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Wer Mit Schuld Beladen Ist

Wer Mit Schuld Beladen Ist

Titel: Wer Mit Schuld Beladen Ist
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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vorstellen.«
    »Glaub ja nicht, du würdest damit durchkommen, irgendwelchen attraktiven jungen Dingern, die bei dir auf dem Campus herumspringen, Privatstunden zu geben.«
    »Ich bitte dich. Ich hänge doch viel zu sehr an meiner Ausstattung, um sie aufs Spiel zu setzen.« Sie konnte Deirdre hören, die zur Haustür hereinpolterte. »Mo-om! Ich bin zu Hause!«
    Meg senkte die Stimme. »Komm heute doch früher nach Hause, dann zeig ich dir, wie sehr ich deine Ausstattung schätze.«
    Jack lachte. »Ich fange noch an, die Männer deiner Freundin zu bezahlen, damit sie sich danebenbenehmen. Ich sollte Russ Van Alstyne aufsuchen und ihm einen dicken feuchten Schmatz geben.«
    »Was? Was?«
    »Seit er Linda seine Affäre gebeichtet hat, bist du eine wahre Tigerin. Roarr.«
    Meg kicherte. »Nur um dich daran zu erinnern, wie gut du es hast.«
    »Mo-om! Du musst mich zur Klavierstunde fahren!«
    »Ich muss los«, seufzte Meg. »Deirdre kläfft. Merk dir, wo wir stehengeblieben sind.«
    »Schneller, Pussycat, schneller, schneller!«
    Sie hörte Jacks Lachen, als sie auflegte. Er hat recht, dachte sie, während sie ihren Mantel und die Autoschlüssel suchte. Sie hatte ihn seit dem Morgen, an dem Linda ihr, abwechselnd wütend und ängstlich, von der Untreue ihres Mannes erzählt hatte, scharf im Auge behalten. Nicht, dass Meg glaubte, sie hätte etwas zu befürchten. Andererseits war auch Linda nicht davon ausgegangen, dass sie etwas zu befürchten hatte.
    Trotz des stetig fallenden Schnees konzentrierte sich Meg während der Fahrt zur Klavierstunde nur halb auf die Straße. Deirdre auf dem Rücksitz, den MP3-Player eingestöpselt, sagte bis auf ein hastiges »Bis später, Mom«, untermalt vom Schlagen der Autotür, kein Wort.
    Jetzt musste sie eine Stunde totschlagen. Meg versuchte noch einmal, Linda über ihr Handy zu erreichen. Es klingelte und klingelte, bis schließlich die Aufzeichnung einer männlichen Stimme erklang.
    »Sie sind mit dem Anschluss von Linda und Russ Van Alstyne verbunden. Hinterlassen Sie eine Nachricht.« Meg unterbrach die Verbindung. Ohne bewusst darüber nachzudenken, schaltete sie die Scheinwerfer ein und bog links von der Zufahrt des Klavierlehrers in Richtung der Van Alstynes ab.
    Linda wohnte an einer alten Landstraße auf halber Strecke zwischen Millers Kill und Cossayuharie, an der, weit voneinander entfernt, Häuser mit einer Viertelmeile langen Zufahrten standen, die im 19. Jahrhundert noch Farmen gewesen waren. Ein gutes Geschäft für Megs Sohn Quinn, der seinen uralten Pick-up mit einer Schneeschaufel aufgerüstet hatte, um ein bisschen dazuzuverdienen, aber für Megs Geschmack viel zu weit abgelegen.
    Das Haus der Van Alstynes stand zurückgesetzt auf einer baumlosen Erhebung, die ihnen im Sommer eine hinreißende Aussicht bescherte, doch im Winter einsam und windumtost war. Die lange, lange Zufahrt war in letzter Zeit nicht geräumt worden. Meg fuhr so weit hinauf, wie ihr Saab es zuließ, folgte den Spurrillen, die das letzte Fahrzeug hinterlassen hatte, um den Hügel zu meistern, aber auf halber Höhe wurde sie immer langsamer, geriet ins Schleudern und rutschte mehrere Meter zurück. Ihre Niederlage eingestehend, zog sie die Handbremse und stieg aus, um den Rest der Strecke zu Fuß zu laufen.
    Trotz der einsetzenden Dämmerung sah Meg kein Licht. Andererseits müsste sie um das Haus herum zur Westseite gehen, um das Licht in Lindas Arbeitszimmer im ersten Stock erkennen zu können. Sie klopfte an die Tür des Windfangs. Keine Reaktion. Vielleicht war Linda nicht zu Hause? Meg überquerte die Zufahrt und spähte durch das Scheunenfenster. Nein, dort stand ihr Kombi.
    Erst als sie sich wieder dem Haus zuwandte, bemerkte sie den seltsamen Fleck im Schnee neben dem Eingang. Erneut überquerte sie die Zufahrt, um ihn näher zu untersuchen. Der fallende Schnee begann ihn zuzudecken, doch sie konnte erkennen, dass er rosa und schmierig war, als hätte jemand einen Löffel Spaghettisoße in den Schnee geschüttet und heftig umgerührt. Bei diesem Anblick spürte sie, wie etwas im Hintergrund ihres Verstandes erstarrte, und plötzlich registrierte sie den Rhythmus ihres Herzschlags, der gegen ihre Haut pulste.
    Sie konnte sich nicht vorstellen, was das sein mochte. Und sie wollte absolut nicht darüber nachdenken.
    Beinah wäre sie zu ihrem Wagen zurückgelaufen. Sie musste bald aufbrechen, um Deirdre rechtzeitig abzuholen. Sie untersuchte die Haustür, die Granitstufe davor, den
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