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Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Titel: Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
Autoren: Sylvie Wolff
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fühlen konnte, weil einfach etwas fehlte. Es sei denn, man war 15 Jahre alt wie Svenja und wartete verliebt auf Nachricht von Dauerfreund Sascha. Die dann auch prompt kam, per SMS und nicht wie früher als Blume oder zartrosa Briefchen.
    Da saß meine Süße, als könne sie kein Wässerchen trüben, mit frisch gefärbten Haaren (diesmal in Magenta-Rot) und genauso frisch lackierten Fingernägeln (Schwarz!) auf dem Kuschelsofa und blätterte den Anzeigenteil der Zeitung durch.
    „Haushaltshilfe für Seniorenehepaar in Heißen gesucht – wäre das nicht was für dich, Mama?“, fragte sie unschuldig.
    Ich verschluckte mich am Kaffee und musste husten, was meine Tochter offenbar nicht beeindruckte: „Oder das hier: Freundliche Bedienung für Biergarten gesucht, vorwiegend an Wochenenden und Feiertagen – klingt doch nach Geld!“
    „Und sturmfreier Bude für dich und Sascha“, konterte ich. „Und überhaupt: Warum soll ich mir einen dritten Job suchen? Mit den Kassenschichten bei KESKO und den Thekenabenden im Fitness-Studio ist mein Soll wirklich erfüllt; wenn Robert endlich Unterhalt zahlen würde, wären wir auch aus den roten Zahlen raus. Und falls dir dein Budget nicht reicht: Frau Sanders aus der zweiten Etage fragt, ob du  ihre Flurwoche übernehmen könntest, bringt einen Fünfer die Woche. Wenn du dich geschickt anstellst, lässt sich das bestimmt ausweiten.“
    „Putzen? Nein danke, da gebe ich lieber weiter Nachhilfe.“
    „Was ist an Putzfrau verkehrt?“
    Svenja lief rot an. „Jetzt fang nicht wieder damit an, Mama! Wer sagt denn immer, dass ich auch andere Freunde als Sascha treffen soll? Wie soll ich da bitteschön auch noch arbeiten?“
    „Ich wüsste da schon noch die eine oder andere Stunde, die man sinnvoller verbringen könnte als mit Musik hören oder knutschen.“
    „Lass Sascha da raus, Mama. Halt dich lieber an meinen Erzeuger.“ Genervt verdrehte Svenja die Augen und sah ihrem Vater dabei ähnlicher, als ihr lieb wäre. „Wenn der sich endlich richtige Arbeit suchen würde statt auf Schauspieler zu machen, wären wir nicht chronisch klamm und keiner müsste arbeiten.“
    Versuche nie, mit einen Teenager zu diskutieren!
    Die Türklingel rettete mich. Ich hielt meine Kaffeetasse hoch und gurrte: „Gehst du?“
    Doch Svenja schüttelte den Kopf. „Kann nicht, der Nagellack ist noch nicht trocken. Es sei denn, du magst schwarze Flecken auf den Möbeln ...“
    Ich schluckte die Antwort herunter und machte mich auf zur Tür.
    „Tag, Frau Grünberg-Becker“, flötete der Briefträger und hielt mir einen Stapel Briefe entgegen.
    Vorsichtig, als könnte der obenauf liegende Umschlag plötzlich explodieren, nahm ich den Stapel entgegen.
    „Handgeschriebene Briefe bekommt sonst nur meine Tochter“, versicherte ich, nickte dem Briefträger noch einmal zu und ging zurück in die Küche. Die anderen Briefe, einen amtlich wirkenden Umschlag in grauem Umweltpapier sowie mehrere verdächtig nach Rechnung aussehenden Schreiben, legte ich achtlos beiseite und starrte auf die Überraschung.
    Sie war Rosa !
    Welche alleinerziehende Frau bekommt schon rosafarbene Briefe, noch dazu am Valentinstag?
    Eilig ging ich die Flirts der letzten Woche durch, öffnete das rosa Geheimnis und starrte belämmert auf zwei hochglanzbedruckte Flyer. ‚ Hotel Aurora ‘ stand in goldener Schnörkelschrift darauf. Und: Herzlichen Glückwunsch zum Unabhängigkeitstag.
    Unabhängigkeitstag?
    Falk! So etwas konnte nur meinem letzten Ex einfallen. Ich flitzte zum Kalender und blätterte zurück. Tatsächlich: 14. August, Trennungstag! Vor genau einem halben Jahr hatte ich mich nach kurzer, aber heftiger Affäre von meinem damaligen Chef, dem erfolgreichen Rechtsanwalt Dr. Falk Wunderland, getrennt. Wie konnte ich das nur vergessen? Wo Svenja mir diese Trennung bis heute vorwarf, war Falk doch der einzige meiner bisherigen Lebensabschnittsbegleiter, der mit Geld nicht knauserig umging. Und der Fantasie hatte, wie ich zugeben musste: Hotel Aurora!
    Ich riss mich von der Erinnerung an den großen, schlanken Mann mit maßgeschneiderten Sakkos und heller werdendem Haar los. Was hatte er nur, dass ich immer wieder an ihn denken musste? Obwohl es wirklich genug Gründe gegeben hatte, mich von ihm zu trennen!
    Ich setzte mich an den Schreibtisch und griff nach den Flyern. Auf der Rückseite des einen entdeckte ich ein mit einer rosa (!) Büroklammer befestigtes babyblaues Blatt Papier. Und wurde prompt rot. Wie konnte er
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