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West-östlicher Divan (German Edition)

West-östlicher Divan (German Edition)

Titel: West-östlicher Divan (German Edition)
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Gemütsruhe
    übers Niederträchtige
Niemand sich beklage!
Denn es ist das Mächtige,
Was man dir auch sage.
    In dem Schlechten waltet es
Sich zu Hochgewinne,
Und mit Rechtem schaltet es
Ganz nach seinem Sinne.
    Wandrer!—Gegen solche Not
Wolltest du dich sträuben?
Wirbelwind und trocknen Kot,
Laß sie drehn und stäuben!
    Wer wird von der Welt verlangen
    Wer wird von der Welt verlangen,
Was sie selbst vermißt und träumet,
Rückwärts oder seitwärts blickend,
Stets den Tag des Tags versäumt?
Ihr Bemühn, ihr guter Wille
Hinkt nur nach dem raschen Leben,
Und was du vor Jahren brauchtest,
Möchte sie dir heute geben.
    Sich selbst zu loben, ist ein Fehler
    Sich selbst zu loben, ist ein Fehler,
Doch jeder tut's, der etwas Gutes tut;
Und ist er dann in Worten kein Verhehler,
Das Gute bleibt doch immer gut.
    Laßt doch, ihr Narren, doch die Freude
Dem Weisen, der sich weise hält,
Daß er, ein Narr wie ihr, vergeude
Den abgeschmackten Dank der Welt.
    Glaubst du denn: von Mund zu Ohr
    Glaubst du denn: von Mund zu Ohr
Sei ein redlicher Gewinnst?
überliefrung, o du Tor,
Ist auch wohl ein Hirngespinst.
    Nun geht erst das Urteil an:
Dich vermag aus Glaubensketten
Der Verstand allein zu retten,
Dem du schon Verzicht getan.
    Und wer franzet oder britet
    Und wer franzet oder britet,
Italienert oder teutschet,
Einer will nur wie der andre,
Was die Eigenliebe heischet.
    Denn es ist kein Anerkennen,
Weder vieler, noch des einen,
Wenn es nicht am Tage fördert,
Wo man selbst was möchte scheinen.
    Morgen habe denn das Rechte
Seine Freunde wohlgesinnet,
Wenn nur heute noch das Schlechte
Vollen Platz und Gunst gewinnet.
    Wer nicht von dreitausend Jahren
Sich weiß Rechenschaft zu geben,
Bleib im Dunkeln unerfahren,
Mag von Tag zu Tage leben.
    Sonst, wenn man den heiligen Koran zitierte
    Sonst, wenn man den heiligen Koran zitierte,
Nannte man die Sure, den Vers dazu,
Und jeder Moslim, wie sich's gebührte,
Fühlte sein Gewissen in Respekt und Ruh.
    Die neuen Derwische wissen's nicht besser,
Sie schwatzen das Alte, das Neue dazu;
Die Verwirrung wird täglich größer,
O heiliger Koran! O ewige Ruh'!
    Der Prophet spricht
    ärgerts jemand, daß es Gott gefallen,
Mahomet zu gönnen Schutz und Glück,
An den stärksten Balken seiner Hallen,
Da befestig' er den derben Strick,
Knüpfe sich daran! Das hält und trägt.
Er wird fühlen, daß sein Zorn sich legt.
    Timur spricht
    Was? Ihr mißbilliget den kräftgen Sturm
Des übermuts, verlogne Pfaffen?
Hätt Allah mich bestimmt zum Wurm,
So hätt' er mich als Wurm geschaffen.
    Buch der Sprüche
    Hikmet Nameh: Buch der Sprüche
    Talismane werd ich in dem Buch zerstreuen;
Das bewirkt ein Gleichgewicht.
Wer mit gläubger Nadel sticht,
überall soll gutes Wort ihn freuen,.
    Vom heutgen Tag, von heutger Nacht
Verlange nichts,
Als was die gestrigen gebracht.
    Wer geboren in bös'sten Tagen,
Dem werden selbst die bösen behagen.
    Wie etwas sei leicht,
Weiß, der es erfunden und der es erreicht.
    Das Meer flutet immer,
Das Land behält es nimmer.
    Was wird mir jede Stunde so bang?—
Das Leben ist kurz, der Tag ist lang.
Und immer sehnt sich fort das Herz,
Ich weiß nicht recht, ob himmelwärts;
Fort aber will es hin und hin,
Und möchte vor sich selber fliehn.
Und fliegt es an der Liebsten Brust,
Da ruht's im Himmel unbewußt.
Des Lebens Strudel reißt es fort,
Und immer hängt's an einem Ort,
Was es gewollt, was es verlor,
Es bleibt zuletzt sein eigner Tor.
    Prüft das Geschick dich, weiß es wohl warum:
Es wünschte dich enthaltsam! Folge stumm!
    Noch ist es Tag; da rühre sich der Mann!
Die Nacht tritt ein, wo niemand wirken kann.
    Was machst du an der Welt? Sie ist schon gemacht.
Der Herr der Schöpfung hat alles bedacht,
Dein Los ist gefallen, verfolge die Weise,
Der Weg ist begonnen, vollende die Reise.
Denn Sorgen und Kummer verändern es nicht,
Sie schleudern dich ewig aus gleichem Gewicht.
    Wenn der Schwergedrückte klagt,
Hilfe, Hoffnung sei versagt,
Bleibet heilsam fort und fort
Immer noch ein freundlich Wort.
    "Wie ungeschickt habt ihr euch benommen,
Da euch das Glück ins Haus gekommen!"
Das Mädchen hat's nicht übel genommen
Und ist noch ein paarmal wieder gekommen.
    Mein Erbteil wie herrlich, weit und breit!
Die Zeit ist mein Besitz, mein Acker ist die Zeit.
    Gutes tu rein aus des Guten Liebe!
Das überliefre deinem Blut.
Und wenn's den Kindern nicht verbliebe,
Den Enkeln kommt es doch zu gut.
    Enweri sagt's, ein Herrlichster der Männer,
Des tiefsten Herzens, höchsten Hauptes
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