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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo
Autoren: Ono Mothwurf
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über den Kontakter in Tokio. Aber diese Leute sind in der Agentur gestorben, da lässt sich ein Zusammenhang mit dem Job nur schwer abstreiten. Aber im Job sterben die wenigsten. Die meisten sterben zu Hause.«
    »Oder im Fitnessstudio«, ergänzte Wondrak.
    »Auch da. Und als Erklärung für die Überdosis Schlaftabletten werden dann private Probleme angeführt. Private Probleme? Lachhaft. Wer in der Werbung arbeitet, hat kein Privatleben.«
    »Sie meinen, in jeder Agentur gibt es so viele Tote wie bei SCP?«
    »Nein, das ist schon eine extreme Häufung zurzeit. Aber Tote gibt es überall.«
    »Der Comic lässt ja einige Deutungen zu, die Geschichte ist sehr vielschichtig. Aber eines steht fest: Drei Männer sterben. Am Ende ist es der Mann, den sie Chef nennen. Haben Sie keine Angst, dass damit Sie gemeint sein könnten, Herr Schneidervater? Kommt denn niemand in der Agentur auf die Idee, dass dieser Comic eine Vorlage für die Todesserie ist, die sich hier abspielt?«
    Schneidervater sah ihn an, als wollte er gleich sagen: › Nein, ganz ehrlich, dieser Gedanke ist mir noch nie gekommen. ‹ Und dann sagte er: »Nein, ganz ehrlich, dieser Gedanke ist mir noch nie gekommen. Aber ich kann natürlich nur für mich sprechen, fragen Sie meine Kollegen, wie die das sehen. Und ich habe kein bisschen Angst. Timo hat auch keinen Grund, irgendeine Art von Groll gegen mich zu hegen. Ich hab’ ihn eingestellt, ich hab’ seine Résistance-Kampagne vor dem Papierkorb bewahrt, ohne meine Unterstützung wäre Timo heute immer noch der Pappenkleber vom Olanger. Außerdem: Wie stellen Sie sich das vor, so umgebracht zu werden wie im Comic? Mit einem Todesstrahl?« Und er machte: »Wusch!«, ließ einen imaginären Blitz in seinen Kopf einschlagen und sackte zusammen.
    Wondrak lächelte höflichkeitshalber. »Eigentlich müssten Sie ja ganz froh sein, wenn Sie so einen Mitarbeiter wie Tom Thamm nicht mehr bezahlen müssen. Der war doch sicher ein Top-Verdiener.«
    »Tom hat sich auch große Verdienste um die Agentur erworben. Er hat die letzten Jahre konstant und gut gearbeitet. Aber er war nicht der Nachfolger, nach dem ich seit einiger Zeit schon Ausschau halte. In diesem Sinne gebe ich Ihnen recht: Er war entbehrlich. Aber er hat die Kreation blitzsauber geführt.«
    »Ist denn Timo ein Nachfolger für Sie?«
    »Ja. Aber er ist noch so jung, das ist das Schlimme. Oder vielleicht ist das auch das Gute, wer weiß das schon. Der Erfolg kommt fast zu früh für ihn. Und für mich zu spät. Aber das kann man sich nicht aussuchen. Wenn es soweit ist, dass ich die Agentur übergebe, und er ist dann noch bei uns, dann wird er mein Nachfolger werden.«
    »Sie fürchten, dass er weggeht?«, fragte Wondrak.
    »Seine Freundin ist tot, den hält doch nichts hier. Mit Geld kann man ihn nicht ködern, das interessiert ihn nicht. Er ist nur hungrig nach Aufgaben. Und die versuche ich gerade, in die Agentur zu schaufeln. Wenn eine andere Agentur eine größere Aufgabe für ihn hat, wer weiß, dann ist er weg.«
    »Wäre das schlimm, wenn er jetzt weg wäre?«
    Schneidervater überlegte. »Stellen Sie sich einen Rennstall vor. Seit 40 Jahren hat er sich vom Go-Kart über Formel 3 bis in die Formel 1 vorgearbeitet. Nun haben Sie die ersten zwei Formel-1-Rennen Ihrer Karriere gewonnen. Und plötzlich ist der Fahrer weg. So wäre das.«
    »Gibt es jemanden, der Ihnen schaden will? Oder der Sie vielleicht günstig kaufen oder von Ihnen gekauft werden will?«
    »Soll ich Ihnen eine Liste von allen Leuten geben, die ich in den letzten zehn Jahren rausgeworfen hab’? Die sind alle nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen.«
    »Gibt’s denn irgendwelche enttäuschten Übernahmefantasien von Konkurrenten oder Investmentfirmen?«
    »Also – günstiger ist meine Agentur im Moment bestimmt nicht geworden, im Gegenteil. Wenn es einen günstigen Kaufzeitpunkt gab, dann ist er vorbei. Thamm ist weg, Olanger ist weg, Timo kostet nicht viel und kann alles – die Agentur ist heute so wertvoll wie noch nie.«
    »Gibt es jemanden, den das ärgern könnte?«
    »Es bleibt ja unter uns – ich hatte mir in den letzten 20 Jahren ein paar mehr Kaufinteressenten erhofft. Aber das waren alles nur fußkranke Unternehmer, die gehofft hatten, durch einen Zusammenschluss wieder das Laufen zu lernen. Das große Geld war nie im Spiel. Und wir sind auch nie bis zu den Verhandlungen gekommen. Mir war nach den ersten Gesprächen bereits klar, dass diese Zusammenschlüsse
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