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Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)

Titel: Wer nichts riskiert, verpasst das Leben: Wie ich 365 Mal meine Angst überwand (German Edition)
Autoren: Noelle Hancock
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sollten das einfach mal machen.«
    »Wie?«, fragte ich. »Was machen?«
    »Mehr Dinge tun, vor denen Sie Angst haben!« Wenn Dr. Bob enthusiastisch wurde, wippte er immer mit dem Kopf. »Sie müssen Vermeidungsverhalten vermeiden. Üben Sie, sich Ihren Ängsten zu stellen. Je mehr Hindernisse Sie überwinden, umso stärker werden Sie sich fühlen, und umso mehr Lust werden Sie haben, weitere Hindernisse zu überwinden.«
    Bei dem Wort »Projekt« war ich schon nervös geworden, aber bei »Hindernis« stieg ich komplett aus. Da musste ich automatisch an Fassadenkletterer und Labyrinthe aus Autoreifen denken.
    »Könnte ich nicht einfach …« Ich suchte nach einer Alternative und verfiel auf angstlösende Medikamente. »… eine Lorazepam oder so was nehmen?«
    »Tabletten sind immer nur eine vorübergehende Lösung«, erwiderte er mit Nachdruck. »Sie brauchen eine Änderung Ihrer Lebensweise.«
    Eine Änderung der Lebensweise – das war etwas für krankhaft Fettleibige. Oder für Leute, die so viele Zeitungen auf dem Boden stapeln, dass sie in ihrer Wohnung am Ende nur noch zwei Quadratmeter zum Leben haben. Eine Änderung meiner Lebensweise ? Hallo?!
    Dr. Bobs Blick glitt über mein Gesicht. »Noelle, Angst kann zu Depressionen führen, Ihre körperliche Gesundheit beeinträchtigen, Ihre Beziehungen schädigen und Ihren Wirkungskreis im täglichen Leben schmälern.« Jetzt klang seine Stimme besorgt. »Aber wenn Sie sich gestatten, Angst richtig zu erleben, lernen Sie irgendwann, wie Sie sich ihr stellen können, ohne von ihr besiegt zu werden.«
    Was konnte ich dazu schon sagen? Ich saß in der Falle. Wenn ich ablehnte, bewies ich damit, dass ich ein Vermeider war. Dr. Bob wartete meine Antwort nicht ab. Er wusste, dass es besser war, die Idee ein wenig sacken zu lassen. Er stand also auf und zog sein Sakko zusammen wie den Vorhang am Ende eines Theaterstücks – das Signal, dass unsere Sitzung beendet war.
    »Denken Sie über die Eleanor-Roosevelt-Idee nach«, bat er, während er mir die Tür aufhielt. »Das könnte der Fingerzeig sein, auf den Sie gewartet haben.«
    Auf dem Heimweg machte ich einen Abstecher zum Barnes & Noble-Buchladen am Union Square. Dort gab es ein richtiges Roosevelt-Regal, inklusive mehrerer Bücher, die Eleanor selbst verfasst hatte. Diese ganze Sich-seinen-Ängsten-stellen-Geschichte verunsicherte mich zutiefst, aber irgendwie hatte Eleanor mich schon gefesselt. Ich war so neugierig auf ihr Leben, wie ich früher nach Details über Angelina Jolie gehungert hatte. Ich schnappte mir ein paar Bücher aus dem Regal und setzte mich auf die kratzige Auslegeware. Die Geschichte ihres Lebens war so ergiebig, dass Eleanor Roosevelt tatsächlich drei Autobiografien geschrieben hatte.
    Während ich ihre Memoiren durchblätterte, entdeckte ich, dass eine der meistbewunderten Frauen der jüngeren Geschichte als Kind unter schweren Selbstzweifeln gelitten hatte. Ihr Vater Elliott war ganz vernarrt in sie, doch er hatte überhaupt kein Verständnis für ihre Schüchternheit. Da sie ihn so vergötterte, tat sie alles, um ihre Ängste vor ihm zu verheimlichen. Als sie sechs Jahre alt war, unternahm die Familie eine Reise nach Italien. Bei einem Eselsritt durch die Berge kam Eleanor nahe an einen steilen Abhang. Sie zitterte und weigerte sich, den Weg fortzusetzen. Elliott starrte auf sie herab und sagte: »Du hast doch wohl keine Angst?« Fünfzig Jahre später schrieb Eleanor: »Ich kann mich heute noch an den missbilligenden Ton seiner Stimme erinnern.«
    Doch eigentlich legte ihre Mutter Anna den Grundstock für ihre Selbstzweifel. »Ich hatte von klein auf immer das Gefühl, dass ich hässlich bin«, erzählte Eleanor. Sie musste ein Stützkorsett tragen, um ihre Wirbelsäulenverkrümmung zu korrigieren, und ihr war schmerzlich bewusst, dass ihre schöne Mutter sich für das durchschnittliche Aussehen ihrer Tochter schämte. »Ich weiß, dass ich oft mit einem Finger im Mund an ihrer Tür stand«, erinnerte sich Eleanor. »Und ich kann heute noch ihren Blick sehen und ihre Stimme hören, wenn sie sagte: ›Komm rein, Großmütterchen.‹ Wenn sie Besuch hatte, drehte sie sich um und sagte: ›Ein komisches Kind. Sie ist so altmodisch, dass wir sie immer Großmütterchen nennen.‹«
    Anna litt an chronischer Migräne, und Eleanor massierte ihr stundenlang die Stirn. »Das Gefühl, irgendwie nützlich zu sein, war damals wahrscheinlich meine größte Freude«, bemerkte Eleanor später.
    Das war das
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