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Wenn ich einen Wunsch frei haette

Titel: Wenn ich einen Wunsch frei haette
Autoren: Deborah Ellis
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unerlaubte Spritztouren machten. Als dann am letzten Tagen ein Pressegespräch angesetzt war, und ein Fotograf auftauchte, warf sich die Anführerin dieser Gruppe in Pose und stolzierte auf die Presse zu. Wir fürchteten bereits Schlimmes. Die erste Frage der offenbar sensationslüsternen Reporter lautete auch gleich: »Was sagst Du zu den Selbstmord-Attentätern?« Ich wollte eingreifen, doch das Mädchen winkte ab.
    »Oh doch«, meinte sie, »dazu will ich etwas sagen. Ich habe zu Hause ständig Angst vor den Bomben. Hier können wir einfach in Busse steigen und ausgehen. Das ist ein herrliches Gefühl. Aber gucken Sie sich diese Kinder aus Nablus an. Die müssen noch viel mehr Angst haben. Seit Jahren dürfen sie nicht raus, überall sind Panzer, unsere Armee zerstört ihre Häuser, sie haben nichts mehr zu essen. Früher habe ich das nicht gewusst, dann konnte ich es hier zuerst nicht glauben. Jetzt weiß ich, dass es stimmt! Die Selbstmordattentate sind schrecklich, und ich habe Angst davor. Aber ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich in ihrer Situation wäre. Früher waren das Nachrichten, das hat mich nicht interessiert. Jetzt sind es Menschen. Ich werde immer an sie denken, wenn ich Nachrichten höre und nicht mehr glauben, was uns die Politiker erzählen. |174| Auch die Terroristen sind junge Menschen, die leben wollen. Nicht nur ihre Führer, die sie aufhetzen, tragen die Schuld, sondern auch unsere Politiker, die sie unterdrücken und bedrohen. Das wollte ich Ihnen sagen.« Dann ging sie mit schwingenden Hüften zu ihren Freundinnen zurück.
     
    Besitzansprüche auf das »gelobte Land«– Zwei Perspektiven
    I n fast jedem Krieg geht es um wirtschaftliche Interessen, um politische Macht, um nationalistische Ideologien oder um religiöse Gefühle. Diese Bereiche waren in der wechselvollen Geschichte Palästinas von unterschiedlicher
Bedeutung oder griffen als kaum entflechtbare Gemengelage ineinander. Es ist deshalb unmöglich, eine bestimmte Ursache der Auseinandersetzung zu finden, besonders in diesem Konflikt greifen viele Faktoren ineinander.
    Die geographische Lage als Brückenkopf zu den arabischen Ländern und zum Orient macht Israel und Palästina für die Großmächte als politische Verbündete, als
Militärstützpunkt, für Öl-Pipelines und als Absatzmarkt interessant. Das sind unter anderen die Gründe, weshalb die USA seit Jahrzehnten Israel finanziell unterstützen und aufrüsten. Auch alle anderen Großmächte versuchen, Einfluss in der Region zu erlangen.
    Diese weltpolitische Bedeutung des Konflikts scheint den betroffenen Jugendlichen beider Seiten kaum bewusst zu sein. Ihre Argumente in der Auseinandersetzung
erscheinen vor diesem Hintergrund als völlig unzeitgemäß.
    |175| An einem der ersten Seminartage geht es um die jeweilige historische Sichtweise des Konflikts (historical narratives). Dabei soll sich erst jede Seite die Perspektive der anderen anhören, ohne Unterbrechung und Kommentare. Danach entwickelt sich meist eine Diskussion, wie sie nachfolgend skizziert wird.
    Der Kampf geht um ein Stück Land, das beide Seiten beanspruchen. Deshalb geht es schnell um die Frage: »Wem gehört das Land, das die einen Israel und die anderen Palästina nennen?« Dabei spielen private Rechtstitel oder völkerrechtliche Beschlüsse weniger eine Rolle als der fatale »Wettbewerb«, welches Volk »zuerst da war«. Die Juden führen die biblischen Geschichten an, wonach Moses vor fast 3000 Jahren die »Kinder Israels« durch die Wüste ins verheißene Land geführt hätte, und das sei eben Palästina gewesen.
    Die Palästinenser halten dagegen, dass Moses auch im Koran ein von Allah ausgewählter wichtiger Prophet sei. Insofern könnten sie von Moses die gleichen Rechte ableiten. Die palästinensischen Teilnehmer begründen ihr Recht auf das Land dann meist damit, dass sie in diesem Land gelebt hätten, während die Juden in aller Welt verstreut waren.
    »Aber wir wurden von hier vertrieben«, empören sich darauf die israelischen Gesprächspartner, »das Land wurde uns abgenommen, Wir waren nicht freiwillig in der Diaspora, wir wurden jahrhundertelang verfolgt – bis hin zur Shoa.« Die Entgegnung lautet in etwa: »Wir haben Euch vor 2000 Jahren nicht vertrieben – das waren die Römer. |176| Aber Ihr habt uns zu Flüchtlingen im eigenen Land gemacht – hier und jetzt! Weil Ihr gelitten habt, stürzt Ihr uns nun ins Elend.«
    Einige Israeli führen nun an, was sie aus ihren
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