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Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Titel: Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
Autoren: Sylvie Wolff
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mitgekommen und nickte mir zu.
    „Andere hingegen kennen mich als Yvonne Becker, mehr oder weniger erfolglose Supermarktkassiererin und alleinerziehende Mutter einer wundervollen Tochter.“ Wie süß, Svenja wurde bei diesen Worten glatt rot und verkroch sich hinter Sascha. „Ach ja, und seit einigen Wochen bin ich überraschend auch noch Oma. Mit 35 Jahren. Eine Oma im Minirock sozusagen.“
    Das Gemurmel wurde lauter, Kameras surrten. Irgendwo in meinem Rücken spürte ich Ingos Wärme und lieh mir seine Kraft.
    „Falls ich Sie, liebe Leserinnen von PEPITA, durch den Kunstgriff einer falschen Identität verletzt haben sollte, tut mir das aufrichtig leid und ich entschuldige mich dafür. Es lag nicht in meiner Absicht, Sie zu kränken. Aber vielleicht gehören Sie ja auch zu denen, die sich manchmal wünschen, jemand anderes zu sein als der, der Sie sind. Etwas auszuprobieren, nur um herauszufinden, ob mehr in einem steckt als man denkt.“
    Ingos Hände rutschten auf meine Schultern und hielten mich.
    „Falls Sie in meinem Leserbrief einen Hoffnungsschimmer für Ihr eigenes Lebensglück gesehen haben, dann lassen Sie sich sagen, dass Thea von Grünberg auch mir Mut gemacht hat, das Leben nicht länger dem Schicksal zu überlassen sondern selbst in die Hand zu nehmen.“
    Jemand applaudierte und zögernd fielen die ersten ein.
    „Nicht alles, was Sie in den letzten Wochen über mich gehört oder gelesen haben, war erfunden: Mein Mann ist wirklich mein Mann, obwohl wir längst nicht mehr verheiratet sind, und auch im wirklichen Leben bin ich Mutter, auch wenn eine jugendliche Tochter samt Freund und Baby meine Wohnung teilen und keine quirligen achtjährigen Zwillinge. Das wunderschöne Haus aus der Reportage gehört nicht mir, sondern meiner Mutter, die sich freundlicherweise vorübergehend als Schwiegermutter zur Verfügung gestellt hat.“ Erstaunlich, wie leicht auf einmal alles war. „Auch die Soziologin ist nicht gelogen, nur ein wenig geschummelt: Ich musste das Studium vorzeitig abbrechen, um mir und meiner Familie in dieser wundervollen Stadt ein Zuhause zu schaffen mit allem, was dazu gehört.“
    Der Beifall wurde lauter und ich konnte sehen, dass Lotta kräftig mitmischte.
    „Wenn Sie, liebe Leserinnen, in Thea von Grünberg eine Hochstaplerin sehen, muss ich mich fügen. Aber für mich war sie vorübergehend eine gute Freundin, die mir gezeigt hat, wie ich aus der Mühle der berufstätigen und allein erziehenden Mutter heraus finden kann. Wieso sollte es in dieser Gesellschaft so schwierig sein, fragte sie, sich für Kinder, Beruf oder beides gleichzeitig zu entscheiden, wenn man das so will? Aber es musste erst die studierte Soziologin und Powerfrau mit Adelstitel kommen, die alles konnte, was ich mir nie zugetraut hätte. Was ich als Nur-Frau nicht versucht hätte, weil das dazugehörige Selbstvertrauen fehlt. An Theas Seite habe ich erkannt, was wirklich zählt: Wir selbst entscheiden, ob wir etwas erreichen oder nicht – und nicht die anderen.“
    Danke für die Nachhilfe, Anni.
    Gern geschehen.
    „Vielleicht noch ein Hinweis in eigener Sache: Ich bin zwar nicht unsportlich, habe aber noch nie in meinem Leben einen Marathon-Lauf bestritten oder darauf trainiert. Mit Hilfe meiner Familie und eines wirklich guten Freundes habe ich diesen Lauf heute dennoch durchgestanden und zu Ende gebracht, und das sogar in einer passablen Zeit. Auch das ist indirekt der Verdienst von Thea von Grünberg und ihrem Motto: Du kannst alles, was du willst, schließlich bist du eine Frau!“
    So, jetzt war die Katze aus dem Sack und die faulen Tomaten konnten kommen. Aber sie flogen nicht. Stattdessen klatschten die Menschen, hier und da riefen sie sogar „Bravo!“ Und es waren nicht nur Frauen.
    Ich öffnete die Augen und entdeckte Andrea, der mich erst wie ein Kalb mit offenem Mund anstarrte und dann zu lachen begann. Erst leise, dann immer lauter, bis schließlich sein Team und dann auch die Reporter einfielen. „Was für eine Geschichte!“, rief er und applaudierte mit. „Was für eine Frau!“
     
    „ Dottoressa Thea von Grünberg – incredibile, unmöglich! Da haben Sie mich aber ganz schön an der Nase herumgeführt“, sagte er später, als der Trubel sich gelegt hatte und wir ein wenig Ruhe hinter dem Sanitätszelt gefunden hatten. „Und das passiert ausgerechnet mir!“
    „Und? Verärgert?“, fragte ich und spielte mit meinen Fingernägeln.
    „ Mai, niemals! Warum auch? Für die Auflage ist
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