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Wer bricht das Schweigen (German Edition)

Wer bricht das Schweigen (German Edition)

Titel: Wer bricht das Schweigen (German Edition)
Autoren: Janina Mantoni
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doch wissen, was mit der kleinen Natalie passiert. Heute Nachmittag rufe ich Sie sofort an, wenn ich wieder zurück bin. Vielleicht erfahre ich ja noch etwas das Sie wissen müssen. Wenn ich mich beeile, schaffe ich es hoffentlich noch zum Bus.“
      Janina stand ebenfalls auf. „Sie brauchen sich nicht überschlagen, Frau Krämer. Ich kann Sie ja mit dem Auto nach Windsheim bringen. Bei der Gelegenheit erledige ich gleich ein paar Besorgungen, die ich ohnehin demnächst vorhatte.“
      „ Warum kommen Sie nicht mit zu Frau Köhler? Ich würde Ihnen die Kleine gerne einmal zeigen. Das ist ein süßes Dingelchen“, schwärmte sie. „Am liebsten würde ich sie mit zu mir nach Hause nehmen, damit sie nicht in ein Heim muss.“
      „Was wird Frau Köhler sagen, wenn Sie einfach eine Fremde mitbringen?“, fragte Janina unsicher. „Wir könnten einen Treffpunkt ausmachen …“
    „Nichts da“, unterbrach sie die Haushälterin resolut. „Überlassen Sie das ruhig mir. Ich regle das schon.“
      Janina fügte sich. Gegen die resolute Frau kam sie ja doch nicht an. Als sie aber dann in Windsheim in der Rosenstraße anhielt, entschied sie dann doch,
    dass sie lieber im Auto bleiben wollte. „Sie können mir ja Bescheid sagen, wenn es länger dauern sollte, Frau Krämer. Ich habe eine Zeitung hier im Auto, die ich inzwischen lesen werde.“
      Die alte Dame sah ein, dass sie sich fügen musste. Sie hielt sich aber nur wenige Minuten im Haus auf.
    Janina sah sie in höchster Erregung aus dem Haus kommen. Ohne sich im Geringsten umzuschauen, kam sie über die Straße zu ihrem Auto gelaufen.
      „ Bitte kommen Sie mit hinein, Janina“, bat sie. „Frau Köhler weiß sich keinen Rat mehr. Natalie ist krank“, erklärte sie. „Die Kleine hat am ganzen Körper entsetzliche Pusteln. Ich habe so etwas in meinem Leben noch nie gesehen. Das arme Kind versucht sich immer zu kratzen, dadurch ist es an manchen Stellen schon ganz blutig. Frau Köhler kann die Kleine keinen Augenblick alleine lassen. Können Sie nicht etwas tun, Janina? Wenigstens ansehen sollten Sie sich das kleine Mädchen einmal“, bat sie, als die Lehrerin noch unschlüssig war. „Vielleicht ist es ja nur eine Kinderkrankheit, aber wir beide kennen uns da leider gar nicht aus.“
      „ Bei mir sind Sie da leider auch an der falschen Adresse, Frau Krämer“, meinte die Lehrerin bedauernd. „Aber ich kann mir die Kleine natürlich gerne einmal ansehen, wenn Sie möchten. Seit wann hat sie denn diesen Ausschlag schon?“, erkundigte sie sich, als sie zusammen ins Haus gingen.
      „ Heute Nacht hat es angefangen und ist allmählich immer schlimmer geworden, wie mir Frau Köhler vorhin erzählt hat. Sie hat uns die Wohnungstür aufgelassen“, stellte sie fest. „Kommen Sie nur gleich mit herein, Janina.“
      Sie kamen in ein kleines, halb verdunkeltes Zimmer. Eine alte Frau saß auf einem Stuhl. Daneben ein Bett, in dem ein blondlockiges Kind mit hochrotem Gesicht saß. Frau Köhler erhob sich schwerfällig, um der Lehrerin Platz zu machen. Das Bilderbuch, mit dem sie die Kleine vergeblich von ihrem Schmerz abzulenken versucht hatte, ließ sie achtlos auf den Boden fallen. Der alten Frau war deutlich anzumerken, wie überfordert sie sich fühlte.
      Janina sprach leise und beruhigend auf das Kind ein, während sie Frau Köhler auf einige besonders schlimme Stellen aufmerksam machte. Auf der Brust schienen sich einige dieser Quaddeln zu einer großen erhabenen weißen Fläche zusammengeschlossen zu haben. Fieber schien das kleine Mädchen nicht zu haben. Frau Köhler wollte sofort bei Nachbarn ein Thermometer leihen, als sie danach fragte, aber Janina entschied, dass es wichtig war, einen Arzt zu verständigen. „Weiß der Vater schon Bescheid?“, fragte sie. „Eigentlich müsste doch er sich um alles kümmern.“
      Die alte Frau winkte ab. „Wahrscheinlich hat er sogar vergessen, das Jugendamt zu verständigen. Ich kann mir sonst nicht erklären, warum sich bisher noch niemand bei mir gemeldet hat. Das arme Hascherl tut mir ja leid, wenn es in ein Heim muss, aber ich werde nächsten Monat immerhin schon siebzig.“
      Janina verstand, dass ihr die Verantwortung einfach zuviel war. Sie bemerkte gerade noch rechtzeitig, dass die Kleine wieder damit begonnen hatte, sich die Pusteln aufzukratzen. Erschrocken hielt sie ihr die Hände fest, um sie daran zu hindern. „Nicht weinen, mein Schatz“, redete sie ihr zu. „Du bekommst bald eine
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