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Werther, der Werwolf - Roman

Titel: Werther, der Werwolf - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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mir kommt, kennt sein Schicksal. Ich stehe da in meiner Kraft, und werde auch morgen da sein, nicht abgeschnitten, umgewandelt nur, das ist, was zu erdulden mir aufgetragen.

Der Herausgeber an den Leser.
    Albert war zumAmtmann in die Nachbarschaft geritten, nicht um Geschäfte, wie er Lotten beruhigend mitgeteilt hatte, Beistand suchte er, das Gespenst zu jagen und zu stellen, das zum zweiten Mal den Frieden im Jagdhaus aufgestört, die Insassen tödlich geängstet und ihn zum zweiten Male angegriffen hatte.
    Albert war kein Mann, der Geisterseher über seine Schwelle bittet, wenn nächtens irgendetwas knackt und wispert, wenn Weibervolk Gespenster sieht. Albert hielt sich für einen, der klaren Augs und kühlen Blutes der sichtbaren Welt begegnet, Phänomene deutet, in Verbindung bringt und Schlüsse daraus zieht. Er wußte, sei’s durch Beobachtung, sei es, jemand aus der Umgebung hatte es ihm zugetragen, daß der schwarze Hund, den man allerorts für toll hielt, in Werthers Gegenwart gesehen worden war, auch sei er, hieß es, häufig um das abgeschiedne Haus des jungen Adeligen gestrichen.
    EinWildhund, der sichWerthern zum Herrn erwählt, ein tollwütiger Streuner, der lammfromm ward, kaum daß er inWerthers Nähe kam? Erst hatte esAlbert nachdenklich gemacht, nun stutzte er, war der Schwarze letzte Nacht doch selbst erschienen – nicht als Ungeheuer, das man beim ersten Mal in ihm vermutet, als Geselle nur jener monströsen Erscheinung.Woher aber kam derWolf, der Riesenhafte, dasTeufelsvieh von einem Köter, der sich weniger wie einTier verhielt, sondern Menschenzüge annahm, der bei allerWildheit Mitleid zeigte, Nachdenklichkeit imAugenblick, da er der Beute,Albert selbst, Herr geworden!Wer war das?Albert staunte, daß er wer, nicht was gedacht; die Kreatur spielte für ihn zu sehr ins Menschenhafte, um es alsTäuschung oder Zufall abzutun.
    Noch eine Erinnerung stellte sich ein,Albert fügte sie den Steinchen seiner Schlußfolgerungen bedächtig hinzu. Des Blutflecks entsann er sich, den er am selbenTag beiWerthern ausgemacht, als der unbekannteWolf zum ersten Mal ins Jagdhaus gestürmt und sich aufAlbert gestürzt hatte. Die Kugel des Försters hatte das Fleisch der Bestie an der nämlichen Stelle aufgerissen, aus derWerther Stunden später blutete.War dieVorstellung auch so toll, daß ein Mensch wieAlbert sie unter gewöhnlichen Zuständen nimmermehr gedacht, ergab sie im Zusammenklang mit allem andern das Ergebnis, daßWerther selbst derWolf sein mußte,Werther das Untier, das die Gegend bedrohte,Werther der Dämon, von dem landauf landab gerätselt wurde.
    EineAhnung, dieAlbert früh bei den Begegnungen mitWerthern aufgegangen, schien sich in denTaten des Dämonen zu bestätigen:Werther liebte Lotten, er begehrte sie für sich! Diesen Gedanken hatteAlbert zögernd nur in sich zugelassen: nicht schuldlos wollte er den Edelmann, der Lotten teuer war, eines Unrechts zeihen. Doch sprachWerthersVerhalten nicht für sich? seine Unruhe, wenn er im Jagdhaus mit beiTische saß, seine verstiegenen Reden, die wildeArt, mit der er Lottens Hände mit Küssen bedeckte, unzüchtig nicht, doch sprach das haltloseWesen eines unbesonnenen Menschen daraus – oder das einesTieres! DerWolf hatte vergangene Nacht als erstes Lotten aufgesucht, als wollte er derAngebeteten einen Besuch abstatten. Danach war er zuAlbert vorgedrungen und hätte ihn zerfleischt, wäre der zweite Hund nicht aufgetaucht: mit diesen Beispielen suchteAlbert seine ungeheureThese zu erhärten.
    Er rang mit sich, ob er Lotte an den Mutmaßungen teilhaben lassen sollte. Mußte sie nicht erfahren, wie es um den angeblichen Freund des Hauses stand, mußte sie von nun an ihrVerhaltenWerthern gegenüber nicht ändern? Sollte man jenem nahelegen zu verreisen, hatteAlbert gedacht, da ihm sonst nichts einfallen wollte, wie man einem Mann von Stand, der sich peinlicherseits in einenWolf verwandelte, zu verstehen geben konnte, daß seine Gesellschaft unerwünscht sei. Sollte man ihn ermuntern, andere Freundschaften zu suchen als die der Menschen im Jagdhaus? Sein Geist, seineWissenschaften, seineTalente boten ihm mannigfaltige Ergetzungen, vielleicht wären diese imstande, ihn von einem Geschöpf wie Lotte abzubringen, die seinen menschlichen und tierischen Nachstellungen nur mitVerachtung begegnen konnte.
    Warum willWerther Lotte? grübelteAlbert.War es gerade die Unmöglichkeit, sie zu besitzen, die ihm denWunsch so verlockend machte? Sollte nirgendwo ein
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