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Wenn Tote schwarze Füße tragen

Wenn Tote schwarze Füße tragen

Titel: Wenn Tote schwarze Füße tragen
Autoren: Léo Malet
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jemanden zu
kompromittieren, der ihm das blutige Geld in gutes eintauschen würde. So etwas
gelingt einem nicht von heute auf morgen. Irgend etwas sagt mir, daß ihm erst
vor kurzem der Direktor oder der Kassierer der Banque Bonfils ins Netz
gegangen ist. Und ausgerechnet in dem Moment taucht Sigari auf, Lieferant für
animierende Literatur, die den Appetit eurer Gäste anregen soll. Castellet
befördert Sigari ins Jenseits. Auch Agnès bringt er um, allerdings nicht
sofort. Vielleicht zögert er angesichts ihrer Jugend? Vielleicht ahnt er gar
nicht, daß sie sein Geheimnis kennt, und nimmt an, daß sie ‚nur’ den Mord an
dem barbouze mitgekriegt hat. Jedenfalls bringt er sie nach Celleneuve.
Sie und Sigaris Leiche, die er in den Brunnen wirft. Agnès hält er erst einmal
in dem verlassenen Bauernhaus gefangen, gefesselt und geknebelt. Es gelingt dem
Mädchen, aus dem Gefängnis zu entwischen, doch er fängt sie wieder ein... Und
da ist noch seine... äh... Akquisiteurin: Christine Crouzait, die den ,Salon“
mit frischem Fleisch versorgt. Auch sie wußte zuviel...“
    „Genauso wie du, auch du weißt
zuviel“, höre ich hinter mir die Stimme des Mörders. „Keine Bewegung, Kleiner!
Bleib, wo du bist!“
    Ich bleibe, wo ich bin. Im Stillen
verfluche ich mich. Ich mit meiner Vorliege für gepflegte Unterhaltungen! Als
hätte ich nichts Besseres zu tun!
    Der Mörder baut sich vor mir auf. Der
Revolver in seiner Hand sieht ungemütlich aus. Er selbst übrigens auch, was
noch viel schlimmer ist. Er lehnt an einer Kommode, den Kopf leicht zur Seite
geneigt. Eine Schulter ist niedriger als die andere, so wie es Chambord ganz
richtig bemerkt hat.
    „Und jetzt richte dich ganz langsam
auf“, befiehlt er mir. „Nimm ihm die Waffe ab, Mireille, und gib sie mir! Und
dann mach das Fenster zu, damit wir ungestört sind.“
    „Ich weiß nicht, wie du dir das
vorstellst“, sage ich, „aber es gibt Leute, die hinter mir stehen und sich
Sorgen machen, wenn sie mich nicht hier herauskommen sehen.“
    Der Mörder bricht in fröhliches
Gelächter aus.
    „Du kennst wohl alle Tricks, was?
Leute, die hinter dir stehen... Mach dir über die mal keine Gedanken!“
    Er zieht die Augenbrauen hoch und fügt
hinzu:
    „So schlau bist du nämlich gar nicht.“
    „Ich bin alles andere als schlau“,
pflichte ich ihm bei. „Und die, die sich für schlau halten — diese Stadt
scheint ja voll davon! — , über die kann ich nur lachen.“
    „Ja, dann lach doch! Und du, Mireille,
tust jetzt, was ich dir gesagt habe.“
    Die Frau steht auf, entwaffnet mich,
gibt Castellet meine Kanone und geht schwankend zum Fenster, um es zu
schließen. Der dumpfe Straßenlärm, der zu uns hochdrang, weicht einer lastenden
Stille. Plötzlich hört man Schritte hinter einer der Türen.
    „Hierher!“ brüllt Castellet. „Komm
rein!“
    Die Tür geht auf, und herein kommen
Dorville, André, der Blinde und ein weiterer pied-noir, Typ Catcher.
Diese Leute hat Castellet bestimmt nicht erwartet. Überrascht fährt er hoch.
Ich nutze die Schrecksekunde aus und stürze mich in Überschallgeschwindigkeit
auf ihn. Fünf Minuten später sitzt er brav in einem Sessel, an Händen und Füßen
gefesselt. Mit Strumpfhaltern, die der Witzbold André aus dem Laden unten geholt
hat.
    „Wir wußten nicht so recht, was wir
machen sollten“, erklärt mir Chambord. „Wie abgesprochen, haben wir in dem
Bistro auf Ihre Anweisungen gewartet. Da von Ihnen nichts kam, sind wir auf gut
Glück hierher gefahren und haben Monsieur Dorville auf dem Bürgersteig
getroffen.“
    „Ich habe mir ebenfalls Sorgen
gemacht“, sagt Dorville.
    Mireille, die bis jetzt in einer Ecke
gekauert hat, fängt plötzlich an, wie eine Verrückte zu lachen. Ein langes,
unangenehmes Lachen, beinahe ein Heulen.
    „Stopft der Schlampe das Maul!“ brüllt
Castellet.
    Mit ein paar saftigen Ohrfeigen bringe
ich sie zum Schweigen. Nicht, um dem wenig charmanten Mörder einen Gefallen zu
tun, sondern um sie daran zu hindern, das gesamte Viertel zusammenzuschreien.
Sie lacht zwar immer noch, aber jetzt still in sich hinein. Ich reiche ihr die
Flasche, und sie trinkt sie in einem Zug leer. Das beruhigt sie.
    „Wollen Sie noch die anderen holen?“
fragt Chambord.
    „Ja, und meinen Mitarbeiter auch.“
    André und ich gehen hinunter.
    „Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun?“
fragt mich der Blindenhund.
    „Machen Sie sich da mal keine Sorgen“,
erwidere ich grinsend.
    Wenig später dann versammelt sich
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