit dem Mann gesprochen, und das auch nur in halb bewusstlosen Zustand. Sie setzte ein desinteressiertes Gesicht auf.
»Tatsächlich?«
»Ja, er wollte sich nach deinem Wohlergehen erkundigen.«
Sophie nahm hastig einen Schluck Tee und erbleichte, als ihr klar wurde, dass sie nicht daran gedacht hatte, Milch und Zucker hinzuzufügen. »Nett von ihm«, murmelte sie.
»Er hat seine Karte dagelassen und erwähnt, dass er diesen Samstag auf dem Ball im Hause Calmaton sein werde«, fuhr Mrs Summers beiläufig fort. »Er würde sich freuen, dich dort zu treffen.«
Lord Calmaton, erinnerte Sophie sich, stand auf der Liste, die Mr Smith ihr gegeben hatte.
Sie löffelte hastig Zucker in ihre Tasse. »Die Freude ist ganz meinerseits. Ich würde mich gern für seine gestrige Hilfe bei ihm bedanken – und natürlich bei Lord Thurston.«
»Natürlich. Du solltest dich geschmeichelt fühlen, weißt du. Ich höre, Rockeforte geht nur sehr selten in Gesellschaft, oder zumindest in gute Gesellschaft. Er verbringt die Saison für gewöhnlich auf einem seiner Landsitze.«
»Ich verstehe nicht, was das mit mir zu tun hat.«
Mrs Summers kniff ihre klugen Augen zusammen. »Stell dich nicht dumm, Liebes. Ganz offensichtlich beabsichtigt er den Ball zu besuchen, um die Bekanntschaft mit dir vertiefen zu können.«
Sophie war hocherfreut, dass in genau diesem Moment ihr Frühstück kam. Sie griff nach einem Scone und biss so viel davon ab, wie es ihr möglich war, ohne dass es peinlich wurde oder sie daran erstickte. Mrs Summers stellte ihre Teetasse ab und wartete vielsagend auf eine Antwort. Und wartete … und wartete …
»Irgendwann, Sophie, wirst du hinunterschlucken müssen.«
Sophies Gestikulieren hätte alles Mögliche bedeuten können. Doch sie wusste, dass Mrs Summers recht hatte. Das Thema Rockeforte ließ sich nicht ewig vermeiden und gewiss nicht nur deshalb, weil es sie unerklärlich nervös machte. Und das Scone hatte inzwischen wirklich eine ziemlich unangenehme Konsistenz.
Sie schluckte hinunter.
Dann griff sie nach ihrer Teetasse.
Was kein Akt der Feigheit war. Sie hatte schließlich hineingebissen, ohne zuvor etwas Marmelade oder sogar ein wenig Butter darauf gegeben zu haben, und wenn Mrs Summers etwas anderes dachte, nun …
»Durstig, Liebes?«
Sophie merkte, dass sie gerade ihre ganze Teetasse leer getrunken hatte, ohne abzusetzen, und dass sie jetzt wenig attraktive Schlürfgeräusche machte. Sie stellte ihre Tasse beiseite.
»Sehr«, antwortete sie lahm.
»Wir haben gerade über den Herzog von Rockeforte gesprochen.«
»Wirklich?«
»Ja. Ich hatte gerade erklärt, dass Seine Gnaden sich vielleicht für dich interessieren könnte.«
Verdammt. Ausweichversuche hatten bei Mrs Summers noch nie viel gefruchtet. Sophie versuchte es stattdessen mit Logik. »Ich denke, Sie interpretieren zu viel in das Verhalten des Herzogs hinein«, wandte sie ein. »Er war lediglich höflich.«
»Ganz wie du meinst, Liebes.«
Oh, Sophie meinte es zwar, hielt es aber trotzdem für das Beste, das Thema zu wechseln. »Ich würde morgen gern zum Schneider gehen.«
Mrs Summers’ Augenbrauen zuckten in die Höhe. »Willst du ein neues Ballkleid, Liebes?«
»Nein! Ich meine, ja.« Sie funkelte ihre Gefährtin an. »Ich möchte mehrere neue Kleider haben, für verschiedene Anlässe.«
»Du hasst doch Anproben.«
»Ich weiß«, seufzte Sophie, »aber ich dachte, es sei vielleicht das Beste, sie hinter mich zu bringen. Die Erwartung von Unannehmlichkeiten ist oft schlimmer, als die Unannehmlichkeiten selbst es sind.«
Mrs Summers lächelte. »Gut, wir wollten dann wegen des Geldes bei den Anwälten deines Vaters vorbeischauen.«
»Was das betrifft …«
Wenn Sophie irgendein anderes Mädchen gewesen wäre, hätte Mrs Summers ihr niemals geglaubt, dass sie seit einiger Zeit einen Teil ihres Nadelgeldes gespart und Mittel im Voraus zu ihrem eigenen privaten Anwalt in London geschickt hatte. Doch nach zwei Jahrzehnten in Sophies Gesellschaft hätte nur wenig die welterfahrene Mrs Summers überrascht. Wenn Sophie ihr erzählt hätte, sie habe Geld unter einem Stein im Garten gefunden, hätte Mrs Summers nicht mit der Wimper gezuckt.
Die nächsten drei Tage verbrachten sie in einem Wirbel aus Anproben, Einkäufen
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