Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Werther, der Werwolf - Roman

Titel: Werther, der Werwolf - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
verzeihen, doch dieses nicht, dies niemals! Ich, ein Mensch, habe getötet: in vollem Bewußtsein meinerTat beging ich die düsterste der sieben Sünden, ich wollte töten, meine Zähne an seinem Hals spüren, sein Blut schmecken, wollte ihn hinsinken sehn und seinen Schrei ersticken. SeinAuge war starr auf mich, den nacktenWerther, gerichtet, seinAuge brach, da war er tot, und ich hab es verschuldet!
    Ahnst Du, weißt Du jetzt, weshalb ich ohneAufschub handeln mußte, handeln muß, ehe derVollmond vergangen. Dies ist die Nacht, die mir vorhergesagt, wie anders sind die Ereignisse der Nacht jedoch verlaufen. Nicht hoffen darf ich aufzuerstehn, ein Neuer zu werden, nicht nach dieserTat.Alles muß sich wandeln. Ich hatte nicht sehen können, auf welcheWeise – nun weiß ich es, damit genug. Erbarm Dich meiner, bete für mich, ich will’s vollenden. Sei umarmt und meiner Liebe gewiß,
    Werther

Der Herausgeber an den Leser.
    Lotte verfiel in eineWehmut, die sie niederringen wollte, die jedoch um so ängstlicher ward, als sie ihreTränen zu verschlucken suchte. Die Erscheinung vonWerthers Knaben, den er mit dem Zettel ausgeschickt, setzte Lotte inVerlegenheit, mehr noch, in tiefstes Mißtrauen. Sie wußte sich nicht anders zu helfen, als den Zettel ihremVater zu reichen. Der Förster las ihn, wandte sich gelassen zurTochter und sagte: Gut, daß er reisen will, der feine junge Mann hat letztens doch viel Unruhe ins Haus gebracht. Ich weiß nicht, Lotte, ob dir’s aufgefallen, aber mir schien beinahe,Werther wäre in dich verliebt. Der Förster wartete nicht, ob dieTochter ihm antworte, übersah, daß ihr die Röte ins Gesicht schoß und im nächsten Moment jedes Blut die schönenWangen verließ; totenbleich fragte sie, wie dem SchreibenWerthers zu antworten sei.
    – Gib ihm die Pistolen, sagte derVater, er hat sie einmal schon geliehen, warum sollen diesmal wir sie verweigern? Ich lasse ihm glückliche Reise wünschen, sagte er zu dem Jungen.
    Das Wort fiel auf Lotte wie Donnerschlag, schwankend stand sie auf, langsam ging sie nach der Wand, nahm zitternd das Kurzgewehr herunter, putzte den Staub ab, zauderte und hätte noch gezögert, wenn nicht der Förster durch einen fragenden Blick sie gedrängt hätte. Sie gab das unglückliche Werkzeug dem Knaben ohne ein Wort, und als der zum Haus hinaus war, packte sie ihre Stickerei, lief auf ihr Zimmer, im Zustand der unaussprechlichsten Ungewißheit. Ihr Herz weissagte ihr alle Schrecknisse, bis auf das eine: daß sie keinen Verlobten mehr besaß, daß er gemeuchelt im Walde lag, und daß ihr tierischer Freund ihn umgebracht, ihr heimlicher Geliebter, der nackt in seiner Hütte saß, Briefe schrieb und fiebernd der Rückkehr des Jungen harrte.
    Bald sah sich Lotte im Begriff, sich zu den Füßen ihresVerlobten zu werfen, den sie noch im Hause wähnte! und ihm alles zu beichten, was er bereits, und schlimmer als Lotte wissen konnte, erfahren. Dann wieder sah sie keinenAusgang darin, daß sie bekannte.Am wenigsten konnte sie hoffen, ihrenVerlobten zu einem Gang zuWerthern zu überreden, woAlbert nach LottensWunsch eine unselige Handhabung der Pistolen verhindern sollte.Ach, hätte sie gewußt, daß ihrVerlobter seinerseits das Schießhandwerk hatte ausprobieren wollen, und wie blutig er daran gehindert worden!
    DerTisch ward gedeckt, eine gute Freundin, die nur etwas zu fragen kam und gleich wieder gehen wollte, blieb, machte die Unterhaltung beiTisch erträglich; Lotte redete, hörte Erzählungen und vergaß dabei, was zu verhindern dringend geboten war.
    Der Knabe aber lief mit den Pistolen zuWerthern, der sie ihm mit Entzücken abnahm, als er hörte, Lotte selbst habe sie ihm ausgehändigt.Werther aß Brot, trankWein und setzte sich erneut, zu schreiben.

Nach eilfe.
    Ich habe zum letzten Mal Feld undWald und den Himmel gesehen. Meine Sache in Ordnung zu bringen, bin ich bereit, und Gottes Segen erfleh ich für meinen Bußgang. Leb wohl,Albert, ich habe dir übel mitgespielt, habe den Frieden deines Hauses gestört, habe Mißtrauen zwischen euch gebracht, und hab die Kehle dir zerbissen, ach!Albert, vergibst du mir? Lebe wohl, ich muß es büßen. O daß Lotte glücklich werde durch meinenTod, ich wünsch es! Lotte! Gottes Segen wohne über Dir!
    Alles ist still um mich her, ruhig wird meine Seele. Ich danke dir, Gott, der du in den letztenAugenblicken dieseWärme, solche Kraft mir schenkst.
    Ich trete ans Fenster und sehe durch die stürmenden, vorüberfliehendenWolken
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher