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West-östlicher Divan (German Edition)

West-östlicher Divan (German Edition)

Titel: West-östlicher Divan (German Edition)
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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entadeln.
Lebt man denn, wenn andre leben?
    Und so fand ich's denn auch juste
In gewissen Antichambern,
Wo man nicht zu sondern wußte
Mäusedreck von Koriandern.
    Das Gewesne wollte hassen
Solche rüstge neue Besen,
Diese dann, nicht gelten lassen,
Was sonst Besen war gewesen.
    Und wo sich die Völker trennen,
Gegenseitig im Verachten,
Keins von beiden wird bekennen,
Daß sie nach demselben trachten.
    Und das grobe Selbstempfinden
Haben Leute hart gescholten,
Die am wenigsten verwinden,
Wenn die andern was gegolten.
    Befindet sich einer heiter und gut
    Befindet sich einer heiter und gut,
Gleich will ihn der Nachbar peingen;
Solang der Tüchtige lebt und tut,
Möchten sie ihn gerne steingen.
Ist er hinterher aber tot,
Gleich sammeln sie große Spenden,
Zu Ehren seiner Lebensnot
Ein Denkmal zu vollenden.
Doch ihren Vorteil sollte dann
Die Menge wohl ermessen:
Gescheiter wär's, den guten Mann
Auf immerdar vergessen.
    übermacht, ihr könnt es spüren
    übermacht, ihr könnt es spüren,
Ist nicht aus der Welt zu bannen;
Mir gefällt zu konvergieren
Mit Gescheiten, mit Tyrannen.
    Da die dummen Eingeengten
Immerfort am stärksten pochten,
Und die Halben, die Beschränkten
Gar zu gern uns unterjochten,
    Hab ich mich für frei erkläret
Von den Narren, von den Weisen;
Diese bleiben ungestöret,
Jene möchten sich zerreißen;
    Denken, in Gewalt und Liebe
Müßten wir zuletzt uns gatten,
Machen mir die Sonne trübe
Und erhitzen mir den Schatten.
    Hafis auch und Ulrich Hutten
Mußten ganz bestimmt sich rüsten
Gegen braun und blaue Kutten:
Meine gehn wie andre Christen.
    "Aber nenn uns doch die Feinde!"
Niemand soll sie unterscheiden;
Denn ich hab in der Gemeinde
Schon genug daran zu leiden.
    Wenn du auf dem Guten ruhst
    Wenn du auf dem Guten ruhst,
Nimmer werd ich's tadeln;
Wenn du gar das Gute tust,
Sieh, das soll dich adeln!
Hast du aber deinen Zaun
Um dein Gut gezogen,
Leb ich frei und lebe traun
Keineswegs betrogen.
    Denn die Menschen, sie sind gut,
Würden besser bleiben,
Sollte nicht, wie's einer tut,
Auch der andre treiben.
Auf dem Weg, da ist's ein Wort,
Niemand wird's verdammen:
"Wollen wir an einen Ort,
Nun wir gehn zusammen!"
    Vieles wird sich da und hie
Uns entgegenstellen:
In der Liebe mag man nie
Helfer und Gesellen;
Geld und Ehre hätte man
Gern allein zur Spende;
Und der Wein, der treue Mann,
Der entzweit am Ende.
    Hat doch über solches Zeug
Hafis auch gesprochen,
über manchen dummen Streich
Sich den Kopf zerbrochen;
Und ich seh nicht, was es frommt,
Aus der Welt zu laufen,
Magst du, wenn das Schlimmste kommt,
Auch einmal dich raufen!
    Als wenn das auf Namen ruhte
    Als wenn das auf Namen ruhte,
Was sich schweigend nur entfaltet!
Lieb ich doch das schöne Gute,
Wie es sich aus Gott gestaltet!
    Jemand lieb ich, das ist nötig.
Niemand haß ich; soll ich hassen,
Auch dazu bin ich erbötig,
Hasse gleich in ganzen Massen.
    Willst sie aber näher kennen?
Sieh aufs Rechte, sieh aufs Schlechte:
Was sie ganz fürtrefflich nennen,
Ist wahrscheinlich nicht das Rechte.
    Denn das Rechte zu ergreifen,
Muß man aus dem Grunde leben,
Und salbadrisch auszuschweifen,
Dünket mich ein seicht Bestreben.
    Wohl, Herr Knitterer, er kann sich
Mit Zersplitterer vereinen,
Und Verwitterer alsdann sich
Allenfalls der Beste scheinen!
    Daß nur immer in Erneuung
Jeder täglich Neues höre,
Und zugleich auch die Zerstreuung
Jeden in sich selbst zerstöre!
    Dies der Landsmann wünscht und liebet
Mag er Deutsch, mag Teutsch sich schreiben,
Liedchen aber heimlich piepet:
Also war es und wird bleiben.
    Medschnun
    Medschnun heißt—ich will nicht sagen,
Daß es grad ein Toller heiße,
Doch ihr müßt mich nicht verklagen,
Daß ich mich als Medschnun preise.
    Wenn die Brust, die redlich volle,
Sich entladet, euch zu retten,
Ruft ihr nicht: "Das ist der Tolle!
Holet Stricke, schaffet Ketten!"
    Und wenn ihr zuletzt in Fesseln
Seht die Klügeren verschmachten,
Sengt es euch wie Feuernesseln,
Das vergebens zu betrachten.
    Hab ich euch denn je geraten,
Wie ihr Kriege führen solltet?
Schalt ich euch, nach euren Taten,
Wenn ihr Friede schließen wolltet?
    Und so hab ich auch den Fischer
Ruhig sehen Netze werfen,
Brauchte dem gewandten Tischer
Winkelmaß nicht einzuschärfen.
    Aber ihr wollt besser wissen,
Was ich weiß, der ich bedachte,
Was Natur, für mich beflissen,
Schon zu meinem Eigen machte.
    Fühlt ihr euch dergleichen Stärke?
Nun, so fördert eure Sachen!
Seht ihr aber meine Werke,
Lernet erst: so wollt er's machen!
    Wanderers
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