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Wenn nur dein Lächeln bleibt

Wenn nur dein Lächeln bleibt

Titel: Wenn nur dein Lächeln bleibt
Autoren: H Lind
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Sorgen! Bernd, es ist alles so schrecklich kompliziert …«
    »Meinst du, ich darf meine Tochter endlich mal sehen?« Bernd zog mich sanft vom Bett hoch. »Sonst ist die dritte Vatistunde vorbei, ohne dass ich Anja zu Gesicht bekommen habe. Jedes Mal, wenn ich komme, finde ich immer nur meine weinende Frau vor, aber nie mein Kind.«
    Tapfer rappelte ich mich auf. Arm in Arm liefen wir zum Babyzimmer.
    »Da können Sie nicht rein!« Sofort stellte sich eine wachsame Schwester quer.
    »Aber wir wollen nur unser Kind sehen!«
    »Name?!«
    »Hädicke.«
    »Dann kommen Sie mal mit.« Die Schwester führte uns vor einen Glaskasten, der aussah wie ein Aquarium. »Da hinten links in der Ecke.«
    Wir starrten durch die Scheibe. Das war doch nicht … mein kleines rosiges Baby, das ich in Erinnerung hatte? Dieser arme, an Schläuche angeschlossene Wurm, dessen Gesicht man gar nicht erkennen konnte, war doch nicht etwa unsere heiß geliebte Tochter?!
    »Aber das ist doch nicht Anja!«, hörte ich mich aufheulen.
    »Nun stellen Sie sich mal nicht so an, Frau Hädicke!« Die Schwester tätschelte mir beruhigend den Arm. »Das sieht alles schlimmer aus, als es ist!«
    »Ja, aber …« Bernd stand richtig unter Schock. Er legte die Hände auf die Scheibe, als wollte er unser Kind durch das dicke Glas streicheln. Ich klammerte mich Hilfe suchend an seinen Arm. »Wieso hängt Anja denn an Schläuchen?«
    »Sie wird eben künstlich ernährt.« Ein strafender Blick in meine Richtung.
    O Gott! Was hatte ich diesem Kind nur angetan! Erst die verpatzte Geburt, dann das gescheiterte Stillen – und am Ende hätte ich es fast noch umgebracht!
    »Die Apparate kontrollieren die Funktion ihrer Organe – routinemäßig«, belehrte uns die Schwester. »Sie war ja in ihrem kurzen Leben schon einigen Strapazen ausgesetzt.«
    »Aber wird sie es schaffen?«, presste Bernd hervor. Der kalte Schweiß stand ihm auf der Stirn.
    »Ja, ja, davon können Sie ausgehen.« Die Schwester tat so, als wäre das alles eine Lappalie. »Der Staat hat alles im Griff. Und jetzt gehen Sie bitte, damit wir hier in Ruhe unsere Arbeit tun können.« Mit diesen Worten schob sie uns einfach beiseite, betrat das Aquarium und ließ innen einfach eine Jalousie herunter.
    Wir standen davor und kamen uns vor wie im Kino, wenn gerade der Film gerissen ist.
    »Die Vatistunde ist um!«, rief uns eine vorbeieilen de Schwester zu, die zwei Säuglinge im Arm hatte. »Alle Muttis zum Stillen auf die Zimmer!«
    »Bernd, ich halte das einfach nicht mehr aus«, wim merte ich. Meine Beine drohten zu versagen. »Das ist ein einziger Albtraum!«
    Bernd legte zwei Finger unter mein Kinn und zwang mich, ihm in die Augen zu sehen. »Du hast nichts falsch gemacht. Unser Kind hatte einen schweren Start. Es wird hier perfekt versorgt. Sie tun alles, damit es ihm gut geht. Du wirst schon sehen: Morgen bringen sie es dir zum Stillen. Du musst dich jetzt ausruhen, Angela. Hörst du?«
    »Ja«, presste ich hervor und verbarg mein verweintes Gesicht in Bernds Pullover. »Bitte halt mich nur noch eine Sekunde!«
    Es tat so gut, mich an meinen Mann schmiegen zu können! Seine Arme umfingen mich so fürsorglich, liebevoll und optimistisch. Ich wollte ihn nie, nie wieder loslassen. Ihn nicht, und unser Kind auch nicht.
    »Sie stehen hier im Weg!«, herrschte uns eine weitere Schwester an, während wir eng umschlungen vor dem Babyzimmer standen. »Sie behindern uns bei der Arbeit!«
    »Tschüs, mein Schatz, ich liebe dich!« Bernd löste sich sanft von mir und lief zum Ausgang. »Vergiss nicht: Alles wird gut! Morgen komme ich wieder!«
    Dann verschwand sein vertrautes Profil um eine Ecke.
    »Ja«, murmelte ich halbwegs getröstet, »alles wird gut.«
    D ie nächsten Tage vergingen deprimierend langsam.
    Elke und Jutta schwelgten im Babyglück, stillten ihre Kinder alle vier Stunden und plapperten unbefangen über Muttermilchstuhl, Bäuerchen und Windelwickeltechniken.
    Ich lag in meinem Bett, starrte an die Decke und vermisste mein Kind. Einzig und allein die »Vatistunde« brachte Licht in mein Dunkel. Denn dann holte Bernd mich ab, und wir standen vor dem Aquarium und betrachteten unser Töchterchen, das im hintersten Winkel an Schläuchen und Apparaten hing. Eine Stunde lang strichen wir mit den Fingerspitzen über die Glasscheibe, als wäre sie unsere Anja. Wir erfanden süße Kosenamen, schmiedeten Pläne, klammerten uns an die Hoffnung, dass in ein paar Tagen alles überstanden sein
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