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Wie der Vater so der Tod

Wie der Vater so der Tod

Titel: Wie der Vater so der Tod
Autoren: Tracy Bilen
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ist.« Mom nimmt einige Ritz Bits und reicht mir die Schachtel.
    »Sie weiß nicht, dass Ramón ihr Stalker ist? Na, so was. Und das Apartment? Wie hat er ihr erklärt, dass sie keine Bilder haben?« Ich schiebe mir ein paar Cracker in den Mund.
    »Er meinte, ein Feuer sei ausgebrochen.« Mom schüttelt den Kopf.
    »Hm. Das würde erklären, warum sie kaum Möbel haben.«
    Ich frage mich, ob wir das ebenfalls sagen werden, wenn wir mit unseren Taschen am Ziel unserer Reise eintreffen.

2
Dienstag
    Zweite Stunde. Sport. Ich hoffe, dass in meiner neuen Schule Sport nicht zu den Pflichtfächern gehört. Ich hasse alle Arten von organisiertem Sport. Warum sind wir nicht einfach gestern Abend losgefahren? Oder heute Morgen? Die Turnhalle riecht nach Kreide, aber wenigstens nicht nach Schweiß. Das ist ein bisschen besser, wenn auch nicht viel. Ich versuche, nicht zu tief zu atmen.
    Heute steht Volleyball auf dem Programm. Am meisten verabscheue ich den Bagger – ich finde es einfach nicht richtig, den Ball mit den Armen zu spielen. Wenn ich ihn nicht mit den Händen berühren kann, will ich mit dem blöden Ding überhaupt nichts zu tun haben.
    Der Ball kommt geradewegs auf mich zu. Großartig. Dann denke ich daran, wie mein Vater Mom tritt, und diesmal schmettere ich den Ball übers Netz. Niemand rechnet mit mehr als einem kümmerlichen Schlag. Die meisten schwatzen miteinander, als sie den Ball in meine Richtung fliegen sehen, unter ihnen auch Jessica Hamilton. Er trifft sie direkt auf der Nase, und Blut läuft.
    »Wer war das?«
    »Etwa Sara?«
    Ich gestehe meine Schuld, während ich auf Jessica zulaufe und ihr ein zerknittertes Papiertaschentuch anbiete. »Tut mir wirklich leid, Jessica.«
    Sie zischt etwas. Ich weiß nicht, ob es »Schon gut« heißen soll oder »Ich hasse dich«. Hoffentlich nicht Letzteres. Ich mag es ganz und gar nicht, wenn jemand sauer auf mich ist.
    Wir machen fünf Minuten Pause, während Mrs. Koster Jessica und Stephanie zur Krankenschwester bringt. Jessica wegen der Nase und Jessica, weil sie beim Anblick des Bluts ohnmächtig wurde. Mir macht Blut nichts aus. Ich bin daran gewöhnt. Leider lässt uns Mrs. Koster weiterspielen, als sie schließlich zurückkehrt.
    Üblicherweise schlägt die gegnerische Mannschaft den Ball zu mir, weil ich ihn meistens absichtlich falsch annehme. Aber diesmal bin ich wie durchgeknallt, feuere jeden Ball zurück und erziele Punkte für unsere Mannschaft – wir gewinnen mit einem Vorsprung von sechzehn Punkten.
    »He, Sara, gutes Spiel!«, sagt Jamie. »Du solltest festes Mannschaftsmitglied werden.« Ich stelle mir vor, wie die nächste Sportstunde abliefe, wenn ich dann noch hier wäre. Ich als erste Wahl, und die Mannschaftskapitänin völlig durchgedreht. Und womöglich eine Neuauflage jenes Kickballspiels in der dritten Klasse, nach dem Tag, als es mir gelungen war, drei Flyballs hintereinander zu fangen. Es war eine echte Katastrophe. Ich habe alle enttäuscht, vor allem mich selbst. Kurzversion: An normalen Tagen bin ich eine Niete.
    Englisch haben wir im zweiten Stock, im alten Teil des Gebäudes. Dort gefällt es mir – es ist wie eine Rückkehr in alte Zeiten. Bei der Bestückung mit Whiteboards im übrigen Gebäude sparte man die sechs Räume im zweiten Stock aus. Wegen Geldmangels, könnte man meinen, aber ich bin sicher, dass es einen anderen Grund gab. Vermutlich wollte sich Mrs. Monroe nicht von ihrer schwarzen Tafel trennen. Mrs. Monroe steht auf Kreide.
    Der Holzboden knarrt, wenn die Schüler hereinkommen und ihre Plätze einnehmen. Mrs. Monroes schwere Absätze pochen, wenn sie durchs Klassenzimmer geht und die Fenster öffnet, um frische Luft hereinzulassen. Mrs. Monroe gibt sich gern streng. Ich hatte sie auch im letzten Jahr, und zu Halloween verkleidete sie sich sogar als Hexe, weil das, so meint sie, ihrer Persönlichkeit entspricht. Dann verteilte sie Schokolade und gab uns keine Hausaufgaben auf.
    Das Schreibthema steht an der Tafel. Die ersten zehn Minuten des Englischunterrichts verbringen wir immer damit, über etwas zu schreiben. Mich nervt das meistens, weil ich nicht schnell schreibe. Ich quäle mich mit jedem Wort, obwohl ich weiß, dass Vollständigkeit wichtig ist und nur Mrs. Monroe den Text liest.
    Heute lautet das Thema: Eine Person, die ich bewundere . Ich weiß nicht, ob es am Thema liegt oder daran, dass ich nie hierher zurückkehren werde, aber ich lasse alles aus mir heraus. Als mir die Idee kommt, fühle ich ein
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