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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures
Autoren: Colette Livermore
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Leben in Melbourne verbracht.«
    Bettys Kleider waren gut geschnitten und modisch und entsprachen Schwester Reginas Beschreibungen unserer Garderobe nur ganz entfernt. Ich trug einen »schmutzig« grauen Rock bis übers Knie, dazu eine blaue Bluse. Ich wünschte, ich hätte mir ein wenig mehr Lässigkeit bei der Interpretation der Kleidervorschrift erlaubt.
    »Stellt eure Taschen hier auf den Tisch«, wies Schwester Regina uns an. Es war mir peinlich, dass sie unsere Habseligkeiten inspizierte.
    »Betty, es werden nur drei Kleidergarnituren benötigt. Diese hier kannst du deiner Mutter mitgeben, wenn sie dich besuchen kommt.« Betty verdrehte die Augen.
    »Das brauchst du nicht, Colette«, sagte Schwester Regina, als sie in meinen Kulturbeutel herumkramte. »Seife, ein Kamm, Zahnbürste und Zahnpaste sind alles, was nötig ist.«
    Da trafen Eileen und Sophia ein, unsere anderen beiden Gefährtinnen, und wir bekamen eine kurze Verschnaufpause. Sie waren älter und hatten schon etwas gearbeitet. Eileen kam aus Brisbane, während Sophia wie Betty aus Melbourne stammte.
    Schwester Regina wandte sich an uns alle: »Anfangs wird
es hart sein, aber von heute an möchte ich, dass ihr euch in Schweigen übt.«
    Betty und ich sahen uns an. Wir waren uns nicht sicher, was damit gemeint war, und es erschloss sich uns erst später, als ich meine Sachen ordentlich in das mir zustehende Fach einräumte. Betty lag auf dem Bett, aß einen Apfel und schwatzte mit mir. Da kam Schwester Regina unerwartet herein. »So ist das hier nicht üblich, Schwestern!«
    Betty sprang auf. Wir waren die »Schwestern«, an die sie sich wandte.
    »Schweigen bedeutet, dass ihr zwischen den Mahlzeiten nicht sprecht. Wir gehen auch nur während der Ruhezeiten in die Schlafräume und essen nur zu den Mahlzeiten. Ist das klar?«
    »Jawohl, Schwester«, erwiderten wir einsichtig.
    Wir mussten uns auch an die Glocke gewöhnen. Ein Glockenschlag ertönte für die Mahlzeiten oder für die abendliche Erholungszeit, fünf Schläge für das Gebet oder die Messe. Dann gab es noch ein kompliziertes Geläute für die Gebete des Angelus am Mittag und um sechs Uhr abends, und das De Profundis oder Totengebet um sieben Uhr abends. Der Glocke musste sofort Folge geleistet werden, auch wenn wir mitten in einer Arbeit waren. Die Schwester sagte uns, es sei wie der Ruf Gottes.
    Am späteren Vormittag machte Schwester Regina uns mit Schwester Christine bekannt, die uns während unseres Postulats beaufsichtigte und sich um uns kümmerte. Sie war gerade von ihrer Arbeit in der Obdachlosenunterkunft für Männer in der Gore Street 101 zurückgekehrt, die von den Missionarinnen der Nächstenliebe unterhalten wurde.
Sie war eine stille Frau aus Bihar im Norden Indiens und machte einen etwas ängstlichen Eindruck, nun die Verantwortung für derart aufmüpfige Mündel zu bekommen.
     
     
    Unsere Gemeinschaft in der George Street setzte sich aus fünf Novizinnen, Schwester Regina, uns vier Postulantinnen und Schwester Christine zusammen. Obwohl wir zusammenlebten, hatten wir unterschiedliche Speiseräume und Schlafsäle. Andere richtige Ordensmitglieder, die man als Professen bezeichnete, lebten in einem anderen Haus ein Stück weit die George Street hinunter. Sie hatten ihre ersten oder endgültigen Gelübde abgelegt und trugen einen Sari mit einer blauen Borte im Gegensatz zu den Novizinnen, die rein Weiß trugen. Die Professen unterhielten das Heim für obdachlose Männer, besuchten die Benachteiligten und gaben während der für religiöse Unterweisung freigehaltenen Zeit katholischen Schülern an den Staatsschulen Religionsunterricht. Außerdem verbrachten die Schwestern täglich drei Stunden im Gebet und kümmerten sich um die Reinigung ihrer Räumlichkeiten und das Kochen. Sie hatten am Donnerstag ihren freien Tag, der ihnen für zusätzliche Gebete, Ruhe und häusliche Aufgaben zur Verfügung stand.
    Während einer kurzen Zeremonie am ersten Abend überreichte Schwester Regina uns allen ein kleines Kreuz, das sie uns eigenhändig an unsere Blusen heftete. Wir sangen Hymnen, die unserer Hingabe an Gott Ausdruck verliehen, und Schwester Annette, eine der Novizinnen, las uns die Geschichte aus dem Lukas-Evangelium von dem reichen jungen Mann vor, der sich weigerte, all seinen Besitz
aufzugeben, um Christus nachzufolgen. Schwester Regina legte uns diese Geschichte aus und erläuterte, anders als der junge Aristokrat seien wir alle darauf vorbereitet, alles, was wir waren, und
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