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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo
Autoren: Ono Mothwurf
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ging noch einmal ihre Notizen durch. »Das Kokain hat er selbst mitgebracht, den Stress hat er sich selbst gemacht, die exzessive Entspannung auch. Vielleicht gab’s ja noch einen Lichtblitz vom Solarium, das könnte ein Auslöser gewesen sein. Isoliert betrachtet ein klassischer Schlaganfall. Aber so eine Häufung von Schlaganfällen? Das ist schon bedenklich. Das ist eine Serie! Gibt’s denn ein mögliches Motiv?«
    »Unklar. Beim ersten Mord war es die Rache für den Tod seiner Freundin. Aber hier? Der Tote war sein Chef, die waren gut bekannt, fast befreundet, Selena war das Kindermädchen bei den Thamms. Nein, hier hab’ ich keine Erklärung. Kam eigentlich bei der Untersuchung in Hannover noch etwas heraus?«
    Melanie Koller blätterte nach: »Nein, Professor Toplitz meinte, das klinische Bild bei Arnold O. Langer wäre ganz anders als bei Selena Artic gewesen. Bei Langer ein typischer, schwerer Schlaganfall in einer Hirnhälfte. Bei Artic viele kleine Brandherde über mehrere Regionen verteilt.«
    »Hattest du nicht gesagt, in Langers Hirn sähe es aus, als hätte ein Blitz eingeschlagen? Ist das ein klassischer Schlaganfall?«
    »Offenbar. Der bekommt sicher mehr Schlaganfälle zu Gesicht als ich.«

     
    »Die veroarschen mich«, sagte Wondrak zu seinen KDU-Freunden. Wondrak hatte von seinem Boss und CSU-Mitglied Stürmer so viel Druck bekommen, dass die drei Gründer ihren Club umgetauft hatten. So war aus dem CDU ein Klub der Unzufriedenen geworden. Pressekonferenz gab es diesmal keine. Hofer und Weißenbacher saßen im Café Maschine und hörten sich Wondrak an, der dem Namen des Klubs alle Ehre machte.
    »Timo und die alte Hexe veroarschen mich. Die wissen ganz genau, dass ich nichts gegen sie in der Hand habe außer diesem Comic, und jetzt lachen sie mich aus. Das mit der Pfauenfeder ist ja wohl der blanke Hohn!«
    »Du bildest dir was ein, Thomas«, brummte Weißenbacher, »nur weil der junge Mann die Fantasie hat, sich so etwas auszudenken, heißt das noch lange nicht, dass er auch das Zeug dazu hat, zu töten. Und wie sollte er das machen? Per Fern-Schlaganfall? Und die Großmutter, die du alte Hexe nennst, ist eine ausgesprochen warmherzige, kluge Frau. Wie sie die Beisetzung von Selena gestaltet hat, das war wirklich schön. Sie hat das Mädchen mit Worten für kurze Zeit noch einmal lebendig gemacht. Ich wünschte, mir würden solche Momente auch gelingen.«
    »Und die Pfauenfeder?«, klagte Wondrak. »Woher weiß sie, dass ich dir geraten hab’, eine Pfauenfeder mitzunehmen?«
    Andreas Hofer sah Wondrak an, als hätte er nicht alle Tassen auf seiner Faema. »Was willst du denn mit einer Pfauenfeder? Willst du unseren Pfarrer vor schwarzer Magie schützen?«
    Wondrak rastete aus. »Jetzt tut nicht alle so katholisch! Ich hab’ mich erkundigt. Der höchste kroatische Militärgeistliche ist auch katholisch. Und glaubt trotzdem an schwarze Magie. Der behauptet nämlich, dass der frühere Staatspräsident Tudjman in einem Voodoo-Ritual verhext wurde, und daran gestorben ist. Das war reine Fürsorge, dass ich an die Pfauenfeder gedacht habe, Weißenbacher! Wird aber nicht mehr vorkommen.«
    »Danke, Thomas, ich weiß das wohl zu schätzen. Wenngleich ich nicht verstehe, warum wir drei alle abergläubisch werden müssen, nur weil du einen Fall nicht lösen kannst. Schiebst du das immer gleich auf schwarze Magie? Wenn dein Kaffee besser werden soll, nimmst du dann eine geweihte Kaffeebohne und legst sie auf die Maschine? Nein, du lässt vom Hofer eine Wasserpumpe installieren. So macht man das in einer modernen, aufgeklärten, postokkulten Gesellschaft.«
    Musste er ausgerechnet das Thema Kaffee ansprechen! Ein unangenehmes Thema. Wondrak hatte nämlich den Eindruck, dass der Kaffee seit Hofers Tuningmaßnahmen kein bisschen besser schmeckte. Auch die Crema war unverändert. Das Einzige, was sich verändert hatte, war Wondraks Zufriedenheit. Plötzlich war er auf seinen Espresso nicht mehr so stolz wie vorher. Er glaubte sogar, dass er ihm weniger schmeckte als zuvor. Vielleicht ist Genuss eine Frage des Glaubens? Der Kaffee schmeckt nicht anders. Man glaubt es nur, und deshalb liefern die Geschmacksknospen andere Ergebnisse?
    »Ich bin kein Okkultist. Ich bin aufgeklärt. Ich bin halbwegs modern. Glaube ich. Aber manchmal erreicht man Punkte im Leben, da kommt man mit Wissen nicht mehr weiter. Da hilft nur Glauben. Und ich glaube, dass Timo an den Morden schuld ist. Ich weiß, dass es dafür keine
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