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Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Titel: Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe
Autoren: Die Gabe
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Englisch zu schreiben, eine weitere Bedingung für die Einbürgerung.
    Das Bellen von Polyphem änderte sich plötzlich. Es war lauter und klang ganz anders. Etwa so wie vorhin, als er Dr. Bulmer angekündigt hatte.
    Ba glitt vom Stuhl und tapste zur Fensterbank, auf der der Hund mit beiden Vorderpfoten stand und in die Nacht hinausbellte.
    Im Laufe der Jahre hatte Ba gelernt, dass man Polyphem nicht unterschätzen sollte. Er war zwar manchmal eine Plage, weil er bei jedem vorbeifahrenden Auto oder verirrten Kaninchen anschlug. Trotzdem hatte Ba festgestellt, dass man sich auf die scharfen Ohren und die Nase des alten Hundes verlassen konnte, und sein verbliebenes Auge schien den Verlust des zweiten Auges dadurch zu kompensieren, dass es doppelt so gut sehen konnte.
    Zusammen mit dem Hund duckte er sich am Fenster und spähte in den Hof. Nichts zu sehen. Polyphem leckte ihm durch das Gesicht und bellte wieder.
    Als Ba aufstand und seinen Overall überzog, überlegte er, ob das wohl der gleiche Bursche sein mochte, den er vor drei Nächten bereits einmal verjagt hatte. Es war ganz leicht gewesen: Er hatte ihn nur aus der Deckung eines Busches heraus angesprochen und sich dann gezeigt. Das hatte den Möchtegern-Dieb so erschreckt, dass er in seiner Eile zu fliehen über die eigenen Füße gestolpert war. Ba ging davon aus, dass die meisten dieser Gelegenheitsdiebe darauf bedacht waren, jede Konfrontation zu vermeiden. Sie wollten unbemerkt einbrechen, alles Wertvolle, was sie tragen konnten, einsacken und sich dann ungesehen in die Nacht davonschleichen.
    Aber Ba wusste auch, dass das nicht immer so sein musste. Unter den Schakalen konnten sich auch einige Wölfe verstecken. Aber auch mit denen ließ sich leicht fertig werden, wenn man auf sie vorbereitet war.
    Er kniete vor seiner Kommode und zog die unterste Schublade auf. Unter den sorgfältig gefalteten Arbeitshosen lagen eine geladene automatische Armeepistole und ein Bajonett. Die Berührung der Waffen löste eine Flut von Erinnerungen an seine Heimat aus und welche Dienste sie ihm geleistet hatten auf der langen Reise von seinem Dorf über das Südchinesische Meer. Gegen den Wind und die Strömungen zu kämpfen war hart genug, aber es gab auch noch die zusätzliche Gefahr durch Piraten, die Beutezüge unternahmen, an Bord gingen, die Flüchtlinge ausraubten, die Frauen vergewaltigten und jeden, der sich ihnen widersetzte, töteten. Ba erinnerte sich an die nagende Angst beim ersten Mal, als sie sein kleines Boot überfallen hatten: die Angst, dass es zu viele wären, dass sie ihn überwältigen könnten und dass er Nhung Thi und seine Freunde enttäuschen würde. Aber er hatte ihrem Angriff standgehalten und mit einer Wildheit gekämpft, von der er nicht im Traum gedacht hatte, dass er sie besitzen würde. Er hatte jede ihm bekannte Kampftechnik angewandt und neue erfunden. Die Amerikaner hatten ihm beigebracht zu kämpfen, und mehr als nur ein überraschter Pirat wurden zum Futter für die Haie, die sich angewöhnt hatten, Bas Boot zu folgen.
    Und so wie er damals seine Familie, seine Freunde und die Bewohner seines Dorfes beschützt hatte, würde Ba jetzt auch die Missus und den Jungen beschützen. Sie waren alles, was er auf der Welt hatte. Nhung Thi war tot, sein Dorf gab es nicht mehr und seine Freunde waren entweder tot oder über ganz Amerika verstreut. Er stand bei der Missus in großer Schuld. Sie hatte ihm und seiner kranken Nhung Thi geholfen, als ihm das Leben hoffnungslos wie nie zuvor erschienen war. Ba würde ihr das niemals vergessen. Sie glaubte zwar immer noch, dass sie sich um Ba kümmerte, aber er wusste, dass es umgekehrt war. Solange er noch einen Atemzug im Leib hatte, würde nichts und niemand seiner Missus und dem Jungen ein Haar krümmen.
    Ba nahm das Bajonett und zog es aus der Scheide. Die Klinge war dunkel und matt bis auf den schmalen, matt glänzenden Streifen, wo er sie messerscharf geschliffen hatte. Dieser alte, lautlose Freund würde ausreichen, wenn es darauf ankäme. Die Pistole war dazu nicht zu gebrauchen. Schließlich ging es darum, in den Hof zu gehen, damit die Missus und der Junge nicht gestört wurden.
    Er zog eine dunkle Jacke über, ließ die nackte Klinge durch eine Schlaufe in seinem Overall gleiten und langte nach dem Türgriff. Polyphem war blitzschnell da, die Nase an der Türspalte, und knurrte.
    Ba kniete sich neben das Tier.
    »Du würdest auch für sie sterben, nicht wahr?«, fragte er im Dialekt seines
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