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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät
Autoren: Nele Neuhaus
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folgte ihm durch das Restaurant, in dem um diese Uhrzeit nichts los war, auf die Terrasse, setzte sich und legte die Akten vor sich auf den Tisch. Bodenstein machte keine Anstalten, sich zu setzen, sondern trat an die Balustrade und verschränkte die Arme vor der Brust. Eine ganze Weile sagte er nichts. Pia betrachtete ihn aufmerksam und wartete darauf, dass er anfing zu sprechen.
    Â»Ich hätte auf dich hören sollen«, begann er schließlich. »Deine Intuition hat dich nur selten getäuscht.«
    Es bereitete Pia keine Genugtuung, recht behalten zu haben. Auch wenn sie diese Annika nicht gemocht hatte, so hätte sie ihrem Chef von Herzen neues Glück gegönnt.
    Â»In diesem Fall hätte ich mir gewünscht, ich hätte mich geirrt«, sagte sie.
    Â»Wie auch immer. Ich war ein Idiot und habe es nur Frau Dr. Engel zu verdanken, dass die ganze Sache keine beruflichen Konsequenzen für mich hat.«
    Er blickte hinunter auf die Rasenfläche.
    Â»Ich habe mit Theodorakis gesprochen«, sagte er. »Er hatte ja einiges über Annika erfahren. Unter anderem hat er in ihre Tasche geschaut. Sie hat über hunderttausend Euro Bargeld mit sich herumgetragen. Woher hatte sie so viel Geld?«
    Â»Aus Eisenhuts Tresor im Institut«, entgegnete Pia nüchtern. »Außerdem hat sie Gelder von Stiftungskonten unterschlagen.«
    Bodenstein seufzte.
    Â»Sie hatte einen Laptop, ein iPhone, ihre Papiere. Mir hat sie erzählt, sie sei so überstürzt aus Berlin geflüchtet, dass sie nichts hätte mitnehmen können. Ich habe ihr wirklich alles geglaubt. Wie konnte ich nur so dumm sein?«
    Â»Du warst nicht dumm. Du hast dich in sie verliebt«, bemerkte Pia. »Dieses Erlebnis in der Dattenbachhalle hat dich ziemlich mitgenommen. Da verhält man sich nicht mehr rational.«
    Â»Was hat sie mir noch verschwiegen? Die zwei Morde?«, fragte er dumpf. Er drehte sich um, und Pia erschrak, als sie sein zerquältes Gesicht sah. »Tag und Nacht denke ich darüber nach. Sie hat das Haus von Eisenhut angezündet, sie ist daran schuld, dass seine Frau nie mehr aus dem Koma aufwacht. Es ging ihr überhaupt nicht um die Aufdeckung einer Lüge, dieser O’Sullivan war ihr völlig egal. Sie wollte nur Rache, weil Eisenhut eine andere Frau geheiratet hatte.«
    Bodenstein verstummte. Es tat Pia in der Seele weh, ihn so deprimiert zu sehen. Aber was konnte sie ihm sagen?
    Â»Pia.« Endlich blickte er auf und stieß einen Seufzer aus. »Du bist die Erste, der ich es sage. Ich habe mir die Entscheidung nicht leichtgemacht, aber ich habe beschlossen, mich auf eine Stelle beim K 11 in Berlin zu bewerben.«
    Â»Was ? « Pia starrte ihn ungläubig an. »Das ist jetzt nicht dein Ernst!«
    Â»Doch. Es tut mir leid.«
    So leicht würde sie ihn nicht davonkommen lassen. Sie sprang auf und ging zu ihm hin.
    Â»Ich weiß genau, warum du ausgerechnet nach Berlin willst. Du hoffst, dort irgendetwas über sie zu erfahren. Aber du wirst dich da weder wohl fühlen noch einen Neuanfang schaffen.«
    Â»Ich muss es versuchen.« Er sah sie an, Bitterkeit im Blick. »Meine Ehe ist im Eimer, ich wohne bei meinen Eltern und tauge gerade noch als Babysitter für Sophia. Selbst im Job kriege ich nichts mehr auf die Reihe. Was hält mich hier noch?«
    Pia stemmte die Arme in die Seiten und betrachtete ihn aus schmalen Augen.
    Â»Du wälzt dich im Selbstmitleid, statt dich zusammenzureißen«, diagnostizierte sie. »Es mag zwar ein bisschen platt klingen, aber auf Regen folgt Sonnenschein. Ich selbst bin doch wohl der beste Beweis dafür, dass es nach einer Scheidung weitergehen kann, oder etwa nicht?«
    Das Handy in Bodensteins Hosentasche klingelte. Ohne Pia aus den Augen zu lassen, zog er es heraus und nahm das Gespräch entgegen. Er lauschte kurz, dann sagte er: »Wir sind schon unterwegs.«
    Â»Was gibt’s?«, erkundigte Pia sich.
    Â»Eine Leiche«, antwortete Bodenstein. »In einem Wäldchen zwischen Liederbach und Hofheim.«
    In dem Moment brach die Wolkendecke auf. Die Sonne flutete plötzlich über die Terrasse und ließ Pia blinzeln.
    Â»Du hast doch tatsächlich schon wieder recht«, sagte er.
    Â»Was meinst du?«
    Â»Auf Regen folgt Sonnenschein.« Er grinste, fast ein wenig so, wie Pia es von ihm gewohnt war. »Ich werde dich in Berlin vermissen.«
    Â»Na ja«, entgegnete Pia
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