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Wenn ich einen Wunsch frei haette

Titel: Wenn ich einen Wunsch frei haette
Autoren: Deborah Ellis
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feststellen, dass fast all diese Kontakte seit |162| Ausbruch der Zweiten Intifada zerrissen waren. Unter den Bedingungen von Belagerung, Ausgangssperre, Kontrollen und tödlichen Angriffen seien Dialog-Projekte nicht mehr gewünscht und auch zu gefährlich, sagten viele
PalästinenserInnen, darunter prominente FriedensaktivistInnen. Auch Organisationen in Israel zeigten kaum Interesse: Solange die Friedenskräfte in Palästina nichts dagegen unternähmen, dass Selbstmord-Attentäter als »Märtyrer« verehrt würden, sei eine Verständigung ausgeschlossen.
    Vertreter von beiden Seiten meinten, die Zeit des Dialogs sei vorbei, die Treffen und Gespräche hätten nichts gebracht. Auf palästinensischer Seite wurde immer wieder betont, welch große Hoffnungen man in den Osloer Friedensprozess gesetzt habe, und wie enttäuscht man jetzt sei. Auf israelischer Seite wurde bis in die Führung der »
Peace-Now-Bewegung« ein weiterer Dialog abgelehnt. Israel müsse von sich aus die Besatzung beenden und die Grundlage für einen dauerhaften Frieden schaffen.
    Nur die Friedensschule Neve Shalom / Wahat al-Salam ( NSWaS ) hatte noch Kontakt zu einem Friedensaktivisten aus Qalqilia sowie einem Jugendzentrum in Nablus und entschloss sich zu einer Zusammenarbeit mit uns.
    Zufällig hörten wir von Keren aus Tel-Aviv und Rami aus Ost-Jerusalem, die sich auf einem Friedensschiff der japanischen
Friedensbewegung kennengelernt hatten. Während einer Kreuzfahrt von politisch interessierten Touristen werden
Bildungsseminare durchgeführt, die von jungen Leuten aus allen Krisen- und Kriegsgebieten angeboten werden. Nach vielen gemeinsamen Workshops stellten Keren und |163| Rami große Übereinstimmungen fest, aber auch wie wenig sie jeweils von den Lebensbedingungen und der Kultur der anderen Seite wussten. Es schien ihnen absurd, irgendwo auf dem Atlantik zusammenzuarbeiten und dies zu Hause nicht zu wagen. Sie erzählten vielen Freunden von dieser Erfahrung und gründeten eine Initiative, die sich später »Breaking Barriers« nannte. Wir luden sie nach Deutschland ein, und beide nahmen im Sommer 2002 erstmals mit je 25 Bekannten an zwei Freizeiten in Deutschland teil. Seitdem haben jeden Sommer Freunde von Freunden der Freunde beider Seiten die Barrieren gebrochen, über 400 TeilnehmerInnen sind inzwischen durch die
Graswurzel-Initiative»Breaking Barriers« zu den Seminaren in Deutschland gekommen. Soweit die politischen Bedingungen es erlauben, bleiben viele Gruppen später in Kontakt.
     
    D a es sich als völlig illusorisch erwies, palästinensische Kinder unter 15 Jahren aus der Westbank mit jüdischen Kindern aus Israel gemeinsam zu Ferien einzuladen, sprachen wir über unsere Partnerorganisationen 16- bis 19-Jährige und 22- bis 30-Jährige an. Die Altersgruppe dazwischen entfällt weitgehend, weil fast alle jungen Israelis drei Jahre Militärdienst leisten müssen.
    Die Auswahl der TeilnehmerInnen überlassen wir unseren Partnerorganisationen nach abgesprochenen Kriterien. Demnach sollen es keine »Aktivisten« aus bestehenden Friedensgruppen oder aus parteinahen
Jugendorganisationen
sein. Im Gegensatz zu der im Nahen Osten – und nicht nur dort – verbreiteten »education for leadership« |164| ziehen wir einen »Graswurzelansatz« vor, wo »ganz normale« Jugendliche, von Neugier auf das »Fremde« angezogen, hinter die Kulisse der heimischen Propaganda schauen wollen. Soziale Kriterien gibt es natürlich auch, denn wir wollen hier keine Spenden für die Kinder reicher Leute sammeln. Die palästinensische Bevölkerung ist inzwischen so verarmt, dass den meisten kein Eigenbeitrag zugemutet werden kann. Viele Jugendliche aus Israel zahlen einen Eigenbeitrag, der in den »Topf« für die Honorare der »facilitator« und Übersetzer geht, denn sie erhalten aus den Spenden der Aktion »Ferien vom Krieg« nur ein Taschengeld.
    Zu den Begegnungen gehört Mut. Viele der Teilnehmer haben Angst, zu Hause zu sagen, dass sie »die Anderen« treffen wollen. Sie erzählen dann meist, sie seien zu einem Treffen mit deutschen Jugendlichen eingeladen. Das gilt für beide Seiten. Zwar sind solche Begegnungen für israelische Staatsbürger nicht offiziell verboten, doch sprach der Ministerpräsident in diesem Zusammenhang von »
Vaterlandsverrätern«. Mir sind mehrere Fälle bekannt, in denen Jugendliche aus Israel, die an einer Begegnung teilnehmen wollten, unter schweren sozialen Druck seitens ihrer Familie gerieten, und wenn sie
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