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Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Titel: Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe
Autoren: Die Gabe
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denn?«
    »Bald.«
    »Sie werden sich ganz bald eine Lungenentzündung holen.«
    Alan sagte nur: »Jeffy.«
    »Dann denken Sie beim nächsten Mal an mich, wenn Sie in einem Auto sitzen und jemanden völlig durchnässt im Regen stehen sehen.«
    »Ja«, sagte Alan und schloss die Tür.
    Nachdem der Wagen davongesaust war, quälte sich Alan den Straßendamm zur darüber liegenden Straße hoch und wandte sich gen Norden.
    Es war nicht mehr weit. Er war müde, aber er wusste, sobald er Jeffy erreicht hatte, konnte er sehr, sehr lange ausruhen.
     
    Wo war Ba?
    Sylvia schritt in der Bibliothek, die nur vom Schein einiger im Raum verteilter Kerzen erleuchtet wurde, auf und ab. Es gab keinen Strom, das Telefon war tot, und die Flut würde bald einsetzen. Es war jetzt 21:45 Uhr. Noch eine Stunde bis zur Flut.
    Ein unfreiwilliger Angstschrei entfuhr Sylvia, als ein weißer Blitz den Raum erleuchtete und ein Donnerschlag das ganze Haus erschütterte.
    Würde dieser Sturm denn niemals aufhören?
    Obwohl es sinnlos war, gegen die Natur zu wettern, empfand Sylvia es als wohltuend. Es bot ein Ventil für ihre Anspannung. Und es war besser, als über die bevorstehende Entscheidung nachzudenken.
    Falls Ba Alan gefunden hatte und ihn fernhalten konnte, bis die Stunde des Dat-tay-vao verstrichen war, dann konnte sie sich in Sicherheit wiegen. Aber wenn Alan immer noch auf dem Weg hierher war …
    Wenn sie es nur wüsste! Wenn Ba doch nur anrufen würde!
    Ich versuche, mich zu drücken.
    Sie musste eine Entscheidung treffen. Falls sie nach diesem Albtraum jemals wieder in einen Spiegel sehen wollte, musste sie ins kalte Wasser springen und selbst eine Entscheidung treffen, statt darauf zu hoffen, dass jemand anderes eine Entscheidung für sie traf.
    Sie setzte zu einem Seufzer an, aber heraus kam ein Schluchzen. Sie biss sich auf die Lippe, um die Tränen zurückzuhalten. Es gab nur eine Wahl.
    Sie musste Alan aufhalten.
    Oh Gott, wie sehr sie sich danach sehnte, dass Jeffy eine Chance bekam, ein normaler kleiner Junge zu sein. Aber der Preis … der Preis.
    Wie konnte sie es zulassen, dass Alan in seinem angeschlagenen Zustand weiteren Schaden riskierte, vielleicht sogar seinen Tod, auf die Möglichkeit hin, dass er Jeffys Autismus heilen könnte. Bisher hatte das Dat-tay-vao nur körperliche Erkrankungen geheilt. Wer wusste, ob es Jeffy überhaupt helfen würde?
    Und wenn es wirkte, war das nicht die beängstigendste Aussicht von allem?
    In diesem Moment wurde ihr plötzlich mit Grausen bewusst, dass sie nicht so sehr um Alan besorgt war, sondern eher um Jeffy und um sich. Was war, wenn Jeffy plötzlich geheilt und ein gesundes, normales Kind war ? Was für ein Kind würde er sein? Was war, wenn er sie nicht leiden könnte? Oder noch schlimmer – was, wenn sie ihn nicht mochte? Ein schrecklicher Gedanke. Es war fast besser, wenn er so bleiben würde und sie ihn wie bisher lieben könnte, als mit dem Unbekannten konfrontiert zu werden.
    Sie hatte also einen Entschluss gefasst: Wenn Alan käme, würde sie ihn aufhalten, auch wenn es bedeuten würde, ihn gewaltsam von Jeffy fernzuhalten.
    Sie hätte sich erleichtert fühlen müssen, jetzt, wo sie endlich eine Entscheidung gefällt hatte. Warum war sie dann so niedergeschlagen?
    Sie nahm die Taschenlampe und rannte nach oben, um nach Jeffy zu sehen. Sie fand ihn trotz des Sturmes friedlich schlafend. Sie saß an seiner Bettkante und strich über sein lockiges, von der Sonne gebleichtes Haar.
    Eine Träne rollte ihre Wange hinunter, und sie spürte, wie ihr Entschluss schwächer wurde, aber dann holte sie tief Luft und hielt den Atem an, bis es schmerzte. Dann atmete sie langsam wieder aus.
    »Dein Tag wird kommen, kleiner Mann«, flüsterte sie und küsste seine sommersprossige Stirn.
    Dann ging sie wieder nach unten, um auf Alan zu warten.
     
    Durch die Hektik um sich herum kam Ba wieder zu sich. Blitzende Alarmbalken glühten verschwommen durch den Schleier, der wie Gelee auf seinen Augen lag. Als er blinzelte und allmählich besser sehen konnte, erblickte er einige Meter vor sich ein Schild Notaufnahme. Von unten hörte er Gerassel und spürte ein Rucken. Jäh wurde ihm bewusst, dass er sich auf einer Krankentrage befand, die aus einer Ambulanz herausgezogen worden war, und dass die Räder gerade eingerastet waren. Er versuchte sich aufzusetzen, aber über seine Brust waren Gurte geschnallt. Die Anstrengung verursachte einen brennenden Schmerz, der seinen Nacken hochraste und in
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