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Werke

Werke

Titel: Werke
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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allgemeinen Natur der Dinge gemäß ist; Falschheit hingegen das heiße, was zwar dem vorhabenden besondern Falle angemessen, aber nicht mit jener allgemeinen Natur übereinstimmend sei.
    (152)  Non hominem ex aere fecit, sed iracundiam. Plinius libr. 34. 8.
    (153)  Beim B. Jonson sind zwei Komödien, die er vom Humor benennt hat: die eine Every Man in his Humour, und die andere Every Man out of his Humour. Das Wort Humor war zu seiner Zeit aufgekommen, und wurde auf die lächerlichste Weise gemißbraucht. Sowohl diesen Mißbrauch, als den eigentlichen Sinn desselben, bemerkt er in folgender Stelle selbst:
    As when some one peculiar quality
    Doth so possess a Man, that it doth draw
    All his affects, his spirits, and his powers,
    In their construction, all to run one way,
    This may be truly said to be a humour.
    But that a rook by wearing a py’d feather,
    The cable hatband, or the three-pil’d ruff,
    A yard of shoe-tye, Switzer’s knot
    On his French garters, should affect a humour!
    O, it is more than most ridiculous.
    In der Geschichte des Humors sind beide Stücke des Jonson also sehr wichtige Dokumente, und das letztere noch mehr als das erstere. Der Humor, den wir den Engländern itzt so vorzüglich zuschreiben, war damals bei ihnen großen Teils Affektation; und vornehmlich diese Affektation lächerlich zu machen, schilderte Jonson Humor. Die Sache genau zu nehmen, müßte auch nur der affektierte, und nie der wahre Humor ein Gegenstand der Komödie sein. Denn nur die Begierde, sich von andern auszuzeichnen, sich durch etwas Eigentümliches merkbar zu machen, ist eine allgemeine menschliche Schwachheit, die, nach Beschaffenheit der Mittel, welche sie wählet, sehr lächerlich, oder auch sehr strafbar werden kann. Das aber, wodurch die Natur selbst, oder eine anhaltende zur Natur gewordene Gewohnheit, einen einzeln Menschen von allen andern auszeichnet, ist viel zu speziell, als daß es sich mit der allgemeinen philosophischen Absicht des Drama vertragen könnte. Der überhäufte Humor in vielen Englischen Stücken, dürfte sonach auch wohl das Eigene, aber nicht das Bessere derselben sein. Gewiß ist es, daß sich in dem Drama der Alten keine Spur von Humor findet. Die alten dramatischen Dichter wußten das Kunststück, ihre Personen auch ohne Humor zu individualisieren: ja die alten Dichter überhaupt. Wohl aber zeigen die alten Geschichtschreiber und Redner dann und wann Humor; wenn nämlich die historische Wahrheit, oder die Aufklärung eines gewissen Facti, diese genaue Schilderung καϑ’ έκασον erfodert. Ich habe Exempel davon fleißig gesammelt, die ich auch bloß darum in Ordnung bringen zu können wünschte, um gelegentlich einen Fehler wieder gut zu machen, der ziemlich allgemein geworden ist. Wir übersetzen nämlich itzt, fast durchgängig, Humor durch Laune; und ich glaube mir bewußt zu sein, daß ich der erste bin, der es so übersetzt hat. Ich habe sehr unrecht daran getan, und ich wünschte, daß man mir nicht gefolgt wäre. Denn ich glaube es unwidersprechlich beweisen zu können, daß Humor und Laune ganz verschiedene, ja in gewissem Verstande gerade entgegen gesetzte Dinge sind. Laune kann zu Humor werden; aber Humor ist, außer diesem einzigen Falle, nie Laune. Ich hätte die Abstammung unsers deutschen Worts und den gewöhnlichen Gebrauch desselben, besser untersuchen und genauer erwägen sollen. Ich schloß zu eilig, weil Laune das Französische Humeur ausdrücke, daß es auch das Englische Humour ausdrücken könnte: aber die Franzosen selbst können Humour nicht durch Humeur übersetzen. – Von den genannten zwei Stücken des Jonson hat das erste, Jedermann in seinem Humor, den vom Hurd hier gerügten Fehler weit weniger. Der Humor, den die Personen desselben zeigen, ist weder so individuell, noch so überladen, daß er mit der gewöhnlichen Natur nicht bestehen könnte; sie sind auch alle zu einer gemeinschaftlichen Handlung so ziemlich verbunden In dem zweiten hingegen, Jedermann aus seinem Humor, ist fast nicht die geringste Fabel; es treten eine Menge der wunderlichsten Narren nach einander auf, man weiß weder wie, noch warum; und ihr Gespräch ist überall durch ein Paar Freunde des Verfassers unterbrochen, die unter dem Namen Grex eingeführt sind, und Betrachtung über die Charaktere der Personen und über die Kunst des Dichters, sie zu behandeln, anstellen. Das aus seinem Humor, out of his Humour, zeigt an, daß alle die Personen in Umstände geraten, in welchen
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