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Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)

Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)

Titel: Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)
Autoren: Sabine Ludwig
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ich.
    «Soll ich ihn dir als Geschenk verpacken?», fragte Tom und grinste.
    Er ging mit mir in die Küche, um das Vogelfutter zu holen, da hörte ich etwas. Es klang wie die Übertragung von einem Fußballspiel.
    Komisch, es gab doch gar kein Spiel heute …
    «Klasse gehalten, stark gespielt», ertönte es etwas knarzend aus dem Wohnzimmer. «Ein Traumpass!»
    Ich muss wohl ziemlich verwirrt ausgesehen haben, denn Tom sagte: «Das ist bloß Bubi. Mein Opa hustet nämlich nicht nur, er hört im Radio auch immer die Bundesliga.»
    «Tor! Tooor!», krächzte Bubi. Und ich hätte zu gern gewusst, welches Spiel das wohl gewesen war.

    Toms Mutter lud mich und den Käfig in ihr Auto und brachte uns nach Hause. Unterwegs sagte Bubi nichts, denn Tom hatte eine dunkle Decke über den Käfig gelegt.
    «Er denkt dann, es ist Nacht, und hält den Schnabel.»
    «Und deine Eltern sind auch wirklich einverstanden?», fragte Toms Mutter, als sie mir half, den Käfig aus dem Auto zu heben.
    «Ja, natürlich, meine Mutter liebt Wellensittiche!» Das Letzte hätte ich lieber nicht sagen sollen, denn bei dieser faustdicken Lüge wurde ich knallrot. Aber Toms Mutter merkte es nicht; sie schaute auf die Uhr und rief: «Himmel, ich muss ja noch die Skianzüge in die Reinigung bringen, hoffentlich schaffen die das bis morgen!»
    Dann war sie weg, und ich stand mit Bubi auf der Straße. So leise wie möglich schloss ich die Haustür auf und ging auf Zehenspitzen die Treppe hoch. Bubi gab keinen Mucks von sich.
    Ich war schon fast an Herrn Dobelmanns Wohnungstür im ersten Stock vorbei, da ging die auch schon auf, und Herr Dobelmann sah erst mich und dann den Käfig misstrauisch an. «Was hast du denn da, Junge?»
    «Ach das … das ist ein Weihnachtsgeschenk für meine Mutter. Ein … ein Vogelhaus.»
    «Bisschen groß für ein Vogelhaus», sagte Herr Dobelmann.

    «Wir haben es in der Schule gebaut, und irgendwie ist es größer geworden, als ich wollte», hab ich gesagt und bin schnell an ihm vorbei und die Treppe hoch, bevor er mir weiter unangenehme Fragen stellen konnte.
    Vor der Tür von Frau Moll stellte ich den Käfig auf dem Boden ab und steckte den Schlüssel ins Schloss. Genau in dem Moment wurde die Tür gegenüber aufgerissen.
    «Was ist da drin?», fragte eine Stimme, die ich nur zu gut kannte.
    «Luzie! Was machst du denn schon hier?»
    Um diese Zeit war sie eigentlich im Hort.
    «Mama hat mich früher abgeholt, wir wollen doch Zimtsterne backen, hast du das vergessen?»
    Das hatte ich allerdings. Und da hörte ich auch schon Mama rufen: «Luzie? Wer ist denn da? Mach die Tür zu, es zieht.»
    Ich wollte den Käfig schnell durch die Tür von Frau Moll schieben, da verrutschte das Tuch, und Luzie rief: «Das ist ja ein –», doch bevor sie «Vogel» sagen konnte, hielt ich ihr den Mund zu.
    «Wenn du ein Wort verrätst, dann –», mir fiel nicht gleich etwas Schlimmes ein, «– dann schneid ich deinem Teddy den Kopf ab!» Das war aber keine richtige Drohung, denn Luzie schnitt ihren Kuscheltieren oft irgendetwas ab, um es später wieder anzunähen. «Und den Kopf spüle ich im Klo runter! Also, versprichst du, nichts zu sagen?»
    Luzie konnte nicht antworten, weil ich ihr immer noch den Mund zuhielt, aber sie nickte.
    «Dann verschwinde», sagte ich.
    Luzie verschwand, und ich konnte Bubi endlich in Frau Molls Wohnung bringen. Das Wohnzimmer war der wärmste Raum, aber vollgestopft mit Grünzeug. Ich wuchtete eine Palme von einem Tisch, stellte stattdessen den Käfig darauf und nahm das Tuch ab.
    «Hallo, Bubi», sagte ich leise und steckte meinen Finger durch die Gitterstäbe. Sofort kam der Wellensittich angeflattert und knabberte daran. Es tat nur ein klitzekleines bisschen weh.
    «Das ist noch nicht dein richtiges Zuhause», erklärte ich ihm. «Hier bleibst du nur so lange, bis ich Mama überredet hab, dass ich dich behalten darf. Sie hat eine Allergie gegen Haustiere, weißt du? Aber du wohnst sowieso bei mir in meinem Zimmer. Sie muss dich gar nicht sehen.»
    Bubi hustete. Ich weiß nicht, wie sich der Raucherhusten von alten Männern anhört, auf jeden Fall klang es nicht gut. Ganz heiser und rau.
    Ich verteilte Vogelsand auf dem Boden des Käfigs, füllte einen Napf mit Vogelfutter und den anderen mit frischem Wasser, dann sagte ich «Tschüs» zu Bubi und ging schnell rüber zu uns – nicht dass Luzie sich am Ende noch verplapperte.

    Unsere Küche sah aus, als wäre die Teigschüssel explodiert. Überall
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