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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm
Autoren: Mary Jo Putney
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Protektion. Sie würde ihn sehr vermissen, doch selbst die Einsamkeit würde eine Art Erleichterung mit sich bringen; sie beide kannten sich zu gut, als daß sich Maggie in seiner Gegenwart neu erfinden könnte.
    Sie hob den Kopf und legte ihr Kinn auf eine Faust, während sie sich im Spiegel betrachtete. Ihre hohen Wangenknochen halfen ihr, die Ungarin überzeugend darzustellen, und sie sprach die Sprache gut genug, daß niemand je Zweifel an ihrer magyarischen Nationalität gehabt hatte. Aber wie würde Rafe Whitbourne sie nach all den Jahren sehen?
    Ein bitteres Lächeln huschte über ihre Lippen - Lippen, denen mindestens elf schlechte Gedichte gewidmet waren. Offenbar konnte der Mann doch noch Gefühle in ihr erzeugen, wenn es auch nur Eitelkeit war. Sie musterte ihr Spiegelbild kritisch.
    Maggie hatte ihr Aussehen niemals besonders großartig gefunden, denn ihrem Gesicht fehlte die klassische Zurückhaltung wahrer Schönheit. Ihre Wangenknochen waren zu hoch, ihr Mund zu groß und ihre Augen waren es ebenfalls.
    Doch wenigstens sah sie nun ein wenig anders aus als mit achtzehn Jahren. Ihr Teint war immer schon makellos gewesen, und Reiten und Tanzen hatten ihren Körper in Form gehalten. Obwohl ihre Kurven voller geworden waren, hatte sich noch kein Mann darüber beschwert. Sicher, ihr Haar war dunkler geworden, doch statt zu einem stumpfen Braun zu werden, wie blondes Haar es oft tat, hatte es nun die Farbe reifenden, goldenen Weizens. Sie fand, daß sie im ganzen betrachtet besser aussah als zu der Zeit, als Rafe und sie verlobt gewesen waren.
    Es war verführerisch, ihn sich als fett und glatzköpfig vorzustellen, aber dieser verfluchte Kerl hatte immer schon zu den Personen gehört, deren Aussehen sich mit zunehmendem Alter verbesserte. Seine Persönlichkeit war eine ganz andere Sache. Selbst mit einundzwanzig war er nicht frei von der Arroganz seines Standes und Reichtums gewesen, und die vergangenen Jahren hatten dies sicher nur verstärkt. Wahrscheinlich war er inzwischen unerträglich.
    Als sie sich wieder dem Ankleiden zuwandte, sagte sie sich, daß es bestimmt amüsant werden würde, seine Selbstgefälligkeit zu reizen. Doch sie konnte nichts gegen das unangenehme Gefühl tun, daß sie einen gewaltigen Fehler beging, ihn zu treffen.
    *

    Der Duke of Candover war seit 1803 nicht mehr in Paris gewesen, und vieles hatte sich in der Stadt verändert.
    Doch selbst in der Niederlage war Frankreichs Hauptstadt immer noch das Zentrum Europas. Vier wichtige Herrscher und unzählige mindere Monarchen waren gekommen, um zusammenzutragen, was sie aus dem Wrack von Napoleons Reich noch herausholen konnten. Die Preußen wollten Rache, die Russen wollten mehr Gebiete, die Österreicher hofften, den Kalender zum Jahre 1789 zu-rückblättern zu können, und die Franzosen wollten den massiven Repressalien nach Napoleons wahnsinnigen und blutigen Hundert Tagen entgehen.
    Die Briten versuchten wie üblich, vor allem fair zu sein.
    Es war, als wollte man versuchen, Kampfhunde zu einem vernünftigen Gespräch zu bringen.
    Trotz der Anzahl der Herrscher war mit »König« immer Ludwig XVIII. gemeint, jener alternde Bourbone, dessen unsichere Hand Frankreichs Zepter hielt, während »Kaiser« stets Bonaparte bedeutete. Selbst in seiner Abwesenheit warf letzterer einen längeren Schatten als jeder andere anwesende Mensch.
    Rafe mietete sich Zimmer in einem luxuriösen Hotel, dessen Name sich in den vergangenen drei Monaten dreimal geändert hatte, womit es die unterschiedlichen politischen Strömungen widerspiegelte. Nun hieß es Hotel de la Paix, da der Frieden ein Aspekt war, den die meisten Parteien für annehmbar hielten.
    Er hatte gerade noch Zeit, sich zu baden und anzuziehen, bevor er zu dem österreichischen Ball gehen würde, wo Lucien das Treffen mit der mysteriösen Maggie arrangiert hatte. Rafe zog sich mit Sorgfalt an, da er den Vorschlag seines Freundes, die Lady zu bezaubern, noch sehr gut im Kopf hatte. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, daß er mit aufrichtigem Interesse und einem liebenswürdigen Lächeln fast alles von einer Frau haben konnte. Nicht selten boten ihm die Damen sehr viel mehr, als er ursprünglich gewollt hatte.
    Von Kopf bis Fuß ganz der Duke, ging er also zum Ball, der eine glitzernde Versammlung der Berühmten und Be-rüchtigten Europas war. Unter den Gästen waren nicht nur alle wichtigen Monarchen und Diplomaten, sondern auch Hunderte Lords, Ladys, Flittchen und Schlitzohren, die stets
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