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Wie ein boser Traum

Wie ein boser Traum

Titel: Wie ein boser Traum
Autoren: Webb Debra
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Erlaubnis, so hatte man es ihm wie einem Hund beigebracht. Seine automatisch erfolgende Reaktion entfachte von Neuem die Wut tief in ihm. Verdammt noch mal, er brauchte niemandes Genehmigung, um sein Haus zu betreten.
    Er trat über die Schwelle, schlug die Tür mit dem Ellbogen hinter sich zu und spürte, wie ihn die Flut der Erinnerungen überkam. Das Haus roch immer noch nach ihr. Es fühlte sich an wie sie. Dieselben alten verschlissenen Möbel. Dieselben gerahmten Fotos, Schnappschüsse aus seinem Leben – soweit vorhanden. Er hatte die Schule mit Ach und Krach beendet, aber es war ihm egal. Seine Zukunft hatte vor ihm gelegen. Er hatte eine geile Karre, einen genialen Job gehabt, die Frauen bettelten um ein Date mit ihm, und die gesamte männliche Bevölkerung der Stadt hatte ihn beneidet. Das Leben war voller Verheißungen gewesen.
    Doch seine unbeschwerte Überheblichkeit hatte ihn jäh verlassen, als er eines Nachts im Gefängnis mit dem Gesicht nach unten auf einem kalten Betonfußboden lag.
    Er schob die Erinnerungen beiseite, ging zum Kamin und nahm die Spieluhr aus Porzellan in die Hand, die zwischen dem anderen billigen Krempel auf dem Kaminsims stand. Mit siebzehn hatte Clint seinen ersten anständig bezahlten Job bekommen. Sylvester Fairgate hatte
ihm fünfzig Mäuse gegeben, damit er einem Drecksack, der ihm Geld schuldete, eine Nachricht überbrachte. Das war der Anfang von Clints Ruf als harter Kerl und seiner wenig legalen Karriere gewesen. Niemand konnte es damals glauben, dass er nach Decatur fuhr, in Frank Dennisons Fernsehreparaturgeschäft hineinspazierte, das als Fassade für ein illegales Wettbüro diente, und die von Fairgate ausgesprochene Warnung übermittelte.
    Jede Menge Mumm, aber nicht halb so viel Intelligenz.
    Anschließend war Clint geradewegs zum Geschenkladen gegangen und hatte die Spieluhr gekauft. Er hatte seine Mama vor dem großen Schaufenster mit Kitsch stehen und das Porzellangesicht einer rothaarigen Schönheit in fließendem Kleid, die auf einem winzigen Flügel spielte, bewundern gesehen. Seine Mama hatte beim Überreichen des Geschenks geweint und darauf bestanden, dass er es zurückgab. Er hatte sich geweigert. Sie hatte dann noch ein wenig geweint, bis sie sein Geschenk schließlich angenommen und ihm immer wieder gedankt hatte. Die alberne Spieluhr hatte ihr enorm viel bedeutet.
    Die von ihm begangenen Fehler hatten sie verletzt. Vielleicht noch mehr als die seines nichtsnutzigen Daddys. Der Mistkerl war abgehauen, als Clint vier Jahre alt war. Noch ein Pech-gehabt-Kapitel im Leben des Clint Austin.
    Er spazierte durchs Haus, innerlich unruhig und auf der Hut. Bei etwas mehr Cleverness wäre er überallhin gefahren, nur nicht hierhin. Aber niemand hatte ihm jemals vorgeworfen, eine Intelligenzbestie zu sein.
    Er schob die Tür zu seinem Zimmer auf und wunderte
sich kurz. Seine Mutter hatte penibel alles wieder genauso hingestellt, wie es gewesen war, bevor die Polizei auf der vergeblichen Suche nach Beweisen das ganze Haus auseinandergenommen hatte.
    Hass durchströmte ihn. Er war am falschen Ort zur falschen Zeit gewesen. Die Bullen hatten nichts gegen ihn in der Hand – außer schlechtes Timing, Dummheit und die Zeugenaussage einer Person.
    Emily Wallace.
    Er nahm sein Senior-Jahrbuch zur Hand, das immer noch an prominenter Stelle auf der Kommode stand. Wie oft seine Mutter wohl darin geblättert und sich glücklichere Zeiten herbeigesehnt haben mochte. Auf der Seite mit den Cheerleadern hielt er inne. Da war sie, lächelnd neben ihrer besten Freundin Heather Baker.
    Damals hatte er Emily für das hübscheste Mädchen gehalten, das er je gesehen hatte. Egal, mit wie vielen Mädchen er ausgegangen war, sie war es, die er sich allabendlich im Bett, in den letzten Minuten vor dem Einschlafen, vorgestellt hatte. Aber sie war eine Nummer zu groß für ihn gewesen, ein braves Mädchen aus einer wohlhabenden Familie.
    Lange dunkle Haare, große braune Augen. Er hatte sie irrsinnig begehrt.
    Laut Bezirksstaatsanwalt sei dieses Verlangen das Hauptmotiv seiner Tat gewesen. Clint sei wie besessen von Emily gewesen und habe beschlossen, dass niemand sie haben sollte, wenn schon er nicht. Es sei aber nicht Emily gewesen, die in jener Nacht in ihrem Bett geschlafen hatte, und als er seinen Fehler erkannt habe, sei es zu spät gewesen. So sei Heather tödlich verletzt worden. So weit die Version der Ereignisse des Staatsanwalts, und
dabei war er geblieben, bis zu den
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