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Wenn Ich Bleibe

Titel: Wenn Ich Bleibe
Autoren: Gayle Forman
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mein Vater. »Wir könnten einen Ausflug machen. Henry und Willow besuchen.« Henry und Willow sind zwei der Musikerfreunde meiner Eltern aus alten Tagen, die mittlerweile auch ein Kind bekommen und beschlossen haben, sich endlich wie Erwachsene zu benehmen. Sie wohnen auf einer großen, alten
Farm. Die Scheune haben sie zu einem Büro umgebaut, und Henry bastelt dort Websites. Willow arbeitet in einem Krankenhaus. Sie haben ein kleines Mädchen. Das ist auch der Grund dafür, dass meine Eltern sie besuchen wollen. Teddy ist gerade acht geworden, und ich bin siebzehn, was bedeutet, dass wir schon seit ewigen Zeiten aus dem Alter heraus sind, in dem Kinder diesen säuerlichen Milchgeruch verströmen, bei dem Erwachsene dahinschmelzen.
    »Wir können auf dem Heimweg bei Book-Barn anhalten«, sagt meine Mutter. Damit hat sie einen Köder für mich ausgeworfen. Book-Barn ist ein riesiges, verstaubtes Antiquariat. Ganz hinten stapeln sich Schallplatten mit klassischer Musik für fünfundzwanzig Cents, die außer mir scheinbar niemand kauft. Ich habe schon einen ganzen Haufen davon unter meinem Bett liegen, gut versteckt, versteht sich. Eine Sammlung klassischer Schallplatten ist nichts, was man herausposaunen sollte.
    Ich habe sie Adam gezeigt, aber erst, als wir schon fünf Monate zusammen waren. Ich dachte, er würde mich auslachen. Er ist so ein cooler Typ mit seinen Röhrenjeans und den schwarzen Convers-Tretern, den gekonnt ausgewaschenen Punkrock-T-Shirts und den unauffälligen Tattoos. Er ist so ganz und gar nicht der Typ, den man in meiner Gesellschaft erwarten würde. Deshalb dachte ich auch, dass er sich über mich lustig machte, als ich ihn vor zwei Jahren das erste Mal dabei
erwischte, wie er mich im Musikstudio in der Schule anstarrte, und ich glaubte, ich müsste ihm aus dem Weg gehen. Wie auch immer, er lachte mich nicht aus. Es stellte sich heraus, dass er selbst eine Sammlung verstaubter Punk-Scheiben unter seinem Bett versteckt hält.
    »Wir können auch bei Gran und Gramps zu einem frühen Abendessen einfallen«, sagt mein Vater und greift bereits zum Telefon. »Und wir sind bestimmt früh genug wieder da, damit du rechtzeitig nach Portland kommst«, fügt er hinzu, während er die Nummer meiner Großeltern wählt.
    »Ich bin dabei«, verkünde ich.
    »Teddy!«, ruft mein Vater. »Zieh dich an. Wir gehen auf Abenteuerfahrt!«
    Teddy beendet sein Schlagzeugsolo mit scheppernden Schlägen auf die Becken. Einen Augenblick später kommt er vollständig angekleidet in die Küche gerast, als ob er sich seine Sachen unterwegs angezogen hätte, während er die steile hölzerne Treppe unseres zugigen viktorianischen Hauses nach unten gepoltert kam. » School’s out for summer … «, singt er.
    »Alice Cooper?«, fragt mein Vater mit gespielter Empörung. »Haben wir denn neuerdings keinen Geschmack mehr? Sing wenigstens irgendwas von den ›Ramones‹.«
    » School’s out forever! «, grölt Teddy ungerührt weiter.
    »Freu dich bloß nicht zu früh«, sage ich.

    Meine Mutter stellt einen Teller mit leicht angebrannten Pfannkuchen auf den Küchentisch. »Greift zu, Leute«, befiehlt sie.

8.17 Uhr
    Wir quetschen uns in unseren rostigen Buick, der schon alt war, als meine Großmutter ihn uns nach Teddys Geburt schenkte. Meine Eltern fragen mich, ob ich fahren will, aber ich lehne ab. Mein Vater setzt sich ans Steuer. Mittlerweile fährt er gern Auto. Jahrelang hatte er sich hartnäckig geweigert, den Führerschein zu machen, und darauf bestanden, überall mit dem Rad hinzufahren. Damals, als er noch Musiker war, hatte seine Abneigung gegen das Autofahren zur Folge, dass immer eines der anderen Bandmitglieder fahren musste. Sie schüttelten darüber nur verständnislos den Kopf. Meine Mutter allerdings begnügte sich nicht mit Kopfschütteln. Sie nervte ihn, hänselte ihn, und manchmal schrie sie ihn auch an, er solle endlich fahren lernen, aber er beharrte stur darauf, dass ihm sein Drahtesel heilig sei. »Na, dann baue doch bitte ein Fahrrad, auf dem Platz für drei ist und in dem wir nicht nass werden, wenn es regnet«, sagte sie. Aber mein Vater lachte bloß und meinte, das bekäme er schon hin.
    Aber als meine Mutter mit Teddy schwanger war, hörte der Spaß auf. Es reicht, meinte sie. Mein Vater
schien zu begreifen, dass sich etwas verändert hatte. Er hörte auf zu widersprechen und machte den Führerschein. Er drückte sogar wieder die Schulbank, um seine Ausbildung als Lehrer abzuschließen. Als Vater
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