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Wie ein boser Traum

Wie ein boser Traum

Titel: Wie ein boser Traum
Autoren: Webb Debra
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Troy würde erst dann ruhen, wenn Clint nach seinen Maßstäben hinreichend bezahlt hätte. Wenn Ray ihn ein wenig zur Vernunft hätte
bringen könnte, wäre das schon ein großer Schritt gewesen, um den Ärger zu verringern.
    Um den Leuten zu entkommen, die noch immer draußen herumstanden, scheuchte Deputy Mike Caruthers die Rädelsführer in Lee Bradys Büro, allerdings nicht, ohne ihnen gleichzeitig deutlich ins Gewissen zu reden. Mit seinem roten Haar und den vielen Sommersprossen wirkte Mike zwar ziemlich harmlos, aber er war durchaus kein Kleinstadt-Deputy, der alles mit sich machen ließ. Ray zählte auf ihn mehr als auf jeden anderen sonst in der Abteilung. Sie waren seit der ersten Klasse beste Freunde, hatten zusammen den Schulabschluss gemacht und waren zur Polizei gegangen, um der Stadt zu dienen, die sie liebten. Auch Mike brachte keine Akzeptanz für diesen Aufstand auf. Er war genauso genervt von diesen Kerlen wie Ray und machte keinen Hehl daraus.
    Pine Bluff, eine malerische Stadt im Süden der USA, war überwiegend von gesetzestreuen Bürgern bewohnt. Das Leben in dem Ort verlief meist friedlich und unkompliziert. Es war ein Ort, dessen Bewohner einander beistanden, in guten wie in schlechten Zeiten. Das Problem war nur: Clint Austins Freilassung passte weder in die eine noch in die andere Kategorie. Als gottesfürchtige Leute gaben die Einwohner jedem eine zweite Chance, ein rechtschaffenes Leben zu führen. Doch jeder, der Austin die Hand entgegenstreckte, erhob faktisch die Hand gegen die Bakers. Aus ihrer Sicht würde Clint Austin immer ein Mörder bleiben. Nur die Zeit konnte das ändern, und das auch nur, wenn die Leute es zuließen.
    Leo Brady stellte sich neben Ray. »Chief, hoffentlich ist der Protest da draußen kein Vorgeschmack auf das, was uns noch alles blüht.«

    Ray wollte Brady beruhigen, denn er hatte ihn beauftragt, in diesem Fall als Bewährungshelfer zu fungieren, aber er konnte keine Garantien geben, vor allem nicht, wenn man Clints Einstellung bedachte. »Ich tu, was ich kann, Lee.«
    Troy Baker schlenderte als Letzter ins Büro, wobei Mike ihn schubste, und richtete seinen beträchtlichen Zorn gegen Ray. »Bist du etwa den ganzen Weg nach Holman gefahren, nur um diesen Drecksack von einem Mörder abzuholen?«
    Ray wappnete sich gegen die volle Breitseite des Sturms. Troy zu ermahnen, er solle sich gefälligst beruhigen, wäre sinnlos gewesen. »Ja, das bin ich. Ich habe es als meine Pflicht als Chief der hiesigen Polizei angesehen, Austin in die Stadt zurückzubegleiten und dafür zu sorgen, dass er begreift, was ich von ihm erwarte, jetzt, da er seine Strafe abgesessen hat.«
    »Ich fasse es nicht, dass du dich auf seine Seite schlägst«, brüllte Troy. Die Hände in die Hüften gestemmt, drehte er sich zu seinen Begleitern um. »Meine Schwester ist tot, und unser Polizeichef kümmert sich um das Wohlergehen ihres Mörders.«
    Der Blitz aus Grady Lassiters Fotoapparat zeigte an, dass dieser Augenblick auf Zelluloid festgehalten war. Lassiter, Mitbesitzer des Pine Bluff Sentinel, war sichtlich zufrieden, zugegen zu sein, um das ganze Drama für das Lokalblatt dokumentieren zu können. Morgen früh würden selbst die Leute, die erst nach der Gerichtsverhandlung nach Pine Bluff gezogen waren, alles über Clint Austin und den grauenhaften, in den Annalen der Stadtgeschichte einzigartigen Mordfall erfahren haben. Man würde sich auf die eine oder die andere Seite schlagen,
und die Einwohnerschaft wäre wieder einmal entzweit.
    Etwas weiter im Hintergrund standen Larry Medford, Perry Woods und Keith Turner, derselbe Turner, dessen Daddy der Polizei eine ganze Flotte brandneuer Einsatzfahrzeuge gespendet hatte, darunter zwei Allrad-Jeeps. Mit Ausnahme von Keith arbeiteten alle wie Troy in der Aluminiumfabrik, aber im Unterschied zu den anderen schien Keith die Ruhe zu bewahren. Das kam Ray ein wenig paradox vor, wenn man bedachte, dass Keith mehr Grund als die meisten hatte, erregt zu sein. Doch er hatte gelernt, die Fassung zu wahren, und zwar von dem Mann, der in der Stadt die Macht und das Sagen hatte: Granville Turner. Keiths lieber alter Daddy, dem das halbe County gehörte, war ein weiterer Bürger, der über Clints Entlassung gar nicht glücklich war. Ray war klar, dass er bald von Granville hören würde. Noch etwas, worauf er sich freute.
    »Ray«, sagte Keith mit der ganzen Selbstsicherheit, die er von seinem alten Herrn geerbt hatte, »wir wollen Austin nicht wieder
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