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Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Titel: Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe
Autoren: Die Gabe
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hinunter. Etwas Klassisches ertönte aus den Lautsprechern.
    »Was ist das?«
    »Die vier Jahreszeiten. Vivaldi.«
    »Ich kenne nur Valli«, sagte Alan und unterdrückte sein Lächeln. »Frankie Valli. Der Sänger der Four Seasons. Aber die klingen ganz anders.«
    Sie lachte, und ihm gefiel der Klang.
    Und dann sagte sie leise in verführerischem Ton: »Wissen Sie, Doktor, heute Abend kann ich Sie nicht bezahlen. Ich bin knapp bei Kasse. Wollen Sie anstelle des Geldes etwas anderes?«
    Alan hatte das erwartet. »Sicher. Ich nehme auch Gold. Oder Juwelen.«
    Sie schnalzte enttäuscht mit den Fingern. »Wie wäre es stattdessen mit einem Drink?«
    »Nein danke.«
    »Kaffee? Tee?«
    »Nein, wirklich …«
    »Mich?«
    »Dann nehme ich doch lieber den Kaffee!«
    Ihre blauen Augen blitzten, als sie lachte. »Touch6!«
    »Sie haben es nicht anders gewollt, meine Dame.«
    Er fragte sich, ob sie schon immer so war oder ob dies ein Charakterzug war, den sie erst nach dem Tod ihres Mannes kultiviert hatte. Und er fragte sich auch, was sie tun würde, wenn er sie jemals mit einem ihrer Angebote beim Wort nehmen würde.
    Was an ihr war echt, und was war nur Show? Er wusste es nicht. Meistens war er überzeugt, dass sie ihn auf den Arm nahm, aber da war auch ihr fragwürdiger Ruf und ein Gefühl, dass sie es tatsächlich ernst meinen könnte.
    »Ach übrigens«, sagte sie schnell, als er seine Hand auf den Türgriff legte. »Samstagabend findet hier ein zwangloses Treffen statt. Warum kommen Sie und Ihre Frau – Virginia – nicht wahr …?«
    »Ginny.«
    »Warum kommen Sie beide nicht auch? Es ist nichts Besonderes. Nur einige Freunde – ich bin sicher, einige davon kennen Sie auch – und ein paar Politiker. Aber niemand wirklich Wichtiges.«
    »Politiker?«
    Sie lächelte ihr schelmisches Lächeln. »Es hat sich herumgesprochen, dass ich schon mal einen Kandidaten, der mich überzeugt, finanziell unterstütze. Also, was sagen Sie dazu?«
    Alan durchkämmte hastig seinen Verstand nach einer überzeugenden Ausrede, aber ihm fiel nichts ein. Also blieb er unbestimmt. »Ich weiß nicht, Sylvia. Die Einladung kommt sehr kurzfristig, und ich weiß nicht, was Ginny für das Wochenende geplant hat. Aber ich werde es Sie morgen wissen lassen.«
    Alan öffnete die Tür.
    »Müssen Sie wirklich gehen?«, fragte sie plötzlich ernst.
    »Ja, ich muss.« Und schnell.
    Sie zuckte die Schultern. »Na gut. Ich sehe Sie morgen, denke ich.«
    »Ja.«
    Und dann war er zur Tür hinaus und an der frischen Luft und auf dem Weg zum Wagen. Er sah sich nicht um, atmete nicht einmal, bis er die Auffahrt hinunter zurückgesetzt hatte und durch das Tor war. Keinen Moment zu früh, dachte er, als er tief ausatmete und sich bequem im Sitz zurücksetzte. Wie diese Frau auf ihn wirkte …
    Während das Intro von Little Richards »Keep a-knocking« aus den Lautsprechern schallte, gab er Gas und fuhr nach Hause.
    »Du wirst niemals erraten, wo ich heute Abend war«, sagte Alan, als er das Schlafzimmer betrat.
    Auf dem Heimweg hatte er sich eine Lösung für das Problem mit der Party überlegt: Er würde Ginny von der Einladung erzählen. Sie würde Nein sagen, und damit war die Sache erledigt. Sie würde nie zu einer Party von Sylvia gehen. Schließlich hatte Sylvia einen schlechten Ruf und niemand aus Ginnys Clique würde da sein, sie hätte also niemanden, mit dem sie reden könnte. Alan konnte Ginny die Entscheidung überlassen. Ganz einfach.
    Seine Frau saß mit geschlossenen Augen aufrecht im Bett, ein Buch auf dem Schoß. Sie öffnete die Augen und sah auf. Sie trug nun schon seit sechs Wochen diese getönten Kontaktlinsen, aber Alan hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt. Ohne Kontaktlinsen war sie eine gut aussehende blauäugige Blondine, eine groß gewachsene attraktive Frau mit kurz geschnittenen Locken. Auf alle Fälle einen zweiten Blick wert. Aber mit diesen Kontaktlinsen war sie absolut umwerfend. Ihre Augen hatten ein aufsehenerregendes Grün, das die Aufmerksamkeit auf sich zog und festhielt.
    Und mit diesen Augen sah sie ihn nun an. Ihre langen Beine, schlank und muskulös, weil sie das ganze Jahr über Tennis spielte und Golf, solange das Wetter es erlaubte, glitten aus dem Morgenmantel, als sie sich streckte und gähnte. Sie wirkte nur beiläufig interessiert.
    »In der Notaufnahme, sagtest du.«
    »Ja, da war ich auch. Aber auf dem Heimweg habe ich noch einen Hausbesuch gemacht.«
    »Du hättest besser Dermatologe werden sollen … da
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