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Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi

Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi

Titel: Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
Autoren: Jobst Schlennstedt
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er behauptet hätte, es würde ihm etwas ausmachen.
    Er nahm einen kleinen Schluck Wein und ließ ihn im Mundraum kreisen. Gar nicht so schlecht, dachte er. Er nahm einen weiteren Schluck. Diesmal einen größeren. So als hätte er ein frisch gezapftes Bier in der Hand.
    Ehe er es sich versah, war nicht nur sein Glas, sondern auch das von Kathrin ausgetrunken. Er stand unschlüssig vor dem Weinzelt und ließ seinen Blick erneut durch die Massen schweifen. Irgendwo in dem Gewühl erkannte er Kathrins Gesicht. Sie lachte ausgelassen und umarmte ihre Freundinnen. Silke und Heike. Auch Martina, Kathrins pummelige Singlefreundin, war inzwischen da.
    Stahlhut war genervt von dem Trubel, stellte die Gläser zurück auf den Tresen und wanderte ziellos um den Weinstand herum. Er hatte mit einem Mal das dringende Bedürfnis nach einem Bier. Aber gab es während des Hoeker-Fests überhaupt einen Bierstand auf dem Gänsemarkt? Auf der Rückseite des Standes steuerte er einen metallenen Mülleimer an und kletterte hinauf. Da er mit seinen eins fünfundsiebzig zu den kleineren Männern gehörte, musste er sich eben anderweitig helfen, um sich einen Überblick zu verschaffen.
    Plötzlich spürte er, dass ihm der Riesling in den Kopf gestiegen war. Er hatte Probleme, das Gleichgewicht zu halten. Sein durchtrainierter Körper schien für einen Moment lang außer Kontrolle zu geraten. Um ein Haar wäre er auf den harten Steinboden gefallen.
    Mühevoll balancierte er aus und fand schließlich eine Position, in der er sich sicher fühlte. Der Blick auf die Menschenmassen ließ das Schwindelgefühl jedoch sofort wieder zurückkehren. Von überall her strömten Stimmengewirr, laute Musik und der Geruch von Wein und Gegrilltem auf ihn ein.
    Er schloss für einen Moment die Augen und stellte sich vor, mit einem vollen Bierglas in der Hand davonzuschweben, während die Geräuschkulisse unter ihm allmählich immer leiser wurde.
    Sein Tagtraum wurde jäh von einem lauten Frauenschrei unterbrochen. Vom anderen Ende des Marktplatzes, dort, wo der Gänsemarkt in die Radewiger Straße überging, nahm Stahlhut Unruhe wahr. Einige Menschen liefen auseinander, andere drängten sich um einen Stand herum, über dem das markante Logo der heimischen Westfalenbräu-Brauerei prangte. Aufgeregte Stimmen klangen zu ihm herüber. Hoffentlich keine Schlägerei unter Jugendlichen, dachte er. Das war das Letzte, worauf er heute Abend – an seinem freien Abend – Lust hatte. Trotzdem musste er seiner Pflicht als Kriminalbeamter nachgehen und überprüfen, was der Grund für die plötzliche Hektik war. Stahlhut sprang von dem Mülleimer hinunter und kämpfte sich unter Einsatz seiner Ellenbogen durch die Menge.
    »Schatz, da bist du ja. Hast du mir einen Wein mitgebr…?«
    »Jetzt nicht.« Stahlhut drängte sich an Kathrin vorbei. Das dumpfe Raunen, das über den Köpfen der Menschen auf dem Gänsemarkt hing, beunruhigte ihn. Er musste nachsehen, was geschehen war.
    Je näher er dem Bierstand und der Menschentraube, die sich mittlerweile versammelt hatte, kam, desto stärker wurde sein Unbehagen. Er arbeitete sich an den Leuten vorbei, die regungslos in einem Halbkreis vor dem Bierstand verharrten. Die Hektik, die eben noch geherrscht hatte, war mit einem Mal verflogen. Eine sonderbare Stille umgab die Menschen um ihn herum. Stille, die sich Stahlhut so sehr herbeigesehnt hatte. Doch in diesem Augenblick wirkte sie alles andere als wohltuend.
    »Würden Sie mich bitte durchlassen!« Stahlhut legte die letzten Meter bis zum Tresen des fahrbaren Verkaufsstands energisch zurück. »Was ist denn passiert?«
    »Sind Sie zufälligerweise Arzt?«, rief jemand besorgt.
    »Nein, ich bin Poliz…« Stahlhut stockte. »Ach du Scheiße!« Hinter dem Tresen kauerten mehrere Menschen auf dem Boden und versuchten verzweifelt, einen jungen Mann zu reanimieren. Gelblicher Schaum hatte sich um die Lippen des Jungen gesammelt. Seine Augen waren weit aufgerissen, die Augäpfel hervorgetreten.
    »Hat jemand einen Krankenwagen gerufen?«, rief Stahlhut. Er hoffte, dass seine Worte nicht nur hoffnungsloser Aktionismus waren. Vielleicht würde die Hilfe noch rechtzeitig kommen. »Was ist denn überhaupt passiert?« Er sah in die Gesichter der verunsicherten Menschen, die um ihn herumstanden.
    Eine Antwort blieb aus. Stattdessen brach neben ihm eine Frau in Tränen aus. Noch immer massierten hinter der Theke zwei Männer das Herz des Jungen. Stahlhut stemmte sich am Tresen hoch und
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