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Wer anders liebt (German Edition)

Wer anders liebt (German Edition)

Titel: Wer anders liebt (German Edition)
Autoren: Karin Fossum
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Untersuchungen, die am Tatort und in der Umgebung gemacht werden müssen«, erklärte Skarre. »Das dauert seine Zeit, wir werden heute Abend nicht mehr fertig. Deshalb müssen wir über Nacht weiterarbeiten.«
    Sie drohte wütend mit den Fäusten.
    »Erzählen Sie mir nicht, dass er die ganze Nacht im Wald liegen soll«, rief sie. »Also wirklich, er ist doch erst acht!«
    »Ich fürchte doch«, sagte Skarre. »Die Techniker sind noch nicht fertig.«
    »Nein«, protestierte sie. »Sie müssen ihn ins Krankenhaus bringen, damit er ein Bett bekommt. Da oben gibt es Tiere, und nachts ist es kalt, und das lasse ich mir nicht gefallen!«
    Sie sprang vom Sofa auf und schrie. »Das lasse ich mir nicht gefallen!«
    Sejer erhob sich, um sie zu beruhigen, aber sie ließ sich nicht beschwichtigen.
    »Vor uns liegt sehr viel Arbeit, Elfrid«, sagte er. »Wichtig ist jetzt, den Schuldigen schnell zu finden. Sie müssen mir glauben, dass der Junge nicht allein dort liegt. Unsere Leute wachen die ganze Zeit über ihn.«
    »Wir haben ein Zelt aufgestellt«, erklärte Skarre. »Da ist es hell und warm.«
    Sie schlug eine Hand vor den Mund.
    »Warum bin ich ihm nicht entgegengegangen«, flüsterte sie, »es ist unerträglich, ich hätte ihn doch abholen können, und alles wäre in Ordnung. Er ist doch erst acht, ich hätte daran denken müssen, dass etwas passieren kann, ich hätte daran denken müssen.«
    Ihre Worte wurden von einem verängstigten Schluchzen abgelöst.
    »Was ist mit dem Vater?«, fragte Sejer. »Jonas Augusts Vater? Wohnt er auch hier?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Mit dem reden wir nicht.«
    »Sie sollten ihn aber anrufen«, sagte Sejer. »Dann kann er uns morgen früh begleiten. Und dann sind Sie zu zweit.«
    »Wir waren noch nie zu zweit«, sagte sie. Wieder zog sie an der Schleife an ihrem geblümten Kleid. Ihre blonden Haare waren kurz geschnitten, sie sah aus wie ein Knabe in Mädchenkleidung.
    »Ich weiß nicht, wo er sich herumtreibt, er kennt Jonas nicht. Er hat mich verlassen, ehe ich ihm etwas sagen konnte. Jonas ist ein Geheimnis.«
    »Es gibt also niemanden, den Sie informieren möchten?«, fragte Sejer.
    »Warum glauben sie, dass es Jonas ist?«, fragte sie.
    »Die Kleidung«, erklärte Skarre.
    »Aber Jungen tragen doch immer T-Shirt und Shorts, das tun sie alle, und es war den ganzen Tag warm. Wollen Sie sagen, dass der Junge oben im Wald bei Linde so ein T-Shirt und rote Shorts trägt?«
    Skarre dachte an die Hose, die sie nicht gefunden hatten. Er rang mit sich darum, wie viel er sagen sollte.
    »Wir glauben, dass es Jonas ist«, sagte er.
    Sie wurde wütend und ihre Wangen glühten.
    »Er hatte also rote Shorts?«
    Skarre sah ihr in die Augen, was ihn sehr viel kostete.
    »Wir haben keine Shorts gefunden«, gab er zu.
    »Keine Shorts gefunden? Er muss doch wohl Shorts getragen haben.«
    Ein Verdacht zeigte sich in ihrem Gesicht. Skarre mühte sich ab, um die richtigen Worte zu finden, die, die ihm nicht erspart bleiben würden.
    »Der Junge, den wir gefunden haben, trägt keine Hose«, gab er zu.
    Elfrid Løwe erbleichte. Die Männer konnten sehen, wie ihre Phantasie arbeitete.
    »Wir möchten keine Spekulationen anstellen«, sagte Sejer ruhig. »Wir werden abwarten. Aber wir müssen Ihnen gegenüber ehrlich sein. Wir haben gute Gründe zu der Befürchtung, dass es sich bei dem toten Jungen um Jonas handelt. Bitte rechnen Sie damit. Aber wenn es darum geht, was ihm angetan worden ist, sollten wir hier nicht herumraten.«
    »Vielleicht irren Sie sich«, sagte sie und biss sich wieder in die Fingerknöchel. »Und das hier ist nur Routine. Nicht wahr, das ist nur Routine?« Ihre Augen flehten, sie waren so dunkelblau wie die von Jonas August.
    »Doch«, sagte Sejer widerwillig.
    »Aber dieser Junge«, fragte sie jetzt. »Den Sie gefunden haben. Wie ist der gestorben?«
    »Das wissen wir noch nicht.«
    »Aber wann werden Sie das wissen? Wie lange muss ich warten?«
    »Bis der Obduktionsbericht vorliegt.«
    »Wollen Sie ihn obduzieren?«
    »Das müssen wir in solchen Fällen.«
    »Dann wird er aufgeschnitten«, schluchzte sie.
    Skarre ergriff das Wort. »Die Obduktion ist sehr wichtig für unsere Ermittlungen«, und kaum hatte er das gesagt, merkte er, wie hohl diese Worte klangen.
    »Ich weiß, was dabei passiert«, rief sie. »Jonas wird aufgeschnitten und dann werden alle Organe entfernt und durch Zeitungspapier ersetzt, und dann liegt er voller Abfall im Sarg und damit muss ich für den Rest
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