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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Maximo Duncker
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denn dieser Einwurf war nicht vom Einsatzleiter, sondern von dem zweiten uniformierten Polizisten gekommen, der zusammen mit den Feuerwehrleuten und den beiden Zivilisten in ihrem Rücken gestanden, sich leise unterhalten und nur hin und wieder einen kryptischen Funkspruch abgesetzt hatte. Und nebenbei also auch ihr Gespräch belauschte.
    Doch noch ehe van Harm etwas entgegnen oder der dreiste Lauscher in ihren kleinen Kreis treten konnte, um seine Behauptung zu untermauern, schob der Einsatzleiter seinen Kollegen mit einem leisen »Lass mal gut sein« beiseite.
    »Was ich lediglich klarmachen wollte«, fuhr er dann, wieder an Kai gerichtet, fort und leitete damit gleichzeitig das Ende ihrer kleinen Konversation ein, »zu diesem Zeitpunkt ist es absolut unmöglich, etwas Genaues über das Geschehen zu sagen. Unfall oder Vorsatz, wer weiß? Unsere Leute und auch die Kollegen arbeiten daran.« Er nickte zur ausgebrannten Etage hoch, wo im Funzeln des provisorischen Lichts die Feuerwehrmänner noch immer dabei waren, sich mit Beilen und Brechstangen eine Bresche durch die qualmende Verwüstung zu bahnen. »Nur eines lässt sich bisher mit Sicherheit sagen: Es sind keine Personen zu Schaden gekommen. Von kleineren Schocks der unmittelbaren Anwohner und leichten Rauchvergiftungen abgesehen. Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen noch. Trotz all dem Schlamassel hier.«
    »Danke, Ihnen auch«, stammelte van Harm, von der Freundlichkeit des anderen überrumpelt. Und auch ein wenig verärgert, dass der Einsatzleiter doch nicht ins Klischee zu passen schien, das Kai für ihn bereitgestellt hatte.
    Am meisten aber war er sauer auf dessen Kollegen, der mit dem lässig hingeworfenen Urteil, seine Zeitung sei reaktionär und piefig, im Prinzip genau Kais eigene Meinung wiedergegeben hatte. Wenn auch nicht so umständlich und wortreich, wie van Harm es getan hätte, und auch dann nur vor jemandem, dem er zu hundert Prozent vertrauen konnte. Constanze, die an der Spitze stand in Sachen Vertrauen, kam auf ungefähr neunzig.
    Aufgewühlt von Adrenalin und Ärger entfernte sich van Harm zügig von der Gruppe der Chefs. Jetzt, da er wusste, dass sie überall herumlagen, spürte er auch die Glassplitter unter seinen Füßen. Knirschen hören konnte er sie nicht, dafür war es noch immer zu laut.
    An einem der entglasten Wagen am Straßenrand hielt er inne. Er wedelte mit den Fingern ein paar Scherben von der Motorhaube, bevor er seine Aktentasche dort ablegte und in der Innentasche des Mantels nach dem Handy grub. Er musste mit jemandem reden, mit seinem Chef, der sich vermutlich auf dem Weg hierher befand, nein, besser noch mit Constanze, die er mit der schrecklichen, ungeheuerlichen Neuigkeit überraschen konnte. Vielleicht ließ sie sich ein paar Worte des Mitleids abpressen.
    Er hatte ihre Nummer gewählt und wollte gerade das Telefon ans Ohr führen, als ihn ein markdurchdringendes »Hey, Sie da!« zusammenfahren ließ.
    Er merkte, dass er das Handy losließ, statt nur den Arm herunterzunehmen. Sah es, wie in Zeitlupe, fallen und zwischen Scherben und Dreck auf den Asphalt knallen, wo es in drei Teile zerschellte, die unter dem Auto verschwanden. Dann hörte er eine Rückkopplung und gleich darauf forderte dieselbe harsche Megafonstimme: »Kommen Sie weg da, Mann! Sie zerstören wichtige Spuren!«
    Van Harm drehte sich um und sah keine zehn Meter hinter sich jenen höheren Polizeibeamten, der seine Zeitung ein reaktionäres Käseblatt genannt hatte. Das Megafon hielt er immer noch vor den Mund. Da er eben noch keines dabeigehabt hatte, musste er sich das Gerät eigens besorgt haben, um van Harm hinterrücks anzuschreien. Der Typ grinste: dummdreist, unverschämt. Schien zu warten, was van Harm als Nächstes tun würde. Die anderen Einsatzchefs standen noch an derselben Stelle, wandten sich aber abrupt um und taten, als würden sie eine eben unterbrochene Unterhaltung wieder aufnehmen, als sie van Harms Blick bemerkten.
    Van Harm ging in die Hocke, versuchte die Stelle wiederzufinden, wo das Handy aufgeschlagen war. Er konnte nichts entdecken, beschloss, Splitter und Trümmer zu ignorieren, ließ sich auf die Knie fallen und spähte unter den Wagen, während er die ganze Zeit auf eine erneute Mahnung aus dem Megafon wartete. Doch die kam nicht. Also suchte er weiter, ohne sich noch einmal umzudrehen. Er konnte das Handy nicht aufgeben. Es war neben dem Notebook und seinem allmählich vergesslich werdenden Hirn der dritte Teil seines
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