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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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sahen gut aus, als sie heute so nebeneinanderstanden. Lee mit seinem dunklen Haar und blitzenden braunen Augen, die er von seiner Mutter Victoria Gentry Coleman geerbt hatte, und Micah so blond wie alle Langstons.
    Da fiel Banners Blick auf den letzten Mann in der Bank. Ihm schenkte sie ihr strahlendstes Lächeln.
    Jake.
    Jake, den sie angebetet hatte, so weit ihre Erinnerung zurückreichte. Sie konnte sich an jeden seiner seltenen Besuche genau erinnern. Er schwenkte sie hoch über seinen Kopf, hielt sie dort oben fest und lächelte ihr ins Gesicht, bis sie strampelte und lachend um Gnade flehte und dabei aber hoffte, er würde sie nie wieder absetzen.
    Niemand war so hochgewachsen wie Jake. Niemand so stark. Niemand so blond. Niemand so verwegen. Niemand konnte die Schaukel höher stoßen. Und niemand erzählte bessere Gespenstergeschichten.
    Er war ihr Held gewesen, ihr Ritter in schimmernder Rüstung. Die glücklichsten Tage ihres Lebens hatte sie verbracht, wenn Jake nach River Bend kam, weil seine Gegenwart auch alle anderen glücklich machte. Ma, Lydia, Ross, Lee und Micah, auch der alte Moses vor seinem Tod freuten sich auf Jakes Besuche. Schlimm war nur, dass sie viel zu schnell endeten und viel zu unregelmäßig erfolgten.
    Als Banner älter und ihr klar wurde, wie selten er kam, überschattete der Gedanke an seine Abreise häufig bereits die Freude an seiner Gegenwart. Sie konnte seine Besuche nicht mehr aus vollem Herzen genießen, weil sie wusste, dass er bald wieder davonreiten und eine Ewigkeit vergehen würde, bevor sie ihn wiedersah.
    Deshalb brach heute Morgen beinahe ein Chaos aus, als Micah und Lee zum Frühstück ins Haus kamen und Lee verkündete: »Schaut mal, was wir heute Morgen schlafend in der Scheune gefunden haben!«
    Er schubste Jake durch die Hintertür herein. Sofort war Jake von lachenden, schwatzenden Leuten umgeben, die alle gleichzeitig redeten.
    »Jake!«
    »Mein Sohn!«
    »Verdammt noch mal!«
    »Ross, pass auf, was du sagst! Die Kinder.«
    »Warum hast du in der Scheune geschlafen?«
    »Mein Pferd hat ein Steinchen unter das Hufeisen bekommen, als wir gestern Nacht aus dem Zug stiegen.«
    »Wir sind auch mit dem Zug gefahren, Onkel Jake!«
    »Ja, und sie hatte Angst, ich aber nicht.«
    »Ich hatte keine Angst!«
    »Um wie viel Uhr bist du angekommen?«
    »Wo bist du hergekommen? Fort Worth?«
    »Ja, Fort Worth. Es war schon spät. Ich wollte niemanden stören.«
    »Als ob du das könntest!«
    Ma umarmte ihn, drückte ihn an sich und kniff die Augen zu, damit niemand sah, dass sie feucht waren. Dann hielt sie ihm eine Gardinenpredigt, wie dünn er sei. »Setz dich hin, und ich mache dir ein paar Brötchen und Soße fertig. Geben denn diese Rancher in West Virginia ihren Arbeitern nichts Vernünftiges zu essen? Ich habe schon Strumpfbandvipern gesehen, die waren dicker als du. Hast du dir die Hände gewaschen? Marynell, klapp das Buch zu und schenk deinem großen Bruder Kaffee ein. Anabeth, bring die Kleinen doch mal zur Ruhe. Die machen ja mehr Radau als eine Horde Affen.«
    An jedem von Jakes Beinen zerrte ein junger Drummond. Ein anderer hatte seinen Hut geschnappt und probierte ihn auf. Der Jüngste, der noch nicht laufen konnte, war zwischen seine Füße gekrabbelt und trommelte mit einem Löffel auf der Stiefelspitze herum. Anabeth ging um ihre Kinder herum, um ihren Bruder auf die Wange zu küssen, und murmelte ihm ins Ohr: »Ma war ganz krank vor Sorge um dich.« Nachdem sie diese vertrauliche schwesterliche Nachricht an den Mann gebracht hatte, hievte sie ihre Kinder von Jake weg und beförderte sie nach draußen; den Ältesten wies sie an, ein Auge auf das Baby zu haben.
    Lydia wurde von Jake mit offenen Armen empfangen und umarmte ihn. »Ich freue mich so, dass du kommen konntest. Wir hatten schon befürchtet, du würdest es nicht schaffen.«
    »Das wollte ich doch nicht verpassen«, sagte er und blickte mit seinen blauen Augen von einem geliebten Gesicht in das nächste. »Hallo, Ross«, sagte er und langte um Lydia herum, um Ross’ Hand zu schütteln. »Wie geht’s?«
    »Gut, gut. Und dir, Bubba?« Hin und wieder entschlüpfte ihm noch der alte Spitzname.
    »Mäßig bis heiter.«
    »Was macht der Job?«
    »Hab ihn gekündigt.«
    »Gekündigt?« Ma drehte sich mit einem Teller heißer Brötchen in der Hand zu ihm um.
    Jake zuckte die Achseln. Offensichtlich wollte er die festliche Stimmung nicht durch eine Diskussion über sein unstetes Leben dämpfen. »Ich musste
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