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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures
Autoren: Colette Livermore
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Buntglasfensters stand, das den Heiligen Geist abbildete. Es fiel nur wenig Licht in die dunkle Kirche.
    Am Tag der Seligsprechung war ich zeitig auf und stellte mich in die Schlange, um mir einen guten Standort auf dem Petersplatz zu sichern. Bei meiner Ankunft in Rom hatte ich Schwester Regina angerufen und mit ihr vereinbart, mich gleich nach der Seligsprechung mit ihr zu treffen, doch sie war zusammen mit den anderen MNs im vorderen Bereich des Platzes und ich im hinteren Teil neben einem der Brunnen. Uns trennte ein undurchdringliches Menschenmeer, eingedämmt durch provisorische Metallgitter.
    Nach der Zeremonie zur Seligsprechung hielt ich mich
im Umfeld des Doms auf, weil ich hoffte, einige Schwestern zu treffen, die ich kannte. Sie waren zum Mittagessen alle ins Paul VI. Auditorium gegangen, und farbenprächtige Schweizer Garden sicherten den Eingang. Ohne Ausweis kam keiner hinein. Also wartete ich vor dem Tor zum Auditorium und hoffte, jemanden zu treffen, der für mich eine Nachricht an Schwester Regina überbringen konnte. Meine Tertianerlehrerin näherte sich dem Tor. Ich rief sie beim Namen. Sie sah mich argwöhnisch an. Ich sagte: »Tobit.«
    Es war eine peinliche Situation. »Hallo, wie geht es?«, fragte ich.
    »Gut, ich bin im Aufbruch«, erwiderte sie.
    »Kannst du mich reinlassen?«
    »Nimm einfach diesen Ausweis, dann lassen sie dich rein.« Es war ihr eigenes Ticket mit dem blauen Erkennungsmerkmal, das mich als MN-Schwester aus der Gemeinschaft von Primavale auswies.
    Die Schweizer Garde achtete nicht darauf, dass ich kein Habit trug, da ich im Besitz eines Ausweises war. Ich betrat das Auditorium, wo Hunderte von Schwestern vieler Nationalitäten sich versammelt hatten. Anfangs erkannte ich niemanden, aber dann entdeckte ich Schwester Regina, die mit der für sie typischen Energie den Gang entlangeilte. Bevor sie nach Rom kam, hatte sie in einem abgelegenen Teil von Tansania gelebt, nahe der Grenze zu Ruanda. Die aufgedunsenen Leichen, die nach den tragischen Massakern die Flüsse und Wasserfälle hinuntertrieben, hatten ihr arg zugesetzt. Sie hatte sich um Menschen mit Aids im fortgeschrittenen Stadium gekümmert, die in von den Schwestern und Dorfbewohnern errichteten Lehmhütten lebten.
Wie erhofft, traf ich viele der Frauen, die ich während meiner Zeit im Orden kennengelernt hatte, obwohl ich enttäuscht feststellen musste, dass Gabrielle, Naomi und Ling der Seligsprechung nicht beigewohnt hatten.
    Am Nachmittag sah ich die Premiere von Mother Teresa: The Legacy, ein Film von Ann und Jeanette Petrie. Die Filmvorführung verzögerte sich durch eine amerikanische Politikerin, die dem republikanischen rechten Flügel zuzuordnen und begeisterte Bush-Anhängerin war und von einem amerikanischen Erzbischof vorgestellt wurde. Anstatt kurz den Film anzukündigen, erzählte sie über eine halbe Stunde lang von Präsident Bushs Agenda für die Welt und sagte wenig über Mutter Teresa. Selbst Schwester Regina war verärgert. Als der Film dann endlich losging, sah man Archivaufnahmen von Mutter Teresa, die direkt in die Kamera sprach, dazu Filme aus ihrem Leben. Sie hatte noch dieses »gewisse Etwas« - das Leuchten in ihren Augen, ihr Lächeln. Als eine Frau der Tat hatte sie auf eine leidende Welt reagiert, ein Mensch ihrer Zeit. Zum ersten Mal jedoch entdeckte ich das Aufblitzen ihres Egos, als sie vor den männlichen Geistlichen, die ihr Hindernisse in den Weg legten, ihre Sache verteidigte und auf die Errungenschaften ihres Ordens hinwies.
    Zwei Tage vor der Seligsprechung Mutter Teresas sollte Johannes Paul II. mehrere Männer, darunter auch den Erzbischof von Australien, George Pell, zu Kardinälen ernennen. Im L’Osservatore Romano forderte der Papst alle diese Männer auf, Bischöfe der Seligpreisungen zu sein, wie es das Evangelium für die Armen im Geiste, die Barmherzigen und diejenigen reinen Herzens vorsieht. Am Welternährungstag
ermahnte er die Christen, sich für die Hungernden in der Welt einzusetzen. Nach der Messe zur Feier der Elevation der Kardinäle in ihren fürstlichen Rang drängten sich viele Menschen auf dem Pflaster gleich hinter den Kolonnaden des Petersplatzes. Ein neues Mercedesmodell mit Chauffeur und einem aristokratischen Kardinal in seiner roten Robe als Passagier raste von den Feierlichkeiten davon und hätte beinahe ein paar Gläubige über den Haufen gefahren. So stellte ich mir eine Seligpreisung nicht vor. Es gab Kirchenvertreter, deren Verhalten paradox
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