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Wernievergibt

Wernievergibt

Titel: Wernievergibt
Autoren: Friederike Schmöe
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Kea. Und nebenbei verdienst du was für die Reisekasse. Schreib einen versponnenen Artikel über Höhlenklöster und botanische Gärten. Oder schreib gar nichts. Nach allem, was war, sollte Lynn sich hinter ihren Schreibtisch ducken und die Klappe halten.«

56
    Der große Konzertsaal im Tbilisser Konservatorium war bis auf den letzten Platz gefüllt. Clara Cleveland hatte für Juliane, Sopo, Guga und mich Plätze in der ersten Reihe reserviert. Das Orchester saß bereits auf der Bühne. Ein Platz war freigeblieben. Direkt neben mir.
    Die Streicher stimmten ihre Instrumente. Eine Querflöte pfiff laut und schrill. Die Leute lachten und redeten und telefonierten und zeigten ihre elegante Abendgarderobe vor.
    Während das Licht gedimmt wurde, steuerte eine Frau auf den Platz neben mir zu. Sie mochte um die 70 sein. Ihr dickes, grau meliertes Haar war hochgesteckt. Sie trug ein elegantes, dunkelgrünes Kleid, dazu einen hellgrünen Schal. Ihre Augen glänzten, als sie mich anlächelte und sich neben mir niederließ.
    Clara kam als Traviata auf die Bühne, in Cremeweiß. Das Publikum applaudierte und trampelte, bevor sie überhaupt eine Note gesungen hatte.
    Wir ließen uns von der Euphorie und der Lust an der Musik anstecken. Am Ende schmerzten meine Hände vom Klatschen.
    Vorsichtig warf ich einen Blick auf die Frau neben mir. Sie klatschte verhalten. Als könne sie sich noch nicht entscheiden, ob ihr Claras Vortrag gefiel. Dann sah ich die Tränen auf ihrem Gesicht.
    In der Pause lächelte ich ihr zu. Sie nickte freundlich und blieb auf ihrem Platz sitzen, während wir ins Foyer gingen, um uns die Beine zu vertreten.
    »Hast du gesehen?«, raunte mir Juliane zu. »Ich glaube, Claras Großmutter ist wieder aufgetaucht.«
    »Woher …«
    »Ich weiß es nicht sicher. Aber wer sonst sollte die Dame neben dir sein?«
     
     
    E N D E

Kea Laverde: »Im Nachgang«.
    ACHTUNG: Nur für Leser,
    die es ganz genau wissen wollen
     
    Also gut, Sie geben ja doch keine Ruhe.
    Ja, Akaki, der uns mit seiner kurzläufigen Rossi beinahe in die ewigen Jagdgründe befördert hätte, wurde gefasst. Isolde ebenso; die Leitung des Chores hat momentan Thea Wasadse inne. Von Isoldes Machenschaften hatte sie definitiv keine Ahnung. Ich glaube ihr. Bei Lia Ketschagmadse bin ich mir dagegen nicht so sicher. Die Dame ist mir schlicht unsympathisch, von daher bin ich parteiisch.
    Akaki war, Sie denken es sich bereits, der Kerl, der nächtens meinen Computer ausspionierte, und zwar auf Isoldes Geheiß. Sie wollte herausfinden, ob ich Wind von den Verschiebungen auf dem Chorkonto bekommen hatte.
    Clara Cleveland hat ihre Großmutter mit nach Deutschland gebracht. Bis zum Sommer wollen die beiden in Bayern bleiben, damit Clara auf der Bühne stehen kann, und nach Ende der Spielzeit werden sie gemeinsam nach Georgien zurückkehren. Trennen werden sie sich sicherlich nicht mehr. Warum auch! Clara bekam eine Stelle am Tbilisser Konservatorium angeboten. Sie will sich überlegen, ob sie ihre Opernkarriere aufgibt oder mit Medea ein Nomadenleben zwischen den Kulturen führt.
    Von Isoldes Machenschaften habe sie geahnt, sagte sie mir. Weil sie so mit sich beschäftigt war, dachte sie jedoch nicht weiter darüber nach. Mit ihren Verwandten in Balnuri steht sie nach wie vor auf Kriegsfuß. Wie Juliane sagt: Verwandtschaft ist eben ein Gesindel.
    Selbstverständlich habe ich Clara gefragt, ob sie den Unfall herbeiführte, um Medea zu finden. Doch das hatte sie nicht vor. Sie sehnte sich einfach aus allem heraus. Das Schicksal wollte es, dass sie an Guram geriet. Der Alte scheint mit seinen speziellen Kräften Medea, ja, nun, irgendwie gepeilt zu haben, was weiß denn ein Ghost wie ich von solchen Dingen!
    Warum Nikolosi Schotadse bei Guram auftauchte? Anscheinend hatte Isolde erfahren, dass Clara bei dem Tierarzt untergekrochen war, und ihren Mann hingeschickt, um den Alten unter Druck zu setzen. Vermutlich wird das in der Gerichtsverhandlung in allen Einzelheiten aufgegriffen.
    Die Frage, wo Miras Notebook und Arbeitsunterlagen abgeblieben sind, hat sich bislang nicht geklärt. Ich vermute, Isolde bewarb sich unter falschem Namen im Hotel, um die Gelegenheit zu nutzen, in Miras Sachen zu kramen. Wahrscheinlich hat sie den Computer verschwinden lassen.
    Giorgi, der rührige Journalist des Senders Rustawi 2, und ich sind auf Twitter miteinander in Kontakt geblieben. Den Zettel mit Namen von meuchelnden Milizionären, den er angeblich besitzt, haben wir beide
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