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Wer ist eigentlich Paul?

Wer ist eigentlich Paul?

Titel: Wer ist eigentlich Paul?
Autoren: Anette Göttlicher
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augenblicklich zu Butter. Es ist wie die Begegnung eines Verdurstenden mit der einzigen Wasserquelle der Wüste Gobi.Plötzlich sind wir im Wohnzimmer. Undeutlich nehme ich eine geschmackvolle, stilsichere, unspießige Einrichtung wahr. 10 von 10   Punkten dafür, Paul. Und 100 von 10   Punkten dafür, wie du mich küsst. Nach einer Ewigkeit voll wilder Küsse komme ich wieder zu mir und überlege mir, dass ich jetzt vielleicht auch mal was tun sollte. Also lasse ich meine Hand unter sein Hemd krabbeln und male mit meinen Fingernägeln Muster auf seine Haut. Gut, dass ich ausnahmsweise mal etwas gezüchtet habe, was man ohne zu lügen Fingernägel nennen kann. Sehr sexy. Knopf für Knopf öffne ich sein Hemd. Das darf doch nicht wahr sein. Er ist perfekt. Muskulös, aber nicht zu gestählt, männlich behaart, aber nicht zu sehr, und wie er riecht   … Mhmmmm. Ich küsse mich langsam nach unten   …
     
    Eine Stunde später bin ich wieder auf dem Heimweg. Wir haben beide zu tun. Sexgöttin Marie radelt durch München. Er ist verrückt nach mir. Er kann nicht mehr leben ohne meine Berührungen. Er ist mir verfallen. Ich bin eine Göttin.
    Eine weitere Stunde später muss ich mir eingestehen, dass ich schon wieder nicht die Coolere bin. Er mag körperlich süchtig sein nach mir. Aber ich bin seelisch süchtig. Ich brauche sein Lächeln, die Art, wie sich dabei seine Nase kräuselt, das Vibrieren seiner Stimme in meinem Magen, die goldenen Punkte in seinen grünen Augen. Anyway. Ich gestatte mir, glücklich zu sein.

FREITAG, 6.   SEPTEMBER 2002 – INSOMNIA
    Ich bin so müde, dass ich aufgedreht bin wie selten. Ich rede viel und schnell (okay, momentan aus Mangel an Gesprächspartnern nicht) und tippe in chefsekretärinnentauglicher Geschwindigkeit diese Zeilen in den Laptop. Und das, obwohl ich meine Fingernägel immer noch besitze und fleißig weiterzüchte.Meine Fingernägel, mit denen ich am Montag noch Muster auf Pauls Haut gezeichnet habe. Oooooh. Dieses wohlige Ziehen im Magen stellt sich auch nach vier Tagen noch ein, wenn ich an mein Rendezvous mit diesem blonden, großen, himmlisch riechenden Sexgott denke   …
    Allerdings bin ich nicht deshalb so müde, weil ich nachts wach liege und an Paul denke. Dazu habe ich momentan keine Zeit. Denn der Heiratswahn geht in die zweite Runde – morgen ist Tanja, meine Sandkastenfreundin, dran. Und ich habe mir schon im März vorgenommen, für sie eine Hochzeitszeitung zu machen.
     
    Im April habe ich intensiv daran gedacht, im Mai erste Ideen entwickelt. Dann kamen der Juni, die Fußball-WM und wichtigere Dinge. Im Juli war ich im Urlaub, und dann kam der ganze Stress   – Warten auf Paul. Vorgestern fiel mir mein Vorhaben wieder ein   …
     
    Und gestern war schon die zweite Nacht, die ich vor dem Rechner verbrachte, Bilder scannte, Layout bastelte, rauchte (im Schlafzimmer!! Pfui), fluchend und wahnsinnig kreativ. Links von mir befand sich ein Berg von leeren Bounty-Papieren, ich will gar nicht wissen, zu wie vielen Kalorien deren Inhalt kumuliert ist, und die Maus bewegte ich mit der rechten Hand unter einem Stapel von Probeausdrucken. Ich kriegte die Zeitung tatsächlich gebacken. War aber klar, dass beim Drucken der vorletzten Seite die Kartusche leer war. Vielleicht hätte ich doch mal im Handbuch nachschlagen sollen, was dieses aufdringlich blinkende rote Lämpchen unter der Anzeige «Cartridge low» bedeutet. Es ist nämlich ein bisschen schwierig, um vier Uhr morgens irgendwo eine Kartusche für den Drucker HP Deskjet 880   C aufzutreiben.
     
    Zum Glück gibt es Computer-Hannes, der mich seit Jahren erfolglos anhimmelt (leider sieht er so aus, wie man ihn sich vorstellt) und der sich nicht entblödet, mitten in der Nacht einmal quer durch München zu fahren, um mir die benötigte Hardware zu bringen   … Danke, Hannes. Ich weiß, das Leben ist schwer. Für uns alle.
     
    Jedenfalls ist die Zeitung jetzt im Copyshop und wird gerade versiebzigfacht. Zeit genug für mich, den Wecker auf 18   Uhr zu stellen und mich zu einem Nickerchen auf die Couch zu begeben. Zum Einschlafen nehme ich das Heftchen mit den Sextipps der vorletzten «Cosmopolitan» mit aufs Sofa und spiele die schönsten Ideen gedanklich mit Paul durch. Mhmmmm   … Ichmusswirklichschermüdeschein. Glbischlafgleischein   …

SAMSTAG, 21.   SEPTEMBER 2002 – E-MAIL VON PAUL
    Eigentlich wollte ich heute von meinem Urlaub in Griechenland erzählen, von der wilden Felseninsel
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